Licht steu­ert Licht: Wie ein opti­scher Tran­si­stor funktioniert

Dr. Martti Pärs arbeitet am Lehrstuhl für Experimentalphysik IV der Universität Bayreuth.

Dr. Mart­ti Pärs arbei­tet am Lehr­stuhl für Expe­ri­men­tal­phy­sik IV der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Der Tran­si­stor ist eine der ein­fluss­reich­sten Erfin­dun­gen des 20. Jahr­hun­derts. In Fern­se­hern, Tele­fo­nen, Com­pu­tern und ande­ren Gerä­ten des All­tags hat er die Schlüs­sel­funk­ti­on, elek­tri­sche Signa­le durch elek­tri­sche Signa­le zu steu­ern. Je klei­ner dabei die Schalt­krei­se sind, mit denen die Signa­le über­tra­gen wer­den, desto schnel­ler ist die Ver­ar­bei­tung der Daten. An der Uni­ver­si­tät Bay­reuth hat ein For­schungs­team um Prof. Dr. Jür­gen Köh­ler, Dr. Mart­ti Pärs und Prof. Dr. Mukun­dan The­l­ak­kat jetzt die Ver­stär­ker­funk­ti­on eines opti­schen Tran­si­stors demon­striert. Die Poin­te: In die­sem Tran­si­stor ersetzt Licht den Strom. Licht­si­gna­le wer­den durch Licht­si­gna­le gesteuert.

In der neu­en Online-Aus­ga­be der Zeit­schrift „Ange­wand­te Che­mie Inter­na­tio­nal Edi­ti­on“ stel­len die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler ihre Ent­deckung vor. An den For­schungs­ar­bei­ten war ins­be­son­de­re Dr. Mart­ti Pärs, ein Bay­reu­ther Nach­wuchs­wis­sen­schaft­ler, betei­ligt. Die jetzt ver­öf­fent­lich­ten Ergeb­nis­se sind her­vor­ge­gan­gen aus der engen Zusam­men­ar­beit zwi­schen der Expe­ri­men­tal­phy­sik und der Makro­mo­le­kül­che­mie auf dem Bay­reu­ther Cam­pus. Sie legen Grund­la­gen für eine völ­lig neue Gene­ra­ti­on von Tran­si­sto­ren. Die DFG för­dert die For­schungs­ar­bei­ten auf die­sem Gebiet im Rah­men des Gra­du­ier­ten­kol­legs „Foto­phy­sik syn­the­ti­scher und bio­lo­gi­scher mul­ti­chro­mo­phorer Systeme“.

Zwei Mole­kü­le im Team: Ein licht­ge­steu­er­ter Schal­ter und ein leucht­star­ker Partner

Das in Bay­reuth ver­wen­de­te Bau­prin­zip eines opti­schen Tran­si­stors ist ein­fach. Zwei Mole­kü­le wer­den che­misch mit­ein­an­der ver­bun­den. Durch Licht­si­gna­le mit unter­schied­li­chen Wel­len­län­gen wird das eine der bei­den Mole­kü­le abwech­selnd in einen Zustand A oder B ver­setzt. Es reagiert dabei wie ein Schal­ter, der zwi­schen zwei gegen­sätz­li­chen Stel­lun­gen hin- und her­springt. Je nach­dem, ob sich die­ses licht­ge­steu­er­te Schal­ter-Mole­kül im Zustand A oder B befin­det, sen­det das mit ihm ver­bun­de­ne Mole­kül ein schwa­ches oder star­kes Licht­si­gnal aus: Licht steu­ert Licht. Dabei ent­steht ein erheb­li­cher Ver­stär­kungs­ef­fekt. Denn schon ein klei­nes Licht­si­gnal reicht aus, um das Schal­ter-Mole­kül in eine Stel­lung zu brin­gen, in der das Part­ner­mo­le­kül stark aufleuchtet.

Prin­zi­pi­el­le Vor­tei­le: Höch­ste Effi­zi­enz auf klein­stem Raum

Ein so funk­tio­nie­ren­der Tran­si­stor bie­tet erheb­li­che Vor­tei­le, wenn man ihn mit her­kömm­li­chen Tran­si­sto­ren ver­gleicht: Letz­te­re las­sen sich aus phy­si­ka­li­schen Grün­den nicht belie­big ver­klei­nern. Allen Bestre­bun­gen, mög­lichst klei­ne Schalt­krei­se für den Trans­port elek­tri­scher Signa­le zu ent­wickeln, ist eine natür­li­che Gren­ze gesetzt. Hin­ge­gen lässt sich eine Steue­rung von Licht­si­gna­len durch Licht­si­gna­le bereits auf mole­ku­la­rer Ebe­ne rea­li­sie­ren, wie die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler jetzt gezeigt haben. Opti­sche Tran­si­sto­ren kann es daher prin­zi­pi­ell bereits auf mole­ku­la­rer Län­gen­ska­la geben. Sie sind von Hau­se aus klei­ner und damit auch schnel­ler als elek­tri­sche Transistoren.

Ein wei­te­rer Vor­teil: Weil Licht­si­gna­le – im Gegen­satz zu elek­tri­schen Signa­len – sich nicht gegen­sei­tig stö­ren, kön­nen meh­re­re opti­sche „Mini-Tran­si­sto­ren“ zu einem grö­ße­ren und umso lei­stungs­fä­hi­ge­ren Tran­si­stor zusam­men­ge­setzt wer­den. Dann wer­den vie­le Daten auf klein­stem Raum par­al­lel ver­ar­bei­tet. Und schließ­lich ist jeder opti­sche Tran­si­stor, wie groß er auch sein mag, in einer Hin­sicht unschlag­bar: Alle Signa­le wer­den mit Licht­ge­schwin­dig­keit ver­ar­bei­tet – schnel­ler geht’s nicht.

Phy­si­ka­li­sche Details: Aus dem Innen­le­ben eines opti­schen Transistors

Bei dem in Bay­reuth ver­wen­de­ten Schal­ter-Mole­kül han­delt es sich um Dithie­nyl­cy­clo­pen­ten (DCP). Im Zen­trum die­ses sym­me­trisch auf­ge­bau­ten Mole­küls befin­det sich ein Koh­len­stoff­ring. Ist die­ser Ring geschlos­sen, öff­net er sich, sobald er von einem ultra­vio­let­ten Licht­strahl (280 – 310 nm) getrof­fen wird. Ist der Ring offen, schließt er sich, sobald er einem sicht­ba­ren far­bi­gen Licht­strahl (500 – 650 nm) aus­ge­setzt ist. Weil das DCP, abhän­gig von der Wel­len­län­ge des Licht­strahls, zwi­schen den bei­den Struk­tu­ren hin- und her­wech­selt, wird es in der For­schung als pho­to­chro­mes Mole­kül bezeichnet.

An gegen­über­lie­gen­den Sei­ten des DCP haben die Bay­reu­ther For­scher zwei orga­ni­sche Mole­kü­le ange­hängt, die der Grup­pe der Peryl­en­bi­si­mi­de (PBI) ange­hö­ren. PBI-Mole­kü­le sind dafür bekannt, dass sie stark auf­leuch­ten – genau­er gesagt: fluo­res­zie­ren – kön­nen. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein PBI-Mole­kül Licht­ener­gie absor­biert hat und die­se in vol­lem Umfang nach außen abgibt.

Ein PBI-Mole­kül, das wie ein Arm an ein DCP-Mole­kül ange­hängt ist, leuch­tet unter­schied­lich stark – je nach­dem, ob der Ring in die­sem Schal­ter-Mole­kül offen oder geschlos­sen ist. Ist er geschlos­sen, befin­det sich das DCP auf einem rela­tiv nied­ri­gen Ener­gie­ni­veau. Infol­ge­des­sen über­trägt das PBI den größ­ten Teil sei­ner absor­bier­ten Licht­ener­gie auf das DCP. Das DCP gibt die Licht­ener­gie ohne Fluo­res­zenz­ef­fek­te nach außen ab. Das PBI selbst leuch­tet in die­sem Fall nur schwach. Ist der Ring im DCP jedoch offen, ver­hält es sich umge­kehrt. Dann befin­det sich das DCP auf einem so hohen Ener­gie­ni­veau, dass das PBI kei­ne Licht­ener­gie an das DCP wei­ter­ge­ben kann. Statt­des­sen lei­tet es die absor­bier­te Licht­ener­gie unein­ge­schränkt nach außen wei­ter: Das PBI leuch­tet stark.

Wei­te­re Her­aus­for­de­run­gen für die Forschung

Mit die­sen For­schungs­er­geb­nis­sen zeich­net sich die Zukunfts­vi­si­on einer neu­ar­ti­gen Gene­ra­ti­on von Tran­si­sto­ren ab. Damit sie eines Tages ver­wirk­licht wer­den kann, sind aber wei­te­re For­schungs­ar­bei­ten erfor­der­lich. Bei­spiels­wei­se hat es den Anschein, als ob die fluo­res­zie­ren­den PBI-Mole­kü­le wäh­rend lan­ger Zeit­räu­me aus­blei­chen, so dass ihre Leucht­kraft schwä­cher wird. Die­sen Effekt gilt es genau­er zu unter­su­chen. Ein wei­te­rer Aspekt: In der bis­her ver­wen­de­ten Ver­suchs­an­ord­nung dau­ert es rela­tiv lan­ge, bis sich die Rin­ge bei einer gro­ßen Zahl von DCP-Mole­kü­len öff­nen und wie­der schlie­ßen. Folg­lich sind die Abstän­de zwi­schen den dadurch gesteu­er­ten Licht­si­gna­len noch ziem­lich groß. Das Bay­reu­ther For­schungs­team sucht des­halb nach einer Lösung, um die­se Zei­ten zu verkürzen.

Ver­öf­fent­li­chung:

Mart­ti Pärs, Chri­stia­ne C. Hof­mann, Kat­ja Wil­lin­ger, Peter Bauer,
Mukun­dan The­l­ak­kat, and Jür­gen Köhler,
An Orga­nic Opti­cal Tran­si­stor Ope­ra­ted under Ambi­ent Conditions,
in: Ange­wand­te Che­mie Inter­na­tio­nal Edi­ti­on 2011, 50,
Artic­le first published online: 5 Oct 2011
DOI-Book­mark: 10.1002/anie.201104193