Eröffnung der Kirchehrenbacher Kulturwochen – Vernissage mit Jürgen Weiß

Im Kirchehrenbacher Gasthaus Sponsel hängen seit kurzem Bilder des Nürnberger Malers Jürgen Weiß – eine von vielen „Kunst und Genuss“ – Ausstellungen, die zur Zeit im Landkreis Forchheim zu sehen sind. Auch wenn sie noch ungerahmt sind – die Werke fallen aus dem Rahmen aller Erwartungen des Betrachters. Keine Farbvisionen, sondern konstante Nüchternheit, keine ahnungsvoll verdämmernden Landschaften, sondern die eindeutigen Konturen von Großstadt – Architektur; kein virtuelles Spiel der Fantasie, sondern fotografisch genau wiedergegebene Realität. Weiß setzt die Nürnberger Stadtlandschaft und die sie prägenden Bauten monumental in Szene: nicht die Kathedralen der Innenstadt, sondern Fabriken, Lagerhäuser, Hochhäuser, Siloanlagen an den Rändern. Darüber traurige graue Himmel, keine Menschen auf der Erde. Weiß malt „The day after“. Eine Neutronenbombe hat alles Leben vernichtet, Gebäude und Straßen aber unbeschädigt hinterlassen.

Der Spaziergänger Jürgen Weiß legt lange Meditationswege durch die Nürnberger Stadtlandschaft zurück. Er nimmt Orte wahr, die jeder kennt, aber in der Hektik des Alltags laufend übersieht. Er liest die Spuren der Steine neu, sei es am Frankenschnellweg, sei es Ron- oder Gostenhof, sei es am Kanal, im Hafen, sei es ein Bauwagen oder eine Brücke. Weiß meidet die anspruchsvolle Selbstbezeichnung Künstler, er nennt sich schlicht „Maler“.

Handwerkliche Präzision ist auch sein Markenkern. Doch dahinter lauert eine Tiefenschicht. Sein Werdegang ist für das Nürnberger Umfeld fast normal. Er besuchte die Ausbildungsrichtung Gestaltung der Lothar–von–Faber- Fachoberschule und studierte anschließend an der Akademie der Bildenden Künste. Bei den Professoren Grützke und Fleck ging er seit 1997 in die Lehre und entwickelte sich zu deren Meisterschüler.

Weiß stammt aus der westlichen Ecke der Oberpfalz, aus Neumarkt, wo auch die barocke Spätgeburt Lizzy Aumeier zu Hause war. Die Epoche des Barock und der Frührenaissance sind auch die Kunstlandschaften, die ihn am meisten faszinieren, aber keineswegs stilistische Anreize und Vorbilder liefern. Sein Schaffen orientiert sich am Realismus der neunzehnten Jahrhundertmitte. Auch repräsentative DDR – Maler wie Wilhelm Tübke findet er auf Grund ihrer artistischen Präzision beachtlich. Kreativität heißt Arbeit und Kunst ist Fleiß – gegen diese entzaubernde Gleichungen erhebt Jürgen Weiß im Gespräch kaum Einwände.

Mit der Ausstellung wurden die diesjährigen „Kirchehrenbacher Kulturwochen“ eröffnet. Ihre erste literarische Veranstaltung findet am kommenden Freitag, 14. Oktober um 20 Uhr im Gasthaus Sponsel statt: Fränkisches Dialektkabarett mit dem Sprachvirtuosen Alexander Göttlicher aus Spies in der Frankenalb.