Pres­se­be­richt zur Ver­an­stal­tung „Bewusst sai­so­nal-regio­nal und gen­tech­nik­frei leben“ im Rah­men des „Tag der Regionen“

Am 26.09.11 ver­an­stal­te­te der Bund Natur­schutz in Bay­ern e.V., Orts­grup­pe Neun­kir­chen a.Br. u.U. (BN), und der Baye­ri­sche Bau­ern­ver­band, Orts­ver­band Ebers­bach (BBV), anläss­lich des bun­des­wei­ten „Tag der Regio­nen“ einen The­men­abend unter dem Mot­to „Bewusst sai­so­nal-regio­nal und gen­tech­nik­frei leben“, Lebens­qua­li­tät statt Bil­lig­pro­dukt und Bil­lig­lohn. Zusam­men­ge­fasst wur­den vom Vor­sit­zen­des der BN-Orts­grup­pe Neun­kir­chen, Bern­hard Birn­feld auch die Nach­tei­le der land­wirt­schaft­li­chen Glo­ba­li­sie­rung, vom Ver­knap­pen der Was­ser­vor­rä­te in süd­län­di­schen Erzeu­ger­län­dern bis hin zur Schä­di­gung wenn nicht gar Ver­nich­tung ihrer Agrar­struk­tu­ren bis hin zum Boat-Peo­p­le-Desa­ster im Mit­tel­meer. In einem zwei­ten Abschnitt, einer Podi­ums­dis­kus­si­on mit Gele­gen­heit für Fra­gen und Anre­gun­gen aus dem Publi­kum, wur­den Ideen für Wege zu mehr Lebens­qua­li­tät bei gleich­zei­ti­ger Wert­schöp­fung vor Ort behandelt.

Die mit ca. 50 Per­so­nen recht gut besuch­te Ver­an­stal­tung in der Aula der Neun­kirch­ner Mit­tel­schu­le stieß auf reges Inter­es­se bei den Anwe­sen­den. Neben Bür­ger­mei­stern aus Neun­kir­chen, Effel­trich, Lan­gen­ssen­del­bach und Pox­dorf ver­folg­ten auch kirch­li­che Amts­trä­ger und Ver­tre­ter der ört­li­chen Schu­len das Gesche­hen. Zu Beginn unter­strich Haus­herr und 3. Bür­ger­mei­ster des Mark­tes, Mar­tin Mehl, die Wich­tig­keit, im Rah­men des „Tag der Regio­nen“ auch im Neun­kirch­ner Raum die Fra­ge zu mehr Regio­na­li­tät zu stel­len und Lösungs­vi­sio­nen aufzuzeigen.

Von den ein­ge­la­de­nen Refe­ren­ten sprach zunächst Michae­la Rie­gel-Engel­hardt für den BBV über die Vor­zü­ge der Direkt­ver­mark­tung bäu­er­li­cher Erzeug­nis­se. Die­se inzwi­schen wie­der­be­leb­te Form des Kon­takts zwi­schen End­ver­brau­cher und Erzeu­ger bie­tet bei­den Part­nern eine Fül­le an Vor­zü­gen, wie höhe­re Qua­li­tät anhand fri­sche­rer, hoch­wer­ti­ge­rer Pro­duk­te, das Wis­sen, woher die Erzeug­nis­se sai­so­nal in wel­chem Zeit­fen­ster stam­men, Akzep­tanz für bes­se­re Prei­se und somit Exi­stenz­si­che­rung der Land­wir­te und dar­aus gün­sti­ge Ware für den Ver­brau­cher. Dar­ge­stellt wur­de, wie sich in unse­rer Regi­on ein Ein­kauf auf dem Bau­ern­hof gut mit einem Wochen­end­aus­flug in die Frän­ki­sche ver­bin­den lässt – natür­lich nur, solan­ge die Erzeu­ger noch die Mög­lich­keit sehen, die­ses mit nicht uner­heb­li­chen Zeit­auf­wand ver­bun­de­ne Modell zu betrei­ben. Der direk­te Kon­takt för­dert dar­über hin­aus wie­der das beim Ver­brau­cher viel­fach ver­lo­ren gegan­ge­ne Gefühl für Jah­res­zei­ten und Anbau­zy­klen, die Vor­aus­set­zun­gen für Wachs­tum und die Zeit, die die­ses Wachs­tum benö­tigt. Vor­ge­stellt wur­de in die­sem Zusam­men­hang auch die „Genuss­re­gi­on Ober­fran­ken“, die sich die Ver­mark­tung regio­na­ler Pro­duk­te zum Ziel gesetzt hat.

Rai­ner Lich­ter (BN-Arbeits­kreis Gen­tech­nik­frei­heit) stell­te anschlie­ßend auf kom­pri­mier­te, infor­ma­ti­ve Wei­se das kom­ple­xe The­ma der Agro-Gen­tech­nik vor. Von den Aus­wir­kun­gen des Anbaus gen­tech­nisch ver­än­der­ten Pflan­zen auf die Umwelt (nur kurz­fri­sti­ge Stei­ge­rung der Erträ­ge, danach Ver­gif­tung und Ver­ar­mung der Böden mit nach­fol­gen­der Abhän­gig­keit der Bau­ern von Saat­gut-Her­bi­zid-Her­stel­lern, zer­stö­re­ri­sche Aus­wir­kun­gen auf Insek­ten­po­pu­la­tio­nen mit Zusam­men­bruch von Nah­rungs­ket­ten für nach­ge­schal­te­te Arten), der real nicht ein­zu­däm­men­den Aus­brei­tung in Natur und Nah­rung, über die beson­de­re Gif­tig­keit von Her­bi­zi­den, wie Round­up – wozu der­zeit ein gene­rel­les Ver­bot erwo­gen wird –, und die nicht wie­der rück­gän­gig zu machen­den Ein­grif­fe ins Erb­gut bis hin zur Bio-Pira­te­rie mit­tels Paten­tie­rung von Leben spann­te Rai­ner Lich­ter einen umfas­sen­den Bogen der Gefah­ren der Agro-Gentechnik.

Als letz­te Refe­ren­tin stell­te Mari­on Rup­pa­ner (BN Lan­des­re­fe­rat Land­wirt­schaft und Ernäh­rung) die gegen­wär­ti­ge Agrar­po­li­tik aus Sicht des BN dar. Ein­dring­lich beschrieb sie das Höfe­ster­ben in Bay­ern (von über 200.000 Höfen noch vor 20 Jah­ren auf der­zeit ca. 110.000), die Aus­wir­kun­gen der EU-Agrar­po­li­tik für die Bau­ern, wie immense Ver­schul­dung, Abhän­gig­keit von Welt­markt­prei­sen, kaum Mög­lich­kei­ten der Eigen­ver­mark­tung und die mit die­ser Poli­tik ein­her­ge­hen­de Ver­än­de­rung der Kul­tur­land­schaft. Sie sprach zudem über die Mas­sen­tier­hal­tung und ihre Skan­da­le, stell­te aber dann auch zukunfts­wei­sen­de Initia­ti­ven wie das „Agrar­bünd­nis Bay­ern“, gestützt durch eine Viel­zahl – auch kirch­li­cher – Ver­bän­de vor, das sich für eine Neu­aus­rich­tung der EU-Agrar­po­li­tik und sozia­le Gerech­tig­keit bei gleich­zei­ti­ger öko­lo­gi­scher und umwelt­scho­nen­der Pro­duk­ti­on einsetzt.

In der anschlie­ßen­den Podi­ums­dis­kus­si­on mit reger Publi­kums­be­tei­li­gung zeig­te Johan­nes Zöll­ner (BBV Ebers­bach) auf, wie wenig Zeit und Spiel­raum die EU-Agrar­po­li­tik den Bau­ern in unse­rer heu­ti­gen Zeit lässt und dass sich der ein­zel­ne Bau­er als klei­ner Unter­neh­mer letzt­lich nicht auch noch um den Ver­trieb sei­ner Ware küm­mern kann. Er begrüß­te zwar die Vor­stö­ße des „Agrar­bünd­nis­ses Bay­ern“, beton­te jedoch gleich­zei­tig die hohen Hür­den, vor denen vie­le Bau­ern ste­hen, die die­se ange­streb­ten Zie­le für sich umzu­set­zen möch­ten. Auch aus Wort­mel­dun­gen aus dem Publi­kum wur­de deut­lich, mit wel­chen Schwie­rig­kei­ten gera­de klei­ne­re Höfe, in denen heu­te der Herr zum Knecht gewor­den ist, kämp­fen müs­sen. Den­noch unter­stri­chen Mari­on Rup­pa­ner und Michae­la Rie­gel-Engel­hardt den Weg eines Umsteu­erns hin zu einer über Qua­li­tät von Lebens­mit­teln defi­nier­ten Regio­na­li­sie­rung und weg von der Gleich­schal­tung der Pro­duk­te auf Euro-Stan­dards zu Bil­ligst­prei­sen als Not­wen­dig­keit. Neben einer Lösung in der Stei­ge­rung der Direkt­ver­mark­tungs-Antei­le reg­te eine Publi­kums­teil­neh­me­rin auch an, über ein Bring-Modell mit­tels gemein­sa­mem Erzeu­ger-Stra­ßen­lie­fer­wa­gen nach­zu­den­ken. Auch der Ver­lust an Koch­kennt­nis­sen bei der her­an­wach­sen­den Gene­ra­ti­on sowie die Vor­tei­le des Zube­rei­tens gesun­der Nah­rung wur­den the­ma­ti­siert bis hin zum Vor­schlag eines ent­spre­chen­den Pra­xis­jahr, wobei betont wur­de, dass Schu­len durch­aus immer noch ver­such­ten, Kin­der mit ein­fa­chen Gerich­ten ans eige­ne Zube­rei­ten von Nah­rung her­an­zu­füh­ren. Abge­run­det wur­den die Bei­trä­ge aus dem Publi­kum durch die Berich­te einer Ärz­tin, die auf die teil­wei­se erschrecken­den gesund­heit­li­chen Aus­wir­kun­gen von Bil­li­g­nah­rung bereits schon auf jün­ge­re Per­so­nen hin­wies, wie sie sie im Pra­xis­all­tag erle­ben muss.

Als Fazit war sich ein gro­ßer Teil der Teil­neh­mer einig, dass Lösun­gen zu mehr Qua­li­tät unter Ein­satz mehr regio­na­ler Pro­duk­te über­fäl­lig sind und befür­wor­te­ten Schrit­te in die­ser Rich­tung auch im Gebiet in und um Neunkirchen.