Die Mischung machts: Wie sich die Effi­zi­enz der Strom­ge­win­nung aus Erd­wär­me stei­gern lässt

An der Uni­ver­si­tät Bay­reuth arbei­tet ein Team um Prof. Dr.-Ing. Die­ter Brüg­ge­mann an einer Wei­ter­ent­wick­lung des Orga­nic Ran­ki­ne Cycle. Die­ses Ver­fah­ren spielt eine zen­tra­le Rol­le bei der Gewin­nung von Strom aus Wär­me. In der Zeit­schrift „Rene­wa­ble Ener­gy“ stel­len die Bay­reu­ther For­scher neue Erkennt­nis­se zu orga­ni­schen Arbeits­me­di­en vor, mit denen sich der Wir­kungs­grad geo­ther­mi­scher Kraft­wer­ke deut­lich erhö­hen lässt.

Zu den erneu­er­ba­ren Ener­gie­quel­len, die einen stei­gen­den Anteil an der Ener­gie­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung haben, zählt auch die in der Erd­kru­ste gespei­cher­te Wär­me. Welt­weit sind heu­te geo­ther­mi­sche Kraft­wer­ke in Betrieb, um die in Warm­was­ser und Heiß­dampf gespei­cher­te Erd­wär­me in elek­tri­schen Strom zu wan­deln. Deutsch­land ist dabei inso­fern benach­tei­ligt, als hier die Tem­pe­ra­tu­ren von unter­ir­disch gespei­cher­tem Ther­mal­was­ser zwi­schen 80 °C und 180 °C lie­gen und damit im welt­wei­ten Ver­gleich nied­rig sind. Um die­se Wär­me den­noch auf effi­zi­en­te Wei­se für die Strom­erzeu­gung zu nut­zen, ist ein beson­de­res Ver­fah­ren – der Orga­nic Ran­ki­ne Cycle (ORC) – erfor­der­lich. Dabei kom­men inner­halb des Dampf­kraft­pro­zes­ses statt Was­ser orga­ni­sche Flui­de zum Ein­satz, die bereits bei nied­ri­gen Tem­pe­ra­tu­ren ver­damp­fen. In der For­schung wer­den die­se Flui­de auch als Arbeits­me­di­en bezeichnet.

An der Uni­ver­si­tät Bay­reuth befas­sen sich der Lehr­stuhl für Tech­ni­sche Ther­mo­dy­na­mik und Trans­port­pro­zes­se (LTTT) und das Zen­trum für Ener­gie­tech­nik (ZET) unter der Lei­tung von Prof. Dr.-Ing. Die­ter Brüg­ge­mann mit einer inno­va­ti­ven Wei­ter­ent­wick­lung des ORC-Ver­fah­rens. Ein zen­tra­ler Aspekt sind dabei die Arbeits­me­di­en, die anstel­le des Was­ser­dampfs für die geo­ther­mi­sche Strom­erzeu­gung ein­ge­setzt wer­den. In soge­nann­ten binä­ren Kraft­wer­ken wird das Flu­id ver­dich­tet, mit der geo­ther­mi­schen Wär­me­quel­le gekop­pelt und ver­dampft. Der Dampf wird auf die Tur­bi­nen­schau­feln gelei­tet und dient so der Strom­erzeu­gung. Gera­de wenn das zur Ver­fü­gung ste­hen­de Ther­mal­was­ser eine ver­gleichs­wei­se gerin­ge Tem­pe­ra­tur hat, kann eine geziel­te Aus­wahl des im ORC-Ver­fah­ren ein­ge­setz­ten Fluids dazu füh­ren, dass die Effi­zi­enz der Strom­ge­win­nung deut­lich steigt.

In der Zeit­schrift „Rene­wa­ble Ener­gy“ stellt das For­schungs­team um Pro­fes­sor Brüg­ge­mann Unter­su­chungs­er­geb­nis­se vor, die mit einem bestimm­ten Typ von Flui­den erzielt wur­den: näm­lich mit zeo­tro­pen Gemi­schen, deren Ein­zel­kom­po­nen­ten unter­schied­li­che Sie­de­punk­te haben. Wenn die­se Gemi­sche vom flüs­si­gen in den gas­för­mi­gen Zustand über­ge­hen, ist damit – anders als bei Rein­stof­fen – eine Tem­pe­ra­tur­er­hö­hung ver­bun­den. Infol­ge­des­sen kön­nen die Tem­pe­ra­tur­ver­läu­fe im Kon­den­sa­tor und im Ver­damp­fer, zwei zen­tra­len Bestand­tei­len geo­ther­mi­scher Kraft­wer­ke, bes­ser auf­ein­an­der abge­stimmt wer­den. Auf die­se Wei­se lässt sich der Wir­kungs­grad geo­ther­mi­scher Kraft­wer­ke deut­lich stei­gern, wie die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler durch umfang­rei­che Simu­la­tio­nen nach­ge­wie­sen haben.

Für die ther­mo­dy­na­mi­schen Ana­ly­sen wur­de vor allem ein Gemisch aus zwei Koh­len­was­ser­stof­fen ver­wen­det, näm­lich aus Iso­bu­tan und Isopen­tan. Bis­her war es üblich, Isopen­tan in Rein­form für das ORC-Ver­fah­ren ein­zu­set­zen. Doch wie die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler zei­gen konn­ten, ist es bei Ther­mal­was­ser­tem­pe­ra­tu­ren zwi­schen 80 °C und 120 °C mög­lich, den Wir­kungs­grad durch Bei­ga­be von Iso­bu­tan um bis zu 18 Pro­zent zu stei­gern. Expe­ri­men­tel­le Unter­su­chun­gen zu den Wär­me­über­tra­gungs­ei­gen­schaf­ten, bei denen Mischun­gen aus den Käl­te­mit­teln R227ea und R245fa ver­wen­det wur­den, erwie­sen sich eben­falls als äußerst vielversprechend.

„Ange­sichts der Tat­sa­che, dass eine effi­zi­en­te Erd­wär­me-Nut­zung für die Ener­gie­ver­sor­gung immer wich­ti­ger wird, wol­len wir in Bay­reuth unse­re For­schun­gen zum Orga­nic Ran­ki­ne Cycle wei­ter ver­tie­fen“, erklärt Dipl.-Ing. Flo­ri­an Heber­le, Erst­au­tor der neu­en Publi­ka­ti­on in „Rene­wa­ble Ener­gy“. „Wie es aus­sieht, ermög­li­chen Fluid­ge­mi­sche nicht nur beson­ders hohe Wir­kungs­gra­de. Sie bie­ten noch einen wei­te­ren Vor­teil: Indem wir die Antei­le der in den Gemi­schen ent­hal­te­nen Kom­po­nen­ten – wie z.B. Iso­bu­tan und Isopen­tan – vari­ie­ren, erhal­ten wir eine grö­ße­re Fle­xi­bi­li­tät. Dies erhöht die Chan­ce, die Strom­erzeu­gung aus Erd­wär­me den jewei­li­gen geo­lo­gi­schen und tech­no­lo­gi­schen Rand­be­din­gun­gen bes­ser anzupassen.“

For­schungs­ge­schicht­li­cher Hinweis:

Der Orga­nic Ran­ki­ne Cycle ist nach dem schot­ti­schen Phy­si­ker und Inge­nieur Wil­liam John Mac­quorn Ran­ki­ne (1820 – 1872) benannt. Ran­ki­ne zählt zu den Begrün­dern der Ther­mo­dy­na­mik und hat wesent­li­che Bei­trä­ge zur Wär­me­theo­rie und zur Funk­ti­ons­wei­se der Dampf­ma­schi­ne geliefert.

Ver­öf­fent­li­chung:

Flo­ri­an Heber­le, Mar­kus Preiß­in­ger, Die­ter Brüggemann,
Zeo­tro­pic mix­tures as working fluids in Orga­nic Ran­ki­ne Cycles for low-enthal­py geo­ther­mal resources,
in: Rene­wa­ble Ener­gy 37 (2012), pp. 364 – 370,
Available online 20 July 2011,
DOI-Book­mark: 10.1016/j.renene.2011.06.044