Offe­ner Brief: Für ein bar­rie­re­frei­es Rat­haus in Forchheim!

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Sehr geehr­ter Herr Oberbürgermeister,

mit Ent­set­zen nah­men wir – die Mit­glie­der des Freun­des­krei­ses für ein Bar­rie­re­frei­es Forch­heim – den Arti­kel in den Nord­baye­ri­schen Nach­rich­ten vom 12.08.2011 „Im Rat­haus wer­den Bar­rie­ren abge­baut“ zur Kennt­nis. Wie dar­in zu erfah­ren ist, haben die Stadt­rä­te in der nicht-öffent­li­chen Sit­zung vom 4.08.2011 beschlos­sen, einen Trep­pen­stei­ger vom Typ Sca­la­mo­bil zu kau­fen, um die Bar­rie­re­frei­heit für den Rat­haus­saal sicher zu stellen.

Kön­nen mit dem Sca­la­mo­bil Bar­rie­ren abge­baut werden?

Wir sind der Mei­nung: „NEIN“, denn nach unse­ren Ein­druck bringt gera­de die Anschaf­fung die­ses Sca­la­mo­bils neue Bar­rie­ren mit sich. Und es spal­tet die Behinderten

in gute Behin­der­te, die weni­gen Mit­be­woh­ner und Tou­ri­sten, die die­ses Sca­la­mo­bil nut­zen kön­nen und

in schlech­te Behin­der­te, die über­aus gro­ße Anzahl an kör­per­lich ein­ge­schränk­ten Mit­be­woh­ner, die nicht in der Lage sind, die­ses Sca­la­mo­bil nut­zen zu können.

Gera­de im Hin­blick auf die demo­gra­fi­sche Ent­wick­lung einer immer älter wer­den­den Gesell­schaft wird die Not­wen­dig einer umfas­sen­den Lösung für die Zugäng­lich­keit des Rat­hau­ses immer dring­li­cher; denn auch die Men­schen im Alter wün­schen sich auch bei zuneh­men­den kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen eine Teil­nah­me am kul­tu­rel­len Leben in der Stadt Forchheim.

Somit wird auch wei­ter­hin eine sehr gro­ße Anzahl der Forch­hei­mer Bevöl­ke­rung vom Besuch der Stadt­rats- und Aus­schuss­sit­zun­gen und den kul­tu­rel­len Ange­bo­ten, die in den Räu­men des Rat­hau­ses statt­fin­den, ausgeschlossen.

Kann die­ses im Sin­ne der Ver­ant­wort­li­chen der Stadt Forch­heim sein?

Bereits seit dem ersten Auf­flackern des Gedan­kens der Anschaf­fung eines Sca­la­mo­bils im Früh­jahr letz­ten Jah­res und der öffent­li­chen Dis­kus­si­on in der Sit­zung des Haupt‑, Kul­tur- und Per­so­nal­aus­schus­ses im Janu­ar die­ses Jah­res wur­den von sei­tens der Mit­glie­der des Freun­des­krei­ses Beden­ken geäu­ßert und auch publi­ziert. Des­halb kön­nen wir auch nicht nach­voll­zie­hen, war­um nun die OBA auch die Anschaf­fung eines elek­tri­schen Trep­pen­stei­ger­stuhls befürwortet.

Umso mehr sind wir geschockt, dass unse­ren Ein­wän­den kein Gehör ver­lie­hen wurde.

Zahl­rei­che Geset­zes­wer­ke, die sich mit der gleich­be­rech­tig­ten Teil­ha­be am gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Leben für behin­der­te Men­schen befas­sen sind bereits seit Jah­ren Bestand der bay­ri­schen Behin­der­ten­po­li­tik und nicht erst seit Inkraft­tre­ten der UN-Behindertenrechtskonvention.
Erwäh­nen möch­ten wir an die­ser Stel­le das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz oder das Behin­der­ten­gleich­stel­lungs­ge­setz, wel­ches zum Ziel hat, die Gleich­be­rech­ti­gung behin­der­ter Men­schen in allen Berei­chen des öffent­li­chen und pri­va­ten Lebens durch­zu­set­zen und zu sichern.

Wir, die wirk­lich Betrof­fe­nen, bit­ten Sie innigst, den „Ali­bi – Trep­pen­stei­ger“ nicht zu kau­fen, und for­dern Sie aber gleich­wohl auf, zeit­nah eine Lösung für den bar­rie­re­frei­en Zugang ins Rat­haus für alle Bür­ger zu schaffen.

Bar­rie­re­frei­heit beinhal­tet eben­falls für uns auch eine für Behin­der­te Men­schen benutz­ba­re Toi­let­te und wei­te­re Maß­nah­men wie z.B. das induk­ti­ve Hören für unse­re hör­ge­schä­dig­ten Mitbewohner.

Gera­de weil in Bay­ern seit jeher die Behin­der­ten­po­li­tik einen hohen Stel­len­wert hat, soll­te es auch für die Stadt Forch­heim selbst­ver­ständ­lich sein, eine all umfas­sen­de Lösung für die Bar­rie­re­frei­heit des Rat­hau­ses zeit­nah zu schaffen.

Wir war­ten auf Ant­wor­ten und ste­hen ger­ne jeder­zeit zum Dia­log zur Verfügung.

Mit freund­li­chen Grüßen

Ire­ne Böhm
Moni­ka und Lud­ger Reintges
Ilo­na und Rudolph Riese
Chri­sti­an Walz
Rudi Fleig
Nor­bert Seiler
Stell­ver­tre­tend für die Mit­glie­der des Freundeskreises