Sonn­tags­ge­dan­ken zum Tri­ni­ta­tis­fest am 19. Juni

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Der japa­ni­sche Dich­ter Yukio Mishi­ma erzählt in sei­nem Roman „Der Tem­pel­brand“ eine selt­sa­me Geschich­te: Ein jun­ger Mönch, von Kind­heit an in der Tem­pel­schu­le erzo­gen, unter­rich­tet in aller Weis­heit des Zen-Bud­dhis­mus, läßt sich zu der Wahn­sinns­tat hin­rei­ßen und zün­det die wegen ihrer Schön­heit, ihrer Hei­lig­keit all­ge­mein ver­ehr­te Tem­pel­hal­le an. Der hei­li­ge Ort, die Gegen­wart der Gott­heit erre­gen ein Bün­del nega­ti­ver Gefüh­le in ihm: Min­der­wer­tig­keit, Neid und schließ­lich gren­zen­lo­sen Hass. Selbst Mar­tin Luther konn­te sagen, dass er als jun­ger Mönch den zor­ni­gen Gott des Alten Testa­men­tes hass­te, vor dem er sich stets schul­dig fühlte.

Viel­leicht ver­las­sen des­halb heu­te vie­le die Gemein­de, weil sie sich selbst ihr eige­nes Ver­sa­gen nicht ein­ge­ste­hen wol­len, weil sie die eige­ne Frei­heit zum Göt­zen erho­ben haben.

Nun gibt es frei­lich im Alten Testa­ment ein Gegen­stück zu dem erwähn­ten japa­ni­schen roman: Der jun­ge Jesa­ja fühl­te sich wäh­rend eines Got­tes­dien­stes im Tem­pel zu Jeru­sa­lem von Gott zum Pro­pheh­ten beru­fen, ein auf­wüh­len­des, sein gan­zes oft bedroh­tes leben tra­gen­des Ereig­nis. Über die­sen Text pre­di­gen die Pfar­rer manch­mal am Drei­ei­nig­keits­sonn­tag. Die Leh­re von der Dreieinigkeit(Dreifaltigkeit/Trinität) Got­tes über­for­dert vie­le Men­schen, erschwert auch den Dia­log der Religionen.

Es geht aber um fol­gen­des: Gott, der Herr von Raum und zeit, begeg­ne­te den Men­schen im Jesus Chri­stus, aber eben nicht als ein jede Klei­nig­keit bestra­fen­der Him­mels­ty­rann, son­dern als der Gott, der eben auch den Kran­ken, den Schul­di­gen liebt, als der Gott, der unse­ren Tod über­win­den wird wie er den Tod Jesu überwand.

Wo heu­te ein Mensch zum Glau­ben ans Evan­ge­li­um kommt, wo Lie­be über den Hass, Soli­da­ri­tät über Gleich­gül­tig­keit, Höf­lich­keit über Roh­heit sie­gen, da wirkt der Hei­li­ge Geist. Aus eige­ner Kraft kom­men wir nicht weit. Das lehrt die per­sön­li­che Erfah­rung, aber auch die gan­ze Mensch­heits­ge­schich­te, die reich ist an unge­heue­ren Ver­bre­chen. Man­cher behaup­tet zwar: „Wenn es Gott gäbe, müss­te es auf der Welt anders zuge­hen!“ Gott aber lässt jedem von uns sei­ne per­sön­li­che Frei­heit, auf die wir doch so stolz sind. Der Hei­li­ge Geist, ver­sinn­bild­licht in einer zar­ten Tau­be, drängt sich nie­man­dem auf, lässt sich aber anlocken, wenn wir uns betend und sin­gend ihm öff­nen. Das ist die rech­te Wei­se, sich Gott zu nähern: nicht mit nüch­ter­nen Spe­ku­la­tio­nen, son­dern im Lob­preis sei­ner Liebe.

Wol­len wir uns aber über­haupt von die­sem Geist ver­wan­deln las­sen oder wol­len wir ver­bis­sen fest­hal­ten an unse­ren Wün­schen, an unse­ren nega­ti­ven Gefüh­len? Der gekreu­zig­te Jesus spür­te in sei­ner letz­ten, schreck­li­chen Stun­de die Nähe Got­tes nicht mehr, starb aber im Ver­trau­en auf Gott. Dem anfangs erwähn­ten Japa­ner, der von Chri­stus, von der unbe­ding­ten Lie­be Got­tes nichts wuss­te, starb, als sei­ne irr­sin­ni­gen poli­ti­schen Plä­ne schei­ter­ten, von eige­ner Hand. Armer Yukio!

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de