MdB Anette Kramme: Bürgerarbeit floppt – Auch in Oberfranken noch Nachholbedarf

Seit dem Start des schwarz-gelben Modellprojekts Bürgerarbeit am 15. Juli 2010 wurden bundesweit gerade einmal 7.583 von rund 34.000 möglichen Bürgerarbeitsplätzen bewilligt. Das erfuhr die arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Anette Kramme aus dem Bundesarbeitsministerium. „Eine äußerst magere Bilanz“, meint Kramme. „Nach Langzeitarbeitslosen, die tatsächlich Bürgerarbeit verrichten, muss man mit der Lupe suchen.“

Auch in Bayern ist von den 1900 möglichen Bürgerarbeitsplätzen noch nicht einmal ein Drittel (567 Stellen) bewilligt. In Oberfranken beteiligen sich derzeit die Jobcenter Bamberg, Hof-Stadt, Wunsiedel/Tirschenreuth-Nord sowie Landkreis Kronach am Modellprojekt Bürgerarbeit. Von den 170 möglichen Stellen wurden hier nach Auskunft der Bundesregierung bislang 80 bewilligt. „Damit steht man vor Ort im bundesweiten Vergleich gut da“, so Kramme.

„Bewilligt heißt aber nicht, dass die Stellen tatsächlich besetzt sind“, gibt die SPD-Politikerin zu bedenken. Bundesweit befinden sich lediglich 3.039 Menschen (Stand April 2011) in der sogenannten Beschäftigungsphase, üben also tatsächlich eine Arbeit aus. In Oberfranken haben bislang 39 Personen einen Bürgerarbeitsplatz. Noch bis Ende Oktober 2011 können die Jobcenter Anträge für das Modellprojekt stellen. „Schon jetzt ist klar, dass Ursula von der Leyen ihr Ziel verfehlen wird, 34.000 Bürgerarbeitsplätze zu besetzen“, ist sich MdB Kramme sicher.

Einen Grund für die enttäuschende Bilanz der Bürgerarbeit sieht die die SPD-Arbeitsmarktexpertin im bürokratischen Genehmigungs-verfahren. „Aus Gesprächen weiß ich, wie schwierig es ist, dass nicht die Akteure vor Ort im lokalen Konsens über Bürgerarbeitsplätze entscheiden, sondern das Bundes-verwaltungsamt zentral mit dieser Aufgabe betraut ist“, so MdB Kramme.

„Bürgerarbeit löst das Recht auf dauerhafte Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen nicht ein. Wir brauchen einen echten Sozialen Arbeitsmarkt, statt immer neuer Modellprojekte. Ich fordere die Bundesregierung auf, die Arbeitsmarktpolitischen Instrumente hier positiv in Richtung sozialen Arbeitsmarkt weiterzuentwickeln und zu stärken. Hierzu bedarf es aller lokalen Kräfte, denn die Bundesarbeitsministerin plant zur Zeit das Gegenteil: Durch Mittelkürzungen und Verschärfungen der Vorschriften schafft sie die Möglichkeiten dauerhafter Perspektiven de Facto ab. Das ist Murx“, so Kramme.

Hintergrund „Bürgerarbeit“:

Begleitet von Betreuern sollen langzeitarbeitslose Menschen über gemeinnützige Tätigkeiten wieder in reguläre Arbeit zurückfinden. Zuerst müssen Jobcenter und Arbeitslose in einer sechsmonatigen «Aktivierungsphase» versuchen, dem Hartz-IV-Empfänger eine Stelle zu vermitteln. Wer nach 6 Monaten keine Arbeit gefunden hat, erhält einen «Bürgerarbeitsplatz». Dabei handelt es sich um eine auf drei Jahre befristete, sozialversicherungspflichtige Stelle. Der Lohn soll für 30 Wochenstunden 900 Euro brutto monatlich betragen. Die Hartz-IV-Empfänger in Bürgerarbeit sollen gemeinnützige Arbeiten verrichten. Reguläre Stellen dürfen dadurch nicht ersetzt werden. In dieser «Beschäftigungsphase» sollen die Teilnehmer intensiv betreut werden.