Sonn­tags­ge­dan­ken: Nur ein betäub­ter Zuschauer?

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Als Bischof Wil­helm Stäh­lin zum ersten Mal das „Wort zum Sonn­tag“ sprach, frag­te er den Pro­duk­ti­ons­lei­ter, wie er denn die Men­schen vor dem Bild­schirm anspre­chen soll­te. Der Mann erwi­der­te: „Sagen Sie ein­fach: Lie­be Zuschau­er!“ Das gefiel Stäh­lin gar nicht, denn er woll­te ech­te Zuhö­rer, nicht blo­ße Zuschau­er haben, woll­te die Men­schen her­aus hoh­len aus ihrer beque­men, aber pas­si­ven Konsumentenhaltung.

Ob es ihm gelang, weiß ich nicht, ich bin da eher skep­tisch. Der eng­li­sche Dich­ter und Phi­lo­soph C. S. Lewis lässt in sei­nen „Teu­fels­brie­fen“ einen Ober­sa­tan sei­nen Unter­teu­feln auf­tra­gen, sie soll­ten die Welt so mit Lärm anfül­len, dass die Men­schen die lei­sen Töne Got­tes über­hö­ren. Viel­leicht will der „moder­ne“ Mensch auch gar nicht mehr über sich und ande­re nach­den­ken und sich mit einem mul­ti­me­dia­len Dau­er­rausch aus der angeb­lich so drücken­den Rea­li­tät in eine vir­tu­el­le Traum­welt ver­ab­schie­den. Da stö­ren Gott und sein Gebot nur. Wir sind ja so stolz auf unse­re Frei­heit! Doch ein schot­ti­scher Phi­lo­soph erklär­te frei­mü­tig: „Mein Leben gehört mir – das ist der eigent­li­che Grund­satz der Hölle.“

Wer nur an sich denkt, wird kei­ne Freun­de fin­den, wird hart und kalt, schließ­lich resi­gnie­ren, wenn ande­re, jün­ger, attrak­ti­ver und (erfolg)reicher als er an ihm vor­über­zie­hen. Gott aber sucht Gemein­schaft mit uns, mit jedem Men­schen, täg­lich neu. Gott will uns befrei­en aus unse­rem Wahn, immer etwas aus uns machen zu müs­sen. Die Gebo­te Got­tes wol­len uns nicht ver­skla­ven, son­dern wie jede Spiel­re­gel wol­len sie uns gelin­gen­des (Zusammen-)Leben ermög­li­chen. Gott drängt sich nicht auf, son­dern lädt uns höf­lich, gedul­dig ein mit­zu­spie­len, nicht bloß gelang­weilt zuzuschauen.

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de