Vortrag in Kirchehrenbach: "Radioaktive Strahlung und Kernenergie"

Radioaktive Strahlung ist überall

Dipl.-Ing. für Elektrotechnik Axel Bergbauer

Dipl.-Ing. für Elektrotechnik Axel Bergbauer

Die CSU – Kirchehrenbach hatte am vergangenen Mittwoch den Fachreferenten Dipl.-Ing. für Elektrotechnik Axel Bergbauer zum Thema „Radioaktive Strahlung und Kernenergie“ eingeladen. Der Referent hat sich über viele Jahre mit Kernenergie, Radioaktivität und Strahlenschutz in einem globalen Unternehmen beruflich befasst. Ca. 45 Bürger verfolgten aufmerksam die Erläuterungen zu diesem hochaktuellen Thema.

Die gesamte Welt und damit auch die Menschen sind ständig ionisierender Strahlung ausgesetzt. Die Ursache dafür sind natürliche Strahlenquellen, die unabhängig vom Menschen entstanden sind und existieren. Aus dem Weltall gelangt kosmische Strahlung auf die Erde. Aufgrund der schützenden Lufthülle ist die Stärke von der Höhenlage abhängig. Eine weitere Strahlungsquelle sind die natürlichen Radionuklide in den Böden und Gesteinen der Erdkruste, die als terrestrische Strahlung bezeichnet wird. Ursache sind Radionuklide, die vor der Entstehung des Sonnensystems gebildet wurden und nun aufgrund ihrer langen Halbwertzeit noch übrig geblieben sind. Aus dem Boden gelangen die natürlichen Radionuklide in Wasser, Pflanzen und Tiere und damit in die Nahrung des Menschen. Alle Nahrungsmittel und auch das Wasser enthalten geringe Konzentrationen natürlicher Radionuklide. Am häufigsten ist das radioaktive Element Kalium-40. Dies führt dazu, dass auch der Mensch selbst eine gewisse Menge natürlicher Radionuklide enthält. Eine besondere Stellung unter den natürlichen Radionukliden nimmt das Radon ein. Radon-222 ist ein radioaktives Edelgas, das aus dem Boden stammt und in geringer Konzentration praktisch überall vorkommt. Es entsteht aus dem Zerfall von Uran und zerfällt selbst in eine Reihe weiterer Nuklide. Im Freien wird es rasch verdünnt, in Wohnungen kann es sich jedoch unter Umständen zu höheren Konzentrationen anreichern, insbesondere in einigen Gebieten Deutschlands, in denen besondere geologische Verhältnisse existieren. Durch entsprechendes Lüften der Wohnungen wird Radon-222 schnell ausgetauscht. Deutschland nimmt mit etwa 1,3 Röntgenaufnahmen pro Einwohner und Jahr einen Spitzenplatz ein. Die medizinische Anwendung von ionisierender Strahlung führt zu einer zusätzlichen Strahlenexposition. Auf diese lassen sich theoretisch 1,5 % der jährlichen Krebsfälle zurückführen.

Radioaktivität ist die Eigenschaft mancher chemischer Elemente (Radionuklide, Radioisotope), unter Aussendung einer unsichtbaren Strahlung und Bindung anderer Elemente zu zerfallen. Bei der beim radioaktiven Zerfall auftretenden und aus dem Atomkern stammenden Strahlung unterscheidet man die α-Strahlung, die β-Strahlung, und die γ -Strahlung, die eine energiereiche elektromagnetische Strahlung ist. Wegen ihrer positiven bzw. negativen Ladung werden die Bahnen der α- und β-Strahlung im magnetischen Feld abgelenkt und lassen sich dadurch leicht von der γ-Strahlung unterscheiden. Die Geschwindigkeit des radioaktiven Zerfalls wird durch die Halbwertszeit angegeben, die bei den verschiedenen radioaktiven Elementen zwischen Bruchteilen von Sekunden und Millionen von Jahren betragen kann. Zur Messung der Radioaktivität wird die durch die radioaktive Strahlung bewirkte Ionisation der Luft gemessen (mit Hilfe des Geiger’schen Zählrohrs).

Kernkraftwerke (KKW) sind Anlagen zur Erzeugung von Strom mit Hilfe von Kernreaktoren. 2010 wurden von den 17 in Deutschland in Betrieb befindlichen Kernkraftwerken 23,3% der öffentlichen Stromproduktion erreicht. Zum Vergleich sind in Frankreich zurzeit 59 KKW mit 78% der öffentlichen Stromproduktion am öffentlichen Netz beteiligt. In den USA sind 104 KKW in Betrieb mit einer Stromproduktion von 19%.

Die Mehrzahl der Kraftwerke sind sog. Leichtwasserreaktoren, bei denen zwischen Druckwasser- und Siedewasser-reaktoren unterschieden wird.

Beim Druckwasserreaktor (DWR) dient das Wasser als Moderator und Kühlmittel. Der Betriebsdruck des Wassers wird hier, anders als beim Siedewasserreaktor, so hoch gewählt, dass es bei der vorgesehenen Betriebstemperatur nicht siedet. Dadurch erfolgt eine gleichmäßige Benetzung der Brennstäbe und im Ergebnis an der Oberfläche der Brennstäbe eine ausgeglichene Wärmeverteilung ohne Korrosionsgefahr in der Dampfphase. Diese gleichmäßige Wärmeverteilung bewirkt ein gutmütiges Regelverhalten bei guter Ausnutzung der freiwerdenden Energie. Das im Reaktorkern erhitzte Wasser (Primärkreislauf) gibt in einem Dampferzeuger seine Wärme an einen getrennten Wasser-Dampf-Kreislauf ab, den Sekundärkreislauf. Der Sekundärkreislauf ist frei von radioaktiven Partikeln aus Abrieb und ohne Kontamination des Wassers, was z. B. die Wartung der Dampfturbine erleichtert.

Der Siedewasserreaktor (SWR) hat nur einen Wasser- bzw. Dampfkreislauf. Der Kreislauf des radioaktiv belasteten Kühlmittels ist somit nicht auf den Sicherheitsbehälter (Containment) beschränkt wie beim Druckwasserreaktor. Der erreichbare Wirkungsgrad eines Siedewasserreaktors liegt geringfügig über dem Wert für Druckwasserreaktoren. Durch Bildung von Dampfblasen direkt auf den Brennstäben erfolgt eine lokal ungleichmäßige Benetzung der Brennelementstäbe und im Ergebnis an der Oberfläche der Brennstäbe eine dynamisch wechselnde Wärmeverteilung mit besonderer Korrosionsgefahr in der Dampfphase. Diese dynamische Wärmeverteilung bietet jedoch ein gutes Regelverhalten für die Kontrolle der Kernspaltung bei hoher Ausnutzung der freiwerdenden Energie.

Die Deutsche Reaktoren zählen mit zu den sichersten Reaktoren der Welt. Sie wurden auch in anderen europäischen Staaten gebaut z.B. Niederlande, Schweiz, Spanien.

Am Ende des Vortrages wurden noch eine Vielzahl von Fragen zu dem Unglück von Tschernobyl/Ukraine und Fukushima/Japan gestellt.
Durch das KKW Tschernobyl 4 hat der Druckröhrenreaktor mit seinem verheerenden Unglück im April 1986 Berühmtheit erlangt. Ein Druckröhrenreaktor (RBMK) ist eine besondere Bauform eines Kernreaktors, bei der sich die Brennelemente nicht in einem gemeinsamen großen Reaktordruckbehälter, sondern einzeln in Druckröhren befinden. Die Druckröhren werden vom Kühlmittel durchströmt. Das Kühlmittel ist aber nicht gleichzeitig Moderator, sondern der Moderator (in fester oder flüssiger Form) umgibt die Druckröhren außen. Beim RBMK dient als Kühlmittel leichtes Wasser und Graphit als Moderator. Der Kühlkreislauf steht allerdings unter hohem Druck und ist getrennt vom Moderatortank.

Die Unglücksreaktoren Fukushima 1 – 4 in Japan sind Siedewasserreaktoren aus den 70ziger Jahren. Die Zerstörung erfolgte nicht durch das Erdbeben der Stärke 9,0 sondern durch den aus dem Beben hervorgegangene Tsunami in Höhe von ca. 15m. Die Auswirkungen der Radioaktivität auf Europa dürften bis auf Produkte (Lebensmittel, Fische) aus Japan und hier nur aus dem direkten Umfeld der Reaktoren gering sein.