Sonn­tags­ge­dan­ken: Rabin­dra­nath Tago­re zum 150. Geburts­tag – Pflicht oder Freude?

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

„Ich schlief und träum­te, das Leben wäre Freu­de. Ich erwach­te und sah: Das Leben war Pflicht. Ich han­del­te und sie­he, die Pflicht war Freu­de.“ Die­se Ein­sicht des ben­ga­li­schen Phi­lo­so­phen und Lite­ra­tur­no­bel­preis­trä­gers Rabin­dra­nath Tago­re wün­sche ich uns auch: Frü­her war Pflicht­er­fül­lung Ziel jeder Erzie­hung. Der Mensch hat­te sei­ne Pflicht zu tun in der Fami­lie, am Arbeits­platz, im Staat, all das ohne zu fra­gen, zu kla­gen, ohne aufzubegehren.

Natür­lich wünscht sich kein ver­nünf­ti­ger Mensch die­se gar nicht so guten alten Zei­ten zurück. Aber es erschüt­tert mich schon, wenn die Shell-Stu­di­en über die Befind­lich­keit der heu­ti­gen Jugend seit Jah­ren fest­stel­len, dass die Her­an­wach­sen­den alles nur nach dem Vor­teil, dem Lust­ge­winn für die eige­ne Per­son beur­tei­len. So droht ein gna­den­lo­ser Kampf jeder gegen jeden und die Schwa­chen, gera­de die Kin­der, die Behin­der­ten, die schlech­ter Qua­li­fi­zier­ten oder weni­ger Attrak­ti­ven blei­ben auf der Strecke. Natür­lich will jeder Mensch glück­lich sein, sich des Lebens freu­en, doch bit­te nicht auf Kosten der Mitmenschen.

Wie aber las­sen sich Freu­de und Pflicht ver­bin­den? Eben durch die Gebo­te Got­tes, die uns ein sinn­vol­les fried­fer­ti­ges Zusam­men­le­ben ermög­li­chen wol­len. Jedes Spiel braucht abso­lu­te Regeln, an die sich alle Mit­spie­ler hal­ten müs­sen, wenn das Spiel gelin­gen soll. Regel­ver­stö­ße wer­den im Sport wie im Stra­ßen­ver­kehr ja auch ener­gisch geahndet.

Wenn wir so wol­len, dann ist Gott unser Ober­schieds­rich­ter. Gott will kei­ne Heuch­ler, Feig­lin­ge, kei­ne ange­pass­ten Kar­rie­ri­sten, son­dern Part­ner, die ver­nünf­tig, fair, rück­sichts­voll das Spiel des Lebens spie­len. Wer näm­lich die Regeln bricht, der bestraft sich lang­fri­stig nur selbst, weil er sei­ne Bezie­hun­gen zum Mit­men­schen ver­spielt. Wir Chri­sten soll­ten dar­über nicht kla­gen oder gar resi­gnie­ren. Tago­re drückt es schön aus: „Glau­be ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dun­kel ist.“

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de