Hand­lungs­er­for­der­nis­se und Ansatz­punk­te aus Sicht der Wirtschaft

Gemein­sa­me Pres­se­mit­tei­lung der Wirt­schafts­kam­mern aus Ober­fran­ken, der Ober­pfalz und aus Nie­der­bay­ern zum Zukunfts­rat der Baye­ri­schen Staatsregierung

Ver­tre­ter der Indu­strie- und Han­dels­kam­mern und der Hand­werks­kam­mern aus Ober­fran­ken, der Ober­pfalz und aus Nie­der­bay­ern haben sich am 28. Febru­ar 2011 in Bay­reuth mit Ver­tre­tern der Poli­tik, auf Initia­ti­ve des CSU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten von Hof / Wun­sie­del, Dr. Hans-Peter Fried­rich, getrof­fen, um im Rah­men eines gemein­sa­men Gre­mi­ums Hand­lungs­er­for­der­nis­se, Ansatz­punk­te und Ideen zu benen­nen, mit denen die Zukunfts­fä­hig­keit länd­li­cher Regio­nen gesi­chert wer­den kann. Anlass für die­ses ein­ma­li­ge Tref­fen die­ses „Impuls­gre­mi­ums“ sind die umstrit­te­nen Emp­feh­lun­gen des Zukunfts­ra­tes der Staatsregierung.

„Das hohe Poten­zi­al der Wirt­schaft in den länd­li­chen Räu­men mit ihren inno­va­ti­ven und lei­stungs­fä­hi­gen Unter­neh­men ist unbe­strit­ten. Wir wol­len deut­lich machen, dass die länd­li­chen Regio­nen in Bay­ern eige­ne Stär­ken haben. Von Sei­ten der Wirt­schaft wol­len wir Impul­se geben, wie man die Rah­men­be­din­gun­gen für die länd­li­chen Regio­nen in Bay­ern ver­bes­sern kann“ so Horst Eggers, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken. Inso­weit wird die Initia­ti­ve von Dr. Hans-Peter Fried­rich MdB zur heu­ti­gen Zusam­men­kunft von den Wirt­schafts­kam­mern sehr begrüßt, so Eggers.

Länd­li­che Regio­nen in Bay­ern haben einen tief grei­fen­den Struk­tur­wan­del zu gestal­ten. Gleich­zei­tig sind die­se Regio­nen mehr als ande­re in Bay­ern durch den demo­gra­phi­schen Wan­del betrof­fen und ste­hen mit Blick auf die zukünf­ti­ge demo­gra­fi­sche Ent­wick­lung vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen. Die­ser Auf­ga­be müs­sen sich alle gesell­schaft­li­chen und wirt­schaft­li­chen Kräf­te der Regio­nen sowie die poli­ti­schen Ver­ant­wor­tungs­trä­ger in EU, Bund und Land gemein­sam stel­len. „Gera­de vor dem Hin­ter­grund der aktu­el­len Dis­kus­si­on um den Bericht des Zukunfts­rats der baye­ri­schen Staats­re­gie­rung sind die länd­li­chen Regio­nen auf­ge­for­dert, Hand­lungs­fel­der und kon­kre­te Ansatz­punk­te zu benen­nen, mit denen die Zukunfts­fä­hig­keit länd­li­cher Regio­nen gesi­chert wer­den kann“, so Georg Schnel­le, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

Die Ent­wick­lun­gen länd­lich struk­tu­rier­ter Regio­nen geben auch Anlass zum Opti­mis­mus. Das hohe Poten­zi­al der Wirt­schaft ist unbe­strit­ten. Die Vor­tei­le der regio­na­len Wirt­schaft lie­gen vor allem in der aus­ge­wie­se­nen mit­tel­stän­di­schen und hete­ro­ge­nen Bran­chen­struk­tur. Die­se hat sich bei der Bewäl­ti­gung der Wirt­schafts- und Finanz­kri­se als vor­teil­haft erwie­sen. Der Struk­tur­wan­del wird erfolg­reich durch­lau­fen und heu­te ver­fü­gen die länd­li­chen Regio­nen über ein brei­tes Ange­bot inno­va­ti­ver Unter­neh­men und lei­stungs­star­ker Unter­neh­men – davon vie­le „hid­den cham­pi­ons“. Toni Hin­terd­o­bler, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der Hand­werks­kam­mer Nie­der­bay­ern Ober­pfalz: „Jetzt ist es Auf­ga­be der regio­na­len Wirt­schaft und der Poli­tik deut­lich zu machen, dass wir eige­ne Stär­ken haben und dass die Lei­stungs­zen­tren ohne uns nicht Erfolg haben könnten“.

Das Selbst­ver­ständ­nis der länd­lich struk­tu­rier­ten Regio­nen begrün­det sich in:

  • Einer aus­ge­wo­ge­nen viel­fäl­ti­gen Betriebs­struk­tur mit einer gro­ßen Zahl von Klein‑, Mit­tel- und Groß­be­trie­be in unter­schied­li­chen Branchen.
  • Einer viel­schich­ti­gen Bildungsstruktur.
  • Lei­stungs­fä­hi­gen Mit­ar­bei­tern mit einer aus­ge­präg­ten Standorttreue.
  • Einem funk­tio­nie­ren­den Gemein­we­sen (gro­ßes Enga­ge­ment im Ehren­amt, sta­bi­les sozia­les Netz­werk getra­gen von per­sön­li­chen Kontakten).
  • Einer wohn­ort­na­hen Ver­sor­gung mit allen Ein­rich­tun­gen des täg­li­chen Lebens.
  • Einem Waren- und Lei­stungs­aus­tausch mit Metro­pol­re­gio­nen und Ver­dich­tungs­räu­men durch lei­stungs­star­ke und inno­va­ti­ve Unternehmen.

Länd­li­che Räu­me in Bay­ern ver­lan­gen Maß­nah­men, die an die Struk­tur die­ser Räu­me ange­passt sind. Aus dem Selbst­ver­ständ­nis der länd­lich struk­tu­rier­ten Regio­nen wird ein Bei­trag zum Aus­bau gleich­wer­ti­ger Lebens­be­din­gun­gen erwar­tet. Zum einen geht es dar­um, die vor­han­de­nen Kräf­te vor Ort zu stär­ken und zum ande­ren die wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen zu ver­bes­sern. Die bereits vor­han­de­nen Ver­flech­tun­gen zwi­schen den regio­na­len Wachs­tums­ker­ne und den Zen­tren in Bay­ern müs­sen aus­ge­baut wer­den. Ziel muss die Stär­kung der regio­na­len Wett­be­werbs­fä­hig­keit, des nach­hal­ti­gen Wachs­tums und der Beschäf­ti­gung in den länd­li­chen Regio­nen sein.

For­de­run­gen der länd­lich struk­tu­rier­ten Regionen

Ein gro­ßer Anteil der Flä­che Bay­erns ent­fällt auf die länd­lich struk­tu­rier­ten Regio­nen. Des­halb ist der Aus­bau der Infra­struk­tur in die­sen Regio­nen von beson­de­rer Bedeutung:

  • Aus­bau der Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tur – flä­chen­decken­der und gleich­wer­ti­ger Aus­bau von Daten­au­to­bah­nen und Breit­band­an­schlüs­sen in ganz Bayern.
  • Bedarfs­ge­rech­ter Aus­bau und Ver­bes­se­rung der Ver­kehrs­in­fra­struk­tur – Schaf­fung eines opti­ma­len Anschlus­ses an die zen­tra­len Ver­kehrs­ach­sen bei allen Verkehrsträgern

Der Hand­lungs­spiel­raum der Unter­neh­men in der Beschaf­fung und im Erhalt ihrer „Human­res­sour­cen“ als Motor wirt­schaft­li­chen Erfolgs ändert sich dra­stisch und der Wett­kampf um die „besten“ Köp­fe wird zuse­hends über die Wett­be­werbs­kraft von Regio­nen ent­schie­den. Neben Aus- und Wei­ter­bil­dung gewin­nen Fak­to­ren wie, Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fami­lie, die Bin­dung älte­rer Arbeit­neh­mer und die Akqui­si­ti­on von Fach- und Füh­rungs­kräf­ten an Bedeu­tung. Eine der Stär­ken der länd­lich struk­tu­rier­ten Regio­nen liegt in der wohn­ort­na­hen Aus- und Fort­bil­dung. Die Stand­ort­treue der Mit­ar­bei­ter ist begrün­det durch die Nähe von Bil­dung, Arbeit und Wohnen:

  • För­de­rung und flä­chen­decken­de Ent­wick­lung durch­gän­gi­ger kom­mu­na­ler Ange­bo­te für Betreu­ungs- und Erziehungseinrichtungen
  • Auf­recht­erhal­ten von lei­stungs­fä­hi­gen schu­li­schen und beruf­li­chen Bildungseinrichtungen.
  • Sicher­stel­lung der Finan­zie­rung von Bil­dungs­ein­rich­tun­gen, um den Fol­gen des demo­gra­phi­schen Wan­dels zu begeg­nen (Lebens­lan­ges Ler­nen, Wei­ter­qua­li­fi­zie­rung älte­rer Arbeit­neh­mer und Fachkräfte).

Lei­stungs­fä­hi­ge Betrie­be in den länd­lich struk­tu­rier­ten Regio­nen sind auf einen stän­di­gen Wis­sens­trans­fer mit Hoch­schu­len, For­schungs­ein­rich­tun­gen und ande­ren Know-how-Trä­gern angewiesen:

  • Auf- und Aus­bau lei­stungs­fä­hi­ger Tech­no­lo­gie­trans­fer­ein­rich­tun­gen für die Ziel­grup­pe KMU.
  • Aus­bau und Wei­ter­ent­wick­lung umset­zungs­ori­en­tier­ter For­schungs- und Entwicklungseinrichtungen.
  • Auf­bau von Qua­li­fi­zie­rungs­an­ge­bo­ten für KMU im Bereich Tech­no­lo­gie- und Innovationsmanagement
  • Die zukunfts­ori­en­tier­te Ent­wick­lung länd­li­cher Regio­nen und deren Wachs­tums­po­ten­zia­le ist durch den Auf- und Aus­bau pra­xis­ori­en­tier­ter Lehr­stüh­le an Hoch­schu­len und Uni­ver­si­tä­ten sicherzustellen.

Der demo­gra­phi­sche Wan­del wird bei der Bevöl­ke­rungs­struk­tur in den länd­li­chen Regio­nen zu deut­li­chen Ver­än­de­run­gen füh­ren. Auf die­sen Ver­än­de­rungs­pro­zess muss zeit­nah reagiert wer­den. Es müs­sen neue Ver­sor­gungs­kon­zep­te ent­wickelt wer­den, um die Daseins­vor­sor­ge auch in länd­li­chen Regio­nen wei­ter sicher zu stel­len und die Attrak­ti­vi­tät die­ser Regio­nen als Arbeits- und Lebens­raum zu erhal­ten. Not­wen­di­ge Hand­lungs­fel­der sind:

  • Auf­recht­erhal­ten einer wohn­ort­na­hen Ver­sor­gung, ins­be­son­de­re medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung und eines alters­ge­rech­ten Dienstleistungsangebotes.
  • Ent­wick­lung von Kon­zep­ten in den Berei­chen Nah­ver­sor­gung / Han­del und Dienstleistungen

Die Poli­tik ist auf­ge­for­dert die Ver­än­de­rungs­pro­zes­se recht­zei­tig in die ein­zel­nen Poli­tik­be­rei­che ein­zu­bin­den. Dabei ist dar­auf zu ach­ten, dass alle Regio­nen in Bay­ern gleich­wer­tig behan­delt wer­den und der­sel­be Maß­stab ange­legt wird:

  • Bedarfs­ge­rech­tes Fort­schrei­ben der Lan­des­pla­nung und des Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramms unter Berück­sich­ti­gung des Demographiefaktors.
  • Euro­päi­sche Struk­tur­po­li­tik nach 2013 aktiv beglei­ten und auf Lan­des­ebe­ne zeit­nah umset­zen. Die Erwei­te­rung der EU hat neue Wachs­tums­po­ten­zia­le eröff­net. Die Struk­tur­po­li­tik hat daher das Zusam­men­wach­sen von Grenz­re­gio­nen zu Brücken­re­gio­nen gezielt zu för­dern Die bewähr­ten För­der­struk­tu­ren sol­len in Bay­ern auf­recht­erhal­ten werden.
  • In allen Poli­tik­be­rei­chen die Gleich­wer­tig­keit der Regio­nen aner­ken­nen und als Maß­stab für die Umset­zung festsetzen.
  • Finan­zie­rung sicherstellen.
  • Um das Ziel einer aus­ge­wo­ge­nen und gleich­wer­ti­gen Struk­tur in allen Lan­des­tei­len Bay­erns zu errei­chen ist es erfor­der­lich, die struk­tur­po­li­ti­schen Instru­men­te auf­ein­an­der abzu­stim­men und zu vernetzen.

Die Wirt­schafts­kam­mern erar­bei­ten gemein­sam eine Stu­die, die die Poten­zia­le und die Bedeu­tung der länd­li­chen Räu­me für die Ent­wick­lung Bay­erns dar­stellt. Die Stu­die wird auch die Ent­wick­lungs­po­ten­zia­le und kon­kre­te Hand­lungs­an­sät­ze für länd­li­che Regio­nen aufzeigen.

Die Stu­die soll recht­zei­tig zur Anhö­rung über das Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramm im Baye­ri­schen Land­tag vor­lie­gen. Noch vor dem Som­mer soll die Stu­die unter wis­sen­schaft­li­cher Beglei­tung dis­ku­tiert und der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung über­ge­ben werden.