Zukunft Oberfranken – Handlungserfordernisse und konkrete Ansatzpunkte aus Sicht der IHK für Oberfranken Bayreuth und der HWK für Oberfranken

Oberfranken hat mehr als andere bayerische Regionen einen tief greifenden Strukturwandel zu gestalten. Gleichzeitig ist die Region mehr als andere in Bayern durch den demographischen Wandel betroffen und steht mit Blick auf die demografische Entwicklung vor großen Herausforderungen. Dieser Aufgabe müssen sich alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräfte der Region sowie die politischen Verantwortungsträger in EU, Bund und Land gemeinsam stellen. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um den Bericht des „Zukunftsrats der bayerischen Staatsregierung“ ist die Region aufgefordert, Handlungsfelder und konkrete Ansatzpunkte zu benennen, mit denen die Zukunftsfähigkeit der Region gesichert werden kann.

Die Entwicklungen in Oberfranken geben auch Anlass zum Optimismus. Das hohe Potenzial der oberfränkischen Wirtschaft ist unbestritten. Die Vorteile der regionalen Wirtschaft liegen vor allem in der ausgewiesenen mittelständischen und heterogenen Branchenstruktur. Diese hat sich bei der Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise als vorteilhaft erwiesen. Der Strukturwandel wird erfolgreich durchlaufen und ist mit Blick auf die Branchen Textil und Keramik nahezu abgeschlossen. Heute verfügt die Region über ein breites Angebot innovativer Unternehmen und leistungsstarker Unternehmen – davon viele „hidden champions“. Neben leistungsfähigen Firmen bietet die Genussregion Oberfranken als Teil der Metropolregion Nürnberg und in der Mitte des zusammengewachsenen Europas hohe Lebensqualität, eine intakte Natur und hochwertige Kulturgüter.

Gezielt muss in Oberfranken aber auch an seiner Zukunftsfähigkeit gearbeitet werden. Die Zukunft Oberfrankens als attraktiver Wirtschafts- und Lebensraum hängt untrennbar von der Wettbewerbsfähigkeit und dem ökonomischen Erfolg seiner Unternehmen ab. Als zentraler Ansatz einer zukunftsorientierten Regionalpolitik rückt damit zwangsläufig die Steigerung der Innovationsfähigkeit der oberfränkischen Unternehmen in den Fokus entwicklungsstrategischer Überlegungen. Wirtschaftlicher Erfolg bedeutet Beschäftigungswachstum und schafft neue Spielräume zur Steigerung der Lebensqualität, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der positiven Entwicklung der Region.

Ein derartiger, von allen Akteuren unterstützter Handlungsansatz bietet mittel- bis langfristig die besten Chancen, die Wettbewerbsfähigkeit der oberfränkischen Wirtschaft zu erhöhen und damit verbunden, das Wachstum und die Attraktivität der Region zu steigern. Eine zukunftsorientierte Entwicklungsstrategie für Oberfranken muss darauf ausgerichtet sein, zum einen die Rahmenbedingungen in Oberfranken zu verbessern und zum anderen die Erfolgsfaktoren in Unternehmen zu stärken und neue Zukunftsmärkte zu erschließen.

Zwei Ansatzpunkte für eine zukunftsorientierte Entwicklungsstrategie

  1. Rahmenbedingungen in Oberfranken verbessern
  2. Erfolgsfaktoren in Unternehmen fördern und deren Wettbewerbsfähigkeit erhöhen

1.  Rahmenbedingungen verbessern

Infrastruktur sichern und verbessern

Handlungsempfehlungen:

Ausbau der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur

Die Verfügbarkeit schneller Internetanschlüsse hat sich in den vergangenen Jahren zu einem entscheidenden Standortfaktor entwickelt. Nicht nur mittelständische Unternehmen und Freiberufler sondern auch die Bevölkerung sind auf eine leistungsfähige und flächendeckende Versorgung mit Breitbandanschlüssen angewiesen. Für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit Oberfrankens ist ein schneller Zugang zu den Datenautobahnen und damit die Schaffung der notwendigen Infrastruktur entscheidend.

Verbesserung der verkehrstechnischen Anbindung

Oberfranken ist auf eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Die Wirtschaft braucht ein effizientes und vernetztes Transportsystem. Oberfranken muss dazu bei allen Verkehrsträgern einen optimalen Anschluss an die zentralen Verkehrsachsen erhalten. Die Infrastruktur muss den Anforderungen der Zukunft gerecht und Lücken müssen geschlossen werden. Von herausragender Bedeutung sind insbesondere folgende Projekte:

  • Ausbau der bestehenden B 303 zwischen der A 9 und der tschechischen Grenze, zur Schaffung einer leistungsfähigen Ost-West-Straßenverbindung.
  • Vierstreifiger Ausbau der B 173 Lichtenfels-Kronach-Hof (A 9), zur Anbindung der Wirtschaftsräume Kronach, Lichtenfels und Kulmbach an das Autobahnnetz.
  • Forcierung der Fertigstellung der ICE-Strecke Nürnberg-Bamberg-Erfurt-Berlin, auch zur Realisierung der S-Bahn-Verbindung Nürnberg-Forchheim-Bamberg-Lichtenfels.
  • Elektrifizierung der „Franken-Sachsen-Magistrale“ Nürnberg-Bayreuth/Marktredwitz-Hof-Dresden bzw. der europäischen Schienen-Transversale Nürnberg-Marktredwitz-Schirnding-Eger-Prag.
  • Elektrifizierung der Schienenverbindung „Hof-Regensburg“ („Ostbayernlinie“) und Schaffung einer direkten Anbindung Ostbayerns an den Flughafen München mit dem Schienenpersonenfernverkehr.
  • Nachhaltige Existenzsicherung des Regionalflughafens Hof-Plauen und Schaffung einer leistungsfähigen Fluginfrastruktur in der Region Coburg.

Darüber hinaus wird die Forderung nach einer Realisierung der metropolitanen Projekte, die im 12-Punkte-Programm Verkehr der Industrie- und Handelskammern der Metropolregion Nürnberg beschrieben sind unterstützt.

  • Förderung und flächendeckende Entwicklung durchgängiger kommunaler Angebote für Betreuungs- Erziehungs- und Bildungseinrichtungen
  • Schaffung eines dichten Netzes an Angeboten zur schulischen und beruflichen Bildung, gerade auch zur praxisorientierten Aus- und Fortbildung
  • Sicherung einer wohnortnahen Versorgung, insbesondere medizinischen Versorgung

Es müssen neue Versorgungskonzepte entwickelt werden, um die Daseinsvorsorge auch im ländlichen Raum sicher zu stellen und die Attraktivität dieser Regionen als Arbeits- und Lebensraum zu erhalten. Notwendige Handlungsfelder sind:

  • Eine Förderung des Rückbaus leer stehender Wohnungen sowie die Nutzung des Förderprogramms „Stadtumbau West“
  • Entwicklung und Erprobung neuer Konzepte in Nahversorgung (Handel) und Dienstleistungen
  • Entwicklung und Erprobung einer Strategie zur Erhaltung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum
  • Aufbau kommunaler und regionaler familien- und seniorengerechter Gesamtkonzepte und Infrastruktureinrichtungen zur Bewältigung des demografischen Wandels
  • Entwicklung und Erprobung von Handlungsansätzen zur interkommunalen Kooperation bei kommunalen Einrichtungen und Gewerbegebieten.

Ausbau der Wissensinfrastruktur und Forschungseinrichtungen

Oberfränkische Unternehmen sind aufgrund ihrer überwiegend mittelständischen Strukturen bei Forschungs- und Entwicklungsprozessen ganz besonders auf die Zusammenarbeit mit externen Know-how-Trägern angewiesen. Eigene Entwicklungsabteilungen decken häufig nur einen Teil der benötigten Kompetenzen in komplexen Entwicklungsvorhaben ab. So gilt es, die oberfränkischen FuE Einrichtungen weiterzuentwickeln und fehlende Kompetenzen aufzubauen. Zudem muss ein transparentes Wissensinfrastrukturgefüge geschaffen werden, das es den Unternehmen ermöglicht, jederzeit selbst oder unter Zuhilfenahme von Technologietransferstellen, den passenden FuE Partner in der Region zu finden. Der Ausbau der oberfränkischen Hochschulen (Universität Bayreuth, Universität Bamberg, Hochschule Hof und Hochschule Coburg), vor allem in den wirtschaftsnahen Fachgebieten wie Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Ingenieur- und Naturwissenschaften und die Schaffung praxisorientierter Lehrstühle, ist dringend erforderlich, wenn es gelingen soll, begabte Nachwuchskräfte in der Region auszubilden, sie an die Region zu binden sowie die nachgefragten Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft in vollem Umfang eingehen zu können. Dabei sollten auch neue Ideen, wie die Errichtung einer Deutsch-Tschechischen Hochschule in Marktredwitz, die Schaffung einer Humanmedizinischen Fakultät an der Universität Bayreuth und die gemeinsame Errichtung einer Technischen Universität Oberfranken aufgegriffen und geprüft werden. Ein weiterer Ausbau der vorhanden Einrichtungen der technisch-gewerblichen und beruflichen Bildung wie z.B. das HWK-Exzellenzzentrum „Technologie- und Innovationsmanagement“ muss erfolgen um die Wissensinfrastruktur in Oberfranken zukunftsfähig aufzustellen.

Oberfranken verfügt neben den genannten Hochschulen über eine Vielzahl unterschiedlichster FuE Kapazitäten. Hohes Potenzial hält die Region insbesondere in den Bereichen Metall, Keramik, Kunststoff, Glas, Textil und Verbundwerkstoffe vor. Dazu zählen unter anderem das Kompetenzzentrum Neue Materialien Bayreuth, das Textilinnovationscenter KeKuTex, die Fraunhofer Projektgruppe Prozessinnovation, die Fraunhofer Projektgruppe Keramische Verbundstrukturen, das Friedrich Baur Forschungsinstitut für Biomaterialien, das Technologietransferzentrum Automotive der Hochschule Coburg (TAC), das Innovationszentrum Lichtenfels oder das HWK-Exzellenzzentrum „Technologie- und Innovationsmanagement“. Diese Institute und Einrichtungen gilt es bedarfsgerecht auszubauen und die Ansiedlung neuer Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen koordiniert voranzutreiben. Des weiteren muss deren Mitarbeit in bestehenden bayerischen Forschungsverbünden intensiviert werden, um auch über oberfränkische Grenzen hinweg auf nationaler und internationaler Ebene den Anschluss nicht zu verlieren.

Ziel des Wissens- und Technologietransfers ist es, die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit der Wissenschaft anzuregen, um betriebliche Engpässe bei der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren zu überwinden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind dabei in besonderer Weise auf praxisorientierte externe Informationen und Dienstleistungen angewiesen. Ziel ist es, einerseits Unternehmen zur Entwicklung von Innovationen zu animieren und andererseits diese bei der Umsetzung innovativer Konzepte zu unterstützen. Hinsichtlich der Entwicklung von Innovationen gilt es, insbesondere KMU rechtzeitig über neue Markt- und Techniktrends zu informieren. Beispiele hierfür sind Technologieallianzen zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen oder gezielte Qualifizierungsangebote im Bereich Technologie- und Innovationsmanagement. Wichtig ist es, die Unternehmen auch bei der Umsetzung innovativer Konzepte zu unterstützen. Coachingmaßnahmen oder Gemeinschaftspräsentationen auf nationalen oder internationalen Leitmessen sind hierzu erfolgversprechende Instrumente. Damit können Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Region nachhaltig gestärkt, bestehende Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen werden. An den oberfränkischen Hochschulen und FuE Einrichtungen sind bereits sehr leistungsfähige Transferstellen angesiedelt. Auch die Kammern mit ihren TT-Einrichtungen sind hierbei erfolgreich tätig. Sie sind zentrale Dienstleistungseinrichtungen ihrer jeweiligen Institution für Wissenschaft und Unternehmen, leisten einen Beitrag zur Stärkung des Gemeinwesens sowie der regionalen Entwicklung und bündeln die jeweiligen Kompetenzen. Diese Transfereinrichtungen müssen weiter ausgebaut und auf oberfränkischer Ebene noch enger vernetzt werden. Ziel ist eine transparente Darstellung des regionalen Angebots aller Einrichtungen.

Handlungsempfehlungen:

  • Im Hinblick auf den demographischen Wandel in Oberfranken:
    Entwicklung und Aufbau eines HWK-Kompetenzzentrums „Ambient Assisted Living“
    (HWK-Projektantrag „Ambient Assisted Living“ vom 20.07.2010: 2,97 Mio. Euro)
  • Im Hinblick auf die Erschließung neuer Zukunftsmärkte:
    Aufbau eines HWK-Kompetenzzentrums für Energieeffizienz und Umwelteffizienz
    (HWK-Projektantrag „Kompetenzzentrum für Energieefizienz und Umwelteffizienz“ vom 20.07.2010; Teilprojekt: 2,2 Mio. Euro)
  • Im Hinblick auf den Ausbau vorhandener Schwerpunkte in Oberfranken:
    Aufbau eines HWK-Kompetenzzentrums für Automotive und Mechatronik
    (HWK-Projektantrag „Kompetenzzentrum für Automotive und Mechatronik“ vom 20.7.2010; Teilprojekt: 2,2 Mio. Euro)
  • Weiterer Ausbau des HWK-Exzellenzzentrum „Technologie- und Innovationsmanagement“
  • Auf- und Ausbau leistungsfähiger Technologietransfereinrichtungen für KMU
  • Auf- und Ausbau umsetzungsorientierter Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen /-institute in der Region Oberfranken: Weiterentwicklung der existierenden Fraunhofer Projektgruppen Prozessinnovation und Keramische Verbundstrukturen zu Fraunhofer-Instituten
  • Ausbau der oberfränkischen Hochschulen und Schaffung praxisorientierter Lehrstühle mit der Zielgruppe KMU
  • Aufbau von Technologieallianzen zwischen KMU und Forschungseinrichtungen und der Aufbau von Qualifizierungsangeboten im Bereich Technologie- und Innovationsmanagement bei den Kammern

2. Erfolgsfaktoren in Unternehmen fördern und die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen

Fachkräftequalifizierung und Fachkräftegewinnung

Die demografische Entwicklung führt zu einer rückläufigen Zahl von Hochschulabsolventen, Berufsanfängern und qualifizierten Arbeitskräften. Der Zustrom junger qualifizierter Nachwuchskräfte wird geringer. Gleichzeitig erhöhen sich die fachlichen Anforderungen an die Arbeitskräfte. Die Folgen liegen auf der Hand: Der Handlungsspielraum der Unternehmen in der Beschaffung und im Erhalt ihrer „Humanressourcen“ als Motor wirtschaftlichen Erfolgs ändert sich drastisch und der Wettkampf um die „besten“ Köpfe wird zusehends über die Wettbewerbskraft ganzer Regionen entscheiden. Dies stellt alle Unternehmen vor neue personal- und bildungspolitische Herausforderungen. Wenn die Mitarbeiter im System der wissensbasierten Produktion zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens bestimmen, dann wird die Attraktivität des Unternehmens für enga­gierte Innovations- und Leistungsträger zum strategischen Erfolgsfaktor – sowohl hinsichtlich der Bindung wichtiger Mitarbeiter als auch mit Blick auf die Gewinnung von qualifizierten Nachwuchskräften und deren Ansiedlung in der Region. Die strategische und systematische Entwicklung des Fachkräfte- und Personalbedarfs rückt in den Mittelpunkt des Handelns.

Neben den zentralen Handlungserfordernissen wie vorausschauende Ausbildung sowie systematische und lebenslange Weiterbildung gewinnen dabei zusehends auch Faktoren, wie z.B. die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Bindung älterer Arbeitnehmer an die Unternehmen sowie die Akquisition von Fach- und Führungskräften im In- und Ausland an Bedeutung.

Vorausschauende Ausbildung von jungen Fachkräften: Die duale Ausbildung ist aufgrund ihrer Nähe zur beruflichen Praxis und zum Beschäftigungssystem ein Erfolgsgarant für hohe Übergangsquoten von der Ausbildung in die Beschäftigung. Zugleich sichert sich damit die Wirtschaft ein qualifiziertes Fachkräftepotenzial. Gerade die duale Berufsausbildung trägt einen wichtigen Teil zur Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit Oberfrankens bei. Für Unternehmen, die innovative Ideen in marktfähige Produkte und Dienstleistungen umsetzen, gilt es, diesen Wettbewerbsvorteil auszubauen. Die duale Ausbildung und der Einstieg in eine eigene Berufsausbildung ist ein zentraler Grundstein zur Entwicklung der eigenen Personalressourcen.

Attraktiver für Fachkräfte werden / Modellregion für „Work-Life-Balance“

Dichtes Netzwerk praxisnaher Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote: Eng verbunden mit dem rasanten technologischen Fortschritt ist eine sich beschleunigende Veränderung der Tätigkeitsprofile bis hin zur Auflösung traditioneller Berufsbilder. Eine systematische und vor allem auch regelmäßige Weiterbildung der Arbeitskräfte ist unabdingbar. Zwingende Voraussetzung dafür ist ein dichtes Netzwerk praxisnaher Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote, insbesondere in gewerblich-technischen Bereichen. Dazu gehören beruflich qualifizierte Fortbildungsangebote unterhalb der Meisterebene genauso wie eine hervorragende Meisterausbildung für gewerblich-technische Führungspositionen gerade in den kleinen und mittleren Unternehmen der Region oder als qualifizierte Vorbereitung auf die Existenzgründung. Ergänzend dazu ist insbesondere in Querschnittstechnologien, so z.B. Multimedia, IuK, Roboter-, Sensor-, Laser- und Systemtechnologien oder Energie- und Umwelttechnologien, ein umfassendes Fortbildungsangebot erforderlich, das technologische und innovative Trends aufgreift. Vorbild ist z.B. das bundesweit anerkannte HWK-Exzellenzzentrum „Technologie- und Innovationsmanagement“.

Lebenslanges Lernen durchbricht die Grenzen herkömmlicher Bildungsstrukturen und die Einteilung in strikt aufeinander folgende Abschnitte eines Bildungsweges. Lebenslanges Lernen bedeutet mehr – zum einen, den Wiedereinstieg in Bildungswege zu ermöglichen, zum anderen die im Beruf erworbenen, aber nicht formal bescheinigten Kompetenzen zertifizieren zu lassen und dafür neue Lehr- und Lernformen anzubieten. Lebenslanges Lernen hilft, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken und die Bindung an ein Unternehmen und die Region zu festigen. So gilt es, das lebenslange Lernen als Kernelement strategischer Handlungsplanung in Unternehmen zu integrieren. Besonders gefragt sind spezielle Weiterbildungsangebote für ältere Fachkräfte.

Die erfolgreiche Bindung der Mitarbeiter an die Unternehmen muss zum Managementthema in Unternehmen und bei den Entscheidungsträgern der Region werden. Dazu gehört insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Junge Frauen müssen in die Lage versetzt werden, ihren Beruf weiter ausüben und dennoch eine Familie gründen zu können. In gleicher Weise muss es Arbeitnehmern künftig möglich gemacht werden, sich um die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger kümmern zu können, ohne dafür den Beruf aufgeben zu müssen. Gefordert sind hier die Unternehmen selbst, aber auch die Region, die Rahmenbedingungen, etwa in Form von Kinderbetreuungseinrichtungen, zur Verfügung stellen muss. Oberfranken hat hier schon enorme Potenziale aufzuweisen und kann sich zur Modellregion für die „Work-Life-Balance“ entwickeln.

Die gezielte Gewinnung von Fach- und Führungskräften aus In- und Ausland bildet einen weiteren Handlungsstrang hin zu mehr Innovationen und regionaler Weiterentwicklung. Dazu müssen unsere Unternehmen und die Region attraktive Lebens- und Karriereangebote, nicht nur für die potenziellen Fachkräfte, sondern auch für deren Lebenspartner und Familien schaffen. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, müssen für diese Zielgruppe die dazu notwendigen Rahmenbedingungen, etwa in Form von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen. Ausländischen Fachkräften muss der Zugang zum regionalen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der Aspekte Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsdauer in Zukunft noch weiter erleichtert werden.

Förderung der Kooperation und Vernetzung

Als signifikanter Innovationstreiber gilt die Netzwerkbildung. Vor dem Hintergrund der globalen Wettbewerbsverschärfung orientiert sich unternehmerischer Erfolg zunehmend an Wertschöpfungsketten. Klein- und mittelständische Unternehmen sind ohne Kooperation und Vernetzung kaum in der Lage, solch ganzheitliche Prozesse abzubilden. Die Anwendung zukunftsgerichteter Querschnittstechnologien und ihre Verknüpfung mit den Kompetenzfeldern der Region zu effizienten Innovationsnetzwerken sind zentrale Antriebskräfte für Innovationen und Basis für eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Region Oberfranken.

Die regionale Wirtschaft in Oberfranken muss daher direkten Zugang zu den jeweiligen Akteuren der Clusterinitiative der Bayerischen Staatsregierung haben. Die Clustermanager müssen angewiesen werden, die Wirtschaft im ländlichen Raum aktiv in die Arbeit der Cluster einzubeziehen. Der Austausch dynamischer Unternehmen unter­einander und der Dialog von Firmen mit Know-how-Trägern in Bildungs- und Forschungseinrichtungen muss gefördert werden. In erster Linie sind die vorhandenen Kernkompetenzen der Region zu fördern. Ziel ist es, Branchen­- und Unternehmenskompetenzen horizontal und vertikal zu verbinden und weiter zu entwickeln. Um konkrete, regionale Projekte realisieren zu können, werden Netzwerkmanager benötigt, welche als Koordinatoren, Ansprechpartner und Multiplikatoren Vernetzungsprozesse proaktiv vorantreiben und in „Kümmererfunktion“ begleiten. Ein Fraunhofer-Institut für Prozessinnovationen hätte hier eine große Leitfunktion.

Zahlreiche und zunehmend erfolgreiche Netzwerkstrukturen und Kooperationen auf unterschiedlichster Ebene haben sich bereits entwickelt. So zum Beispiel das Netzwerk der Oberfränkischen Automobilzulieferindustrie OfraCar, das Oberfränkische Textilnetzwerk OfraTex, das Kunststoff Netzwerk, das Netzwerk für Automatisierungstechnik Automation-Valley oder in der Wertschöpfungskette „Nahrungsmittel“ die Netzwerke Bierland Oberfranken und Genussregion Oberfranken. Durch die erfolgreiche Arbeit der Innovationsoffensive Ostbayern (IOO) ist es zudem gelungen, Unternehmen in Mikrokooperationen zu verbinden.

Regionale Kooperationen und Netzwerke bilden zudem ein Gravitationszentrum, das einen wirksamen Sog auf weitere Unternehmensansiedlungen ausübt. Nicht nur die regionalen Strukturmerkmale und harten Standortfaktoren, sondern das kooperative „Networking“ aller beteiligten Akteure ist erfolgsentscheidend. Das gesamte Potenzial an Wertschöpfungsketten ist erst ansatzweise sichtbar geworden.

Handlungsempfehlungen

  • Aufbau zusammenhängender Bildungsketten und Bildungsangebote – von der Vorschule und Schule über die berufliche Aus- und Weiterbildung bis in die Hochschule – Schaffung und Ausbau von Angeboten für qualifizierte Schulpartnerschaften zur besseren Berufsorientierung, für Einstiegsqualifizierungen speziell für förderungsbedürftige Jugendliche und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
  • Ausbau der bei den Kammern vorhandenen praxisnahen Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote, insbesondere in den gewerblich-technischen Bereichen (qualifizierte Fortbildungsangebote, Meisterausbildung, qualifizierte Vorbereitung auf die Existenzgründung, Weiterentwicklung dualer Studienangebote)
  • Auf- und Ausbau „lebenslanger Weiterbildungsangebote“ für ältere Arbeitnehmer und Fachkräfte – 50plus in Oberfranken
  • Verbesserung der Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege Angehöriger und Beruf
  • Erleichterung des Zugangs von Migranten und ausländischen Fachkräften zum regionalen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der Aspekte Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsdauer – HWK Projekt „Quali-ADAPT“ – Passgenaue (Nach-)Qualifizierung für Menschen mit Migrationshintergrund