Ver­nis­sa­ge im Gast­haus Spon­sel: Rena­te van de Vlierd

„Das Fräu­lein stand am Mee­re / und seufz­te lang und bang / Es rühr­te sie so seh­re / Der Sonnenuntergang…“

Hein­rich Hei­nes Gedicht aus dem frü­hen 19.Jahrhundert ent­zau­bert das roman­ti­sche Bie­der­mei­er und ver­äp­pelt sei­ne erha­be­nen Gefüh­le. Auch in der Bil­der­ga­le­rie, die die nord­deut­sche Male­rin Rena­te van de Vlierd seit eini­gen Tagen im Kirch­eh­ren­ba­cher Gast­haus Spon­sel aus­stellt, taucht als zen­tra­les Motiv die jun­ge Frau am Meer auf. Im knö­chel­lan­gen blass­blau­en Kleid, das ihren Nacken unbe­deckt lässt, sitzt sie am Strand. Und sie schaut auf das Meer hin­aus: Eine unend­li­che Flä­che vol­ler Gischt und Wogen­käm­me und dar­über der Him­mel als Knäu­el aus Wol­ken und Licht.

Seit sie nicht mehr berufs­tä­tig ist, malt Rena­te van de Vlierd, die Dame von der Weser­mün­dung, mit Lei­den­schaft und Prä­zi­si­on. Bei ihren Expe­ri­men­ten mit Öl- und Acryl­far­ben ori­en­tiert sie sich bis zur Abhän­gig­keit an den Klas­si­kern der euro­päi­schen Früh­mo­der­ne. Die sanf­ten Far­ben des Impres­sio­nis­mus sowie die Leit­mo­ti­ve von Monet, August Macke, Degas und van Gogh for­men den Sub­text der Bil­der. Intro­ver­tiert ver­träum­te Frau­en und geo­me­trisch ver­frem­de­te Blu­men zie­hen den Betrach­ter in ihren Bann.

Die Land­schaft der nord­deut­schen Tief­ebe­ne beim Über­gang zum Meer bil­det einen wei­te­ren Raum der Inspi­ra­ti­on für die Künst­le­rin. Die Klein­stadt Nor­den­ham am Mün­dungs­trich­ter der Weser ist ihre Hei­mat. Dort liegt auch der grü­ne Schre­ber­gar­ten, aus dem sich Rena­te van de Vlierd wei­te­re ästhe­ti­sche Anre­gun­gen holt.

Aus der glei­chen Gegend stammt ihr Lebens­ge­fähr­te Heinz-Jür­gen Miek, der als Vor­sän­ger der rebel­li­schen Folk-Band Dig B. Kwar­ters vor Jah­ren öfters bei den „Kirch­eh­ren­ba­cher Kul­tur­wo­chen“ auf­ge­tre­ten ist. Bei der Ver­nis­sa­ge erzähl­ten sei­ne roman­ti­schen Shan­ties von der har­ten, aber soli­da­ri­schen Arbeits­welt auf See – die „Gorch Fock“ war gera­de außer Sicht­wei­te. Mit alt­iri­schen Bal­la­den erin­ner­te er an Mythen eines heroi­schen Zeitalters.

Seit Jah­ren ste­hen die Aus­stel­lun­gen im Gast­haus Spon­sel unter dem Mot­to „Kunst und Genuss“. Letz­te­rer wur­de durch aus­ge­wähl­te frän­ki­sche Wei­ne geför­dert, die ein Abend­me­nü aus gebra­te­nen Austern­pil­zen, Zan­der­fi­let im Kar­tof­fel­man­tel und mit Knus­per­speck umhüll­ten Kalbs­rücken zum kuli­na­ri­schen Ereig­nis steigerten.