Sonntagsgedanken

Helmut Thielicke erzählt: Der hoch gebildete Professor gehörte während des 2. Weltkrieges zu denen, die den Soldaten an der Front regelmäßig Briefe schrieben, um sie in ihrem Elend zu trösten. Thielicke korrespondierte lange mit einem Offizier, der nur Hass und Verachtung für den Christenglauben empfand. Thielicke ging freundlich auf den Mann ein, ohne aufdringlich, moralisierend zu werden. Nach einiger Zeit schrieb die Mutter des inzwischen Gefallenen. Sie war verzweifelt, denn man hatte ihr aus dem Heerlager den letzten unvollendet gebliebenen Brief ihres Sohnes an Thielicke zugesandt: Er strotzte vor Spott und Zynismus. War ihr Sohn nun endgültig verloren? Der „Hölle“ ausgeliefert?

Der Durchschnittsmensch kann den Schmerz dieser Frau nicht nachvollziehen. Heute fürchtet sich kaum jemand mehr davor, „in die Hölle zu kommen“. Man genießt sein Leben, solange man kann. Was danach kommt, was soll’s !?

Dazu möchte ich zweierlei sagen: Für mich wäre der Gedanke schrecklich, es gäbe keine „Hölle“. Sollen wirklich die Egoisten, die klug Angepassten, die kleinen und großen Lumpen so einfach straflos davonkommen? Die irdische Justiz kann nicht wirklich Gerechtigkeit schaffen trotz bester Absicht. Gäbe es keine wie auch immer geartete „Hölle“, so auch keinen Grund, sich um verantwortliches Handeln zu bemühen. Wer aber „in die Hölle kommt“, entscheidet Gott, nicht die Mode, nicht die Mehrheit der Menschen. Wer auf Christus vertraut, braucht sich weder vor diesem vergänglichen Leben noch vor dem Richterstuhl Gottes fürchten. Ich kann mir zudem gut vorstellen, dass Gott auch die anderen aufnimmt in sein Himmelreich, für die man ehrlich betet, auch den Sohn jener unglücklichen Frau.

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de