Kirchehrenbacher Kulturwochen 2010: Ewald Arenz – Literarische Texte voll Esprit und Humor

Der Fürther Schriftsteller Ewald Arenz, der bei den „Kirchehrenbacher Kulturwochen“ las, befindet sich auf dem literarischen Markt mitten im großen Sprung nach vorn. Bisher wurden seine Werke in einem kreativen fränkischen Provinzverlag verlegt. Jetzt ist er im Segment der Taschenbücher bundesweit angekommen: 45.000 Exemplare seines Romans „der Duft von Schokolade“ sind verkauft; „Der Teezauberer“ wird bald folgen.

Bei seinem Auftritt im Nebenzimmer des Gasthauses Sponsel bot Arenz keine der dort gewohnten fränkisch-derben Harlekinaden. Die Bauernwirtschaft verwandelte sich in einen literarischen Salon. Mit seinen Texten voll Charme und Esprit traf er auf ein begeistert schmunzelndes Publikum, das mit seinem Werk schon vertraut war. Der „Teezauberer“ Arenz ist auch ein Wortzauberer. In seinen heiter-abgründigen Erzählungen malt er die optimistischen Tragödien der eigenen Familienchronik aus. Drei pubertär rebellische Kinder sorgen dafür, dass ihm Stoffe und Motive nicht ausgehen. Da verweigert sich der frühreif-kluge, politisch aufwachende Sohn dem Einkauf der dringend benötigten Schuhe. Denn „Herrenschuhe“ sind Schuhe von „Herrenmenschen“, also „Faschistenstiefel“. Beim Einchecken zum Billigflug löst einer der Musterknaben Terroristen-Alarm aus; in der Jackentasche hat er eine geklaute Kuchengabel mitgenommen. Am Tag, als der 1. FCN deutscher Pokalsieger wurde, mit einer Katze die zuviel Calvados-Sahne genascht hatte, und einem Fürther Kennzeichen durch das siegestrunkene Nürnberg fahren – fast hätte der scheinbare Kadaver diplomatische Verwicklungen zwischen den Nachbarstädten verursacht. Arenz lässt die Verben tanzen. Das Feuerwerk seiner sprachlichen Einfälle leuchtet und blitzt. Seine sanfte Ironie verwandelt die familiären Alltagsgeschichten in literarische Leckerbissen. Fühlt sich Arenz als späte Light-Ausgabe von Thomas Mann, des deutschen Klassikers der spielerischen Ironie? Er hat die „Buddenbrooks“ zehnmal zu lesen begonnen, sagt er im Gespräch, und immer wieder weggelegt. Heinrich Böll und Siegfried Lenz waren die Vorbilder bei seinen literarischen Anfängen.

Mit Eleganz und Humor schildert Arenz auch Episoden seines eigenen Lebens. Der begeisterte und durchtrainierte Radfahrer legt jeden Morgen 17 km zurück, wenn er von seinem Häuschen im Landkreis Fürth auf den Nürnberger Burgberg strampelt. Dort – am städtischen Scharrer-Gymnasium – unterrichtet er Englisch und Geschichte. Doch er ist ein schlechter Reiter. Abgründig sind seine Erlebnisse mit einer Stute, die sich nur durch ihre kürzeren Ohren von einem Elefanten unterschied. „Sie fiel in Trab und ich vom Pferd.“ In den herbstlichen Wäldern Mittelfrankens in das Zentrum einer Treibjagd auf Wildschweine zu geraten beschert ganz neue Überlebenserfahrungen. Arenz ist kein Technikfeind, der sich dem digitalen Zeitalter verweigert. Aber der Versuch, nächtens an den Computer-Apparaturen einer Bank dringend benötigtes Geld abzuheben, lässt ihn an die Existenz von Gespenstern und Dämonen glauben. Oder haben einst sowjetische Agenten ein langfristig wirkendes Sabotage-System zur Zerstörung des Kapitalismus angelegt?

Hellgrauer Anzug, Fliege, hohe Stirn, dunkle Brille – freundlich lächelnd sitzt Arenz seinem Kirchehrenbacher Publikum gegenüber und antwortet bereitwillig auf dessen Fragen. 1965 wurde er in Nürnberg geboren; Kindheit und Jugend hat er im südlichen Mittelfranken als Sohn eines Pfarrers erlebt, der neben sechs eigenen Kindern noch ein Pflegekind aufzog. Die tolerante, von Glaubenszwängen freie Atmosphäre seiner Herkunftsfamilie hat ihn bis heute geprägt. Viele Repräsentanten der deutschen Literatur stammen aus protestantischen Pfarrhäusern; nicht wenige haben gegen ihre tyrannischen Väter rebelliert. Bei Ewald Arenz gab es dazu keinen Anlass. Das Urvertrauen, die Harmonie und Heiterkeit seiner frühen Jahre strahlen noch durch sein heutiges Werk.