CSU Forch­heim: Ant­wort auf offe­nen Brief von katho­li­schen und evan­ge­li­schen Seel­sor­gern in Forchheim

leserbrief-symbolbild

Sehr geehr­ter Herr Pfar­rer Battert,
sehr geehr­ter Herr Pfar­rer Muschler,
sehr geehr­ter Herr Pater Lau­be und wei­te­re Mit­glie­der des öku­me­ni­schen Konveniats,

herz­li­chen Dank für Ihren Brief, in wel­chem Sie auf erkann­te Hand­lungs­not­wen­dig­kei­ten hin­ge­wie­sen haben. Erlau­ben Sie mir bit­te, zunächst fol­gen­des aufzuzeigen:

Der Bei­tritt Forch­heims bei der Alli­anz gegen Rechts­extre­mis­mus der Metro­pol­re­gi­on Nürn­berg erfolg­te auf Antrag der CSU-Stadt­rats­frak­ti­on; dies mit­tels fol­gen­der Text­pas­sa­ge: „Die Not­wen­dig­keit, gegen Fun­da­men­ta­lis­mus und Extre­mis­mus vor­zu­ge­hen, ist unum­strit­ten. Und wir sind auch vor Ort ver­pflich­tet, die­se Ent­wick­lun­gen – am rech­ten, aber auch am lin­ken Rand und dar­über hin­aus in wei­te­ren Berei­chen – sorg­fäl­tig zu beob­ach­ten und die­sen recht­zei­tig und enga­giert entgegenzutreten.“

Die bekann­te Reso­lu­ti­on des Stadt­ra­tes wur­de anläss­lich rechts­extre­mer Aspek­te ver­ab­schie­det, ist jedoch per­spek­ti­visch gegen alle Arten von Extre­mis­mus for­mu­liert; Aus­zug: Der Stadt­rat von Forch­heim erklärt aus­drück­lich und unmiss­ver­ständ­lich allen Orga­ni­sa­tio­nen und Struk­tu­ren des extre­mi­sti­schen Rand­spek­trums, dass sie in Forch­heim unwill­kom­men sind und die Stadt Forch­heim sich im Rah­men der gesetz­lich zuläs­si­gen Mög­lich­kei­ten mit allen Mit­teln gegen die Bestre­bun­gen, hier Fuß zu fas­sen, ent­ge­gen­stel­len und weh­ren wird.

Aus­sa­gen des Ver­fas­sungs­schut­zes unter­strei­chen die Not­wen­dig­keit, neben dem Rechts­extre­mis­mus auch allen wei­te­ren For­men des Extre­mis­mus kon­se­quent entgegenzutreten.

Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen:

http://​www​.stmi​.bay​ern​.de/​s​i​c​h​e​r​h​e​i​t​/​v​e​r​f​a​s​s​u​n​g​s​s​c​h​u​t​z​/​v​e​r​f​a​s​s​u​n​g​s​s​c​h​u​t​z​b​e​r​i​c​h​te/

wei­ter­hin:

Laut dem neu­en Ver­fas­sungs­schutz­be­richt (Bund) stieg die Zahl links­extre­mi­sti­scher Straf­ta­ten im ver­gan­ge­nen Jahr von 3124 auf 4734 Straf­ta­ten, die dar­un­ter gefass­ten Gewalt­de­lik­te von etwa 700 auf 1100. Ins Gewicht fal­len dabei beson­ders die um 40 Pro­zent erhöh­ten Fäl­le von Kör­per­ver­let­zun­gen und die Ver­dopp­lung von Brand­stif­tun­gen. Zudem habe es sie­ben Tötungs­ver­su­che gege­ben. Der Anteil gewalt­be­rei­ter Links­extre­mi­sten wird im Bericht auf rund 6600 geschätzt, sie rekru­tie­ren sich über­wie­gend aus der soge­nann­ten auto­no­men Szene.

Die­se Zah­len dürf­ten jedoch nicht zu dem Miss­ver­ständ­nis füh­ren, dass Rechts­extre­mis­mus zu ver­nach­läs­si­gen sei, hieß es wei­ter. Mit 18750 Straf­ta­ten sta­gnier­te der Rechts­extre­mis­mus auf hohem Niveau und for­der­te 2009 erneut ein Todes­op­fer. Gera­de unter den „Auto­no­men Natio­na­li­sten“ gebe es enor­mes Gewaltpotenzial.

Die Sicher­heits­be­hör­den schät­zen auch die isla­mi­sti­sche Gefahr in Deutsch­land wei­ter­hin als hoch ein. Die Bun­des­re­pu­blik lie­ge „im unmit­tel­ba­ren Fokus“ isla­mi­stisch-ter­ro­ri­sti­scher Grup­pie­run­gen, heißt es in dem Bericht. Der Ver­fas­sungs­schutz ging Ende ver­gan­ge­nen Jah­res von 29 bun­des­weit agie­ren­den isla­mi­sti­schen Orga­ni­sa­tio­nen aus. Die Zahl der Isla­mi­sten sei von etwa 34720 im Jahr 2008 auf etwa 36270 im Jahr 2009 gestiegen.

sowie:

http://​www​.evan​ge​lisch​.de/​t​h​e​m​e​n​/​p​o​l​i​t​i​k​/​l​i​n​k​s​e​x​t​r​e​m​i​s​t​i​s​c​h​e​-​g​e​w​a​l​t​-​s​t​a​r​k​-​g​e​s​t​i​e​g​e​n​1​9​516

http://​www​.kath​.net/​d​e​t​a​i​l​.​p​h​p​?​i​d​=​2​6​008

Zurecht stel­len Sie in Ihrem Brief her­aus, dass Ent­wick­lun­gen im rechts­extre­men Bereich pro­ble­ma­tisch sind. Dies sehen wir unein­ge­schränkt ebenso.

Dar­über hin­aus hal­ten wir jedoch auch die Risi­ken im links­extre­men Bereich sowie in wei­te­ren Sek­to­ren für bedenk­lich, die Aus­sa­gen des Ver­fas­sungs­schutz­be­rich­tes unter­strei­chen die­se Sichtweise.

(Aus­zug: Zahl der links­extre­mi­sti­schen Gewalt­ta­ten steigt wei­ter an – Nach­dem die Zahl links­extre­mi­stisch moti­vier­ter Gewalt­ta­ten bereits im Jahr 2009 bun­des­weit wie auch in Bay­ern dra­stisch gestie­gen war und einen histo­ri­schen Höchst­stand erreicht hat­te, ist für das 1. Halb­jahr 2010 eine Fort­set­zung die­ses Trends festzustellen. )

Nicht nur links­au­to­no­me Stei­ne­wer­fer, auch die Nach­fol­ger der SED-Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­tio­nen PDS bzw. nun die Lin­ke (die auch im Focus des Ver­fas­sungs­schut­zes steht!), sind aus unse­rer Sicht nicht geeig­net, als Part­ner eines bür­ger­li­chen Wider­stan­des aner­kannt zu wer­den. Mau­er­to­te oder Repres­sa­li­en – auch die Kir­che betref­fend – sowie dort poli­tisch ange­streb­ter Athe­is­mus wie­gen schwer und sind von die­sen Zeit­ge­nos­sen zu verantworten!

http://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​C​h​r​i​s​t​e​n​_​u​n​d​_​K​i​r​c​h​e​_​i​n​_​d​e​r​_​DDR

Eben­so wie der Rechts­extre­mis­mus wür­den sich auch der Links­extre­mis­mus sowie wei­te­re mög­li­che Erschei­nungs­for­men der Radi­ka­li­tät – sofern dort Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten gege­ben sein wür­den – schnell nicht nur gegen die Demo­kra­tie rich­ten, son­dern – und dies hat die Geschich­te bewie­sen – eben­so auch gegen die Kirche.

Der­zeit exi­stie­ren in der Tat zwei Bünd­nis­se vor Ort. Dies kann man als Pro­blem sehen. Gleich­wohl auch als Chan­ce. Auch ich war und bin der Hoff­nung, dass es gelingt, eine gemein­sa­me Basis zu fin­den und tele­fo­nier­te vor weni­gen Wochen des­we­gen mit Herrn Schna­bel. Die­ser gab mir aller­dings unmiss­ver­ständ­lich zu ver­ste­hen, dass er die Pro­ble­me im links­au­to­no­men Bereich nicht ernst nimmt und die Aus­sa­gen des Ver­fas­sungs­schut­zes für mani­pu­liert bewertet.

Die­se Hal­tung des Spre­chers Wer­ner Schna­bel ins­be­son­de­re erschwer­te und erschwert ein Miteinander.

Wobei zwei Bünd­nis­se nicht zwin­gend als Pro­blem und kon­kur­rie­rend beur­teilt wer­den müs­sen. Sofern Rechts­extre­me auf­mar­schie­ren, sind sicher­lich bei­de Bünd­nis­se auf der Stra­ße – unser Bünd­nis aber eben nicht als Part­ner irgend­wel­cher Links­extre­men oder der SED-Nach­fol­ge­par­tei, die vom Ver­fas­sungs­schutz unter Beob­ach­tung steht.

Eine gegen­sei­ti­ge Blocka­de demo­kra­ti­scher Kräf­te muss nicht zwin­gend die Fol­ge sein. Gleich­wohl wäre es sicher­lich vor­teil­haft, wenn sich Ver­ant­wort­li­che des Bünd­nis­ses gegen Rechts bzw. gegen Rechts­extre­mis­mus auf das Bünd­nis gegen Extre­mis­mus jeder Art zube­we­gen wür­den. Mög­li­cher­wei­se kön­nen Sie die­sen Pro­zess unterstützen.

Ich darf Ihnen mit­tei­len, dass das über­par­tei­li­che Bünd­nis gegen Extre­mis­mus jeder Art mitt­ler­wei­le enga­giert unter­wegs ist, neben der CSU sind mitt­ler­wei­le auch die Jun­gen Bür­ger, der Freie Bür­ger­block Forch­heim, die FDP, sogar ein SPD-Mit­glied, Pfarr­ge­mein­de­rä­te, Schul­lei­ter, Künst­ler, Ver­tre­ter wich­ti­ger Insti­tu­tio­nen usw. beigetreten.

Zwei Ter­mi­ne ste­hen nun an: Ein kon­sti­tu­ie­ren­des Tref­fen sowie ein wei­te­rer Ter­min mit einem Refe­ren­ten des Ver­fas­sungs­schut­zes. Hier­für wer­den Sie geson­dert eingeladen.

Es wür­de uns freu­en, wenn Sie unser Anlie­gen – jeg­li­cher Art des Extre­mis­mus ent­ge­gen­zu­tre­ten – unter­stüt­zen würden.

Abschlie­ßend bit­te ich Sie zu beur­tei­len, was dage­gen spricht, sich gegen jeg­li­che Art des Extre­mis­mus aus­zu­spre­chen und zu positionieren.

Mit freund­li­chem Gruß

Ihr Udo Schönfelder