Kirchehrenbacher Kulturwochen 2010: Volkstheater mit Bernhard Ottinger im Brennerei-Gasthaus Sponsel

Bernhard Ottinger. Foto: Günter Anderl

Bernhard Ottinger. Foto: Günter Anderl

Zur Eröffnung der 17. „Kirchehrenbacher Kulturwochen“ im Brennerei-Gasthaus Sponsel sang der Fürther Komödiant Bernhard Ottinger ein altfränkisches Weihnachtslied aus seiner Heimatstadt: „Alle Jahre wieder / kommt der EFFZEHEN / in die zweite Liga.“ Unüberwindlich scheint die Feindschaft zwischen den beiden ineinander verzahnten Steinhaufen Nürnberg und Fürth zu sein. Im fernen Norden auf einer Busreise befragt, wo denn die Stadt mit dem seltenen Ortskennzeichen FÜ liege, habe er geantwortet: in der Nähe von München …

Aber auch an seinem Herkunftsort lässt der Komiker kaum ein gutes Haar. Fürth zielt zwar darauf ab, eine Wissenschaftsstadt zu werden. Aus Gründen des Intelligenzquotients müsse aber deshalb die Hälfte der Bevölkerung umgesiedelt werden. Positiv bewertet er hingegen die auf der gerade laufenden Fürther Kärwa gebratenen Fürther Käsekrainer; deren tropfendes Fett erinnere ihn an seine ehemalige Schwiegermutter. Diese sei zudem recht grobmotorisch veranlagt gewesen und habe den Kartoffelsalat nur aus ganzen Früchten zubereitet. Den fränkischen Dialekt bezeichnet Ottinger einerseits als genetischen Defekt; auf der anderen Seite hätten die Franken mit dieser Ursprache die Geschichte früher Hochkulturen beeinflusst. So sei das alte Ägypten nicht nur ein Geschenk des Nils, sondern auch ein Produkt fränkischer Kreativität. Nur Franken konnten „a su an“ Staudamm bauen. Das fränkische Schimpfwort „Schlampe“ leitet der Chef des Einmann-Theaters aus dem Zeitalter der Pharaonen ab. Die frühen Ägypter hätten ihre liebestollen Sex-Göttinnen aus Nilschlamm geformt und unter afrikanischer Sonne gedörrt.

Seine Erfahrungen als Handwerksmeister liefern Ottinger die meisten Einfälle für seine kabarettistischen Streifzüge. Am Beginn der Arbeit eines Bodenlegers steht immer eine Pause. Aber auch bei einem Franken rühre sich ab und zu was; vor allem dann, wenn er von der Kombinationskrankheit aus Schnupfen und Durchfall erfasst wäre und zum Niesen gezwungen sei. Einmal habe er auf Wunsch des Wohnungsinhabers einen Zimmerboden schwarz ausgelegt; sehr zu dessen Missvergnügen, denn die Anweisung „schwarz“ bezog sich nur auf die Modalität der Abrechnung. Kommunikations-Störungen bestimmen weithin den Alltag des redlichen Werktätigen. Wenn er an einer Wohnungstür klingele und sich als Handwerker vorstelle, schallt es ihm erstaunt entgegen: „Dafür sprechen sie aber gut Deutsch!“ An der Innenfläche seiner rechten Hand habe sich eine sensible Hornhautschicht ausgebildet und er könne mit ihr, ohne hinzusehen, die Größe einer Trinkgeld-Münze spüren. Meistens verhalte sich der Geiz des Kunden umgekehrt proportional zu seinem Durst. Der geballte Zorn des biederen Handwerksmeisters gilt der Innung der Fürther Fußbodenverleger, die er als Faschingsgesellschaft bezeichnet. Seine Polemik „Die Hälfte der Innungsmeister sind Deppen“ hat er zwar zurücknehmen müssen, was ihm aber – mit den Fallen der Logik vertraut – nicht schwer fiel. Die Sprache des Internet-Zeitalters stellt den kleinen selbstständigen Unternehmer vor viele Barrieren. Bei dem Wort „Flatrate“ denke er an eine hemmungslose Sauferei. ein „Browser“ erinnere ihn daran, in die Hände zu spucken. „Safer Sex“ – das übersetzt er einfach in „Pass auf!“. Die „Happy hour“ verwandelt sich in seinem Bewusststein zur „Happy Hur“.

Ein Höhepunkt in Ottingers fränkischer Alltags-Revue: die Nachzeichnung der Paarungs-Rituale, wenn ein nicht mehr ganz junger Handwerksmeister aus der Fürther Südstadt auf Brautschau geht. Er duftet die sensiblen Körperzonen mit einer Überdosis Moschus ein, mimt den starken Stier und wirkt wie ein blöder Ochse. Bei den Slip-Einlagen seiner Partnerin denkt er dann an die eigenen Schuhe. Wenn er zu ihr sagt: „Mein Liebstes, ich will Dich auf Händen tragen“, drängt sich ihm die Vorstellung eines voll Bierkastens auf.