War­um Land­luft so gesund ist – Bay­reu­ther Stu­di­en­ar­bei­ten zum „Bau­ern­ho­f­ef­fekt“

(UBT). „Land­luft ist gesund“ – die­se alte und weit ver­brei­te­te Ein­schät­zung konn­te in den letz­ten Jah­ren wis­sen­schaft­lich erhär­tet wer­den. Kin­der, die in einem land­wirt­schaft­li­chen Betrieb leben, erkran­ken nach­weis­lich sel­te­ner an All­er­gien oder Asth­ma als gleich­alt­ri­ge Stadt­kin­der. Es wird ver­mu­tet, dass die­ser soge­nann­te „Bau­ern­ho­f­ef­fekt“ ins­be­son­de­re durch Myko­bak­te­ri­en her­vor­ge­ru­fen wird. Denn die­se Mikro­or­ga­nis­men kön­nen wesent­lich zu einer Stär­kung der Immun­ab­wehr beitragen.

Auf­grund bis­he­ri­ger For­schun­gen wuss­te man bis­her nur all­ge­mein, dass es in land­wirt­schaft­li­chen Betrie­ben mit Tier­hal­tung ver­schie­den­ste Reser­voi­re für Myko­bak­te­ri­en gibt. Genaue­re Erkennt­nis­se dar­über zu gewin­nen, war daher das Ziel zwei­er Stu­di­en­ar­bei­ten, die kürz­lich am Lehr­stuhl für Mikro­bio­lo­gie der Uni­ver­si­tät Bay­reuth (Lei­tung: Pro­fes­sor Dr. Ort­win Mey­er) ent­stan­den sind. Julia Lock­haus­er­bäu­mer und Maria Schrei­ner woll­ten in ihren Abschluss­ar­bei­ten für den Bache­lor-Stu­di­en­gang „Bio­lo­gie, B.Sc.“ dem Bau­ern­ho­f­ef­fekt auf die Spur kom­men. An wel­chen Stand­or­ten eines Bau­ern­hofs tre­ten Myko­bak­te­ri­en ver­mehrt auf? Und was sind die Ursa­chen dafür? Hin­sicht­lich die­ser Leit­fra­gen haben die bei­den Stu­den­tin­nen Kuh­stäl­le, einen Schwei­ne­stall und ver­schie­de­ne Nutz­flä­chen eines land­wirt­schaft­li­chen Betriebs in Ober­fran­ken unter­sucht. Die Arbei­ten wur­den von der Simon-Nüs­sel-Stif­tung der Uni­ver­si­tät Bay­reuth finan­zi­ell unterstützt.

Unter­schied­li­che Ver­tei­lung von Mykobakterien

Ins­ge­samt stell­te sich her­aus, dass Pro­ben mit einer beson­ders hohen Gesamt­zahl von Mikro­or­ga­nis­men auch ver­gleichs­wei­se vie­le Myko­bak­te­ri­en ent­hiel­ten. Ein beson­ders signi­fi­kan­tes Teil­ergeb­nis: Myko­bak­te­ri­en konn­ten im Staub sowie auf dem Boden des Käl­ber­stalls und des Bul­len­stalls, nicht jedoch im Milch­kuh­stall nach­ge­wie­sen wer­den. Die­ser Unter­schied hängt ver­mut­lich mit dem Alter der Stäl­le zusam­men. Denn je älter die Stäl­le sind, desto grö­ße­re Ober­flä­chen aus Holz sind dar­in vor­han­den, und desto mehr Myko­bak­te­ri­en wur­den in den Pro­ben gefun­den. Als wei­te­re Ursa­che kommt die Art der Tier­hal­tung in Fra­ge: Im Käl­ber- und im Bul­len­stall wer­den die Tie­re in klei­nen Grup­pen gehal­ten, wäh­rend die Milch­kü­he im Frei­lauf­stall mehr Bewe­gungs­frei­heit haben. Dass hier über­haupt kei­ne Myko­bak­te­ri­en iso­liert wer­den konn­ten, ist mög­li­cher­wei­se auch in geschlechts­spe­zi­fi­schen Unter­schie­den begründet.

„Bis wir ein kla­res Bild von den Ursa­chen haben, die sol­che unter­schied­li­chen Ver­tei­lun­gen von Myko­bak­te­ri­en in der Land­wirt­schaft bewir­ken, sind zahl­rei­che wei­te­re For­schun­gen nötig“, erklärt Dr. Oli­ver Kreß, der als Pro­jekt­lei­ter die Stu­di­en­ar­bei­ten betreut hat. „Der­zeit sind noch vie­le Fra­gen offen. Bei­spiels­wei­se haben wir bis­her noch kei­ne zurei­chen­de Erklä­rung dafür, wes­halb nur im Boden­dreck, aber nicht im Staub des Schwei­ne­stalls Myko­bak­te­ri­en ent­hal­ten waren.“

Julia Lock­haus­er­bäu­mer und Maria Schrei­ner konn­ten zahl­rei­che wei­te­re Reser­voi­re von Myko­bak­te­ri­en iden­ti­fi­zie­ren, wie etwa Käl­ber­mist, Kuh- und Bul­len­gül­le und Fel­der­de. Hin­ge­gen lie­ßen sich aus der Heu- und Mais­sila­ge, die luft­dicht gela­gert wird, kei­ne Myko­bak­te­ri­en iso­lie­ren – offen­sicht­lich des­halb, weil sie zum Wachs­tum auf Sau­er­stoff ange­wie­sen sind. Ins­ge­samt aber zei­gen die bei­den Stu­di­en­ar­bei­ten, dass die auf dem Bau­ern­hof leben­den Men­schen rela­tiv häu­fig mit Myko­bak­te­ri­en in Kon­takt kom­men. Daher stüt­zen sie die Annah­me, dass Myko­bak­te­ri­en in einem engen Kau­sal­zu­sam­men­hang mit dem „Bau­ern­ho­f­ef­fekt“ stehen.

For­schungs­na­he Bachelor-Ausbildung

In den mikro­bio­lo­gi­schen Labo­ra­to­ri­en der Uni­ver­si­tät ist es den bei­den Bache­lor-Stu­den­tin­nen gelun­gen, die Myko­bak­te­ri­en genau­er zu ana­ly­sie­ren. Dabei wird zunächst die Pro­be, die z.B. aus dem Stall­dreck oder der Gül­le stammt, dekon­ta­mi­niert; d.h. alle Mikro­or­ga­nis­men, die nicht der Gat­tung der Myko­bak­te­ri­en ange­hö­ren, wer­den mög­lichst weit­ge­hend abge­tö­tet. Anschlie­ßend macht eine spe­zi­el­le Fär­be­me­tho­de („Ziehl-Neelsen-Fär­bung“) alle Myko­bak­te­ri­en inner­halb der Pro­be sicht­bar; sie las­sen sich deut­lich von den noch ver­blie­be­nen Mikro­or­ga­nis­men unter­schei­den, die das Dekon­ta­mi­nie­rungs­ver­fah­ren über­lebt haben. Anschlie­ßend wird mit­hil­fe ver­schie­de­ner Ver­fah­ren geklärt, um wel­che Arten von Myko­bak­te­ri­en es sich genau handelt.

„Die­se mikro­bio­lo­gi­schen Unter­su­chun­gen zei­gen, dass wir an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth bestrebt sind, die Stu­die­ren­den bereits in den Bache­lor-Stu­di­en­gän­gen an aktu­el­le The­men der For­schung her­an­zu­füh­ren,“ erklärt Pro­jekt­lei­ter Dr. Oli­ver Kreß. „Die Stu­die­ren­den sol­len sich mög­lichst früh­zei­tig mit For­schungs­me­tho­den ver­traut machen und sie in unse­ren Labo­ra­to­ri­en prak­tisch anwen­den. So erwer­ben sie fach­li­che Kom­pe­ten­zen, mit denen sie für eine Mit­ar­beit in for­schungs­na­hen Unter­neh­men, aber auch für wei­ter­ge­hen­de Master- oder Pro­mo­ti­ons­pro­gram­me bestens qua­li­fi­ziert sind.“