Uni­ver­si­tät Bay­reuth ent­wickelt neu­es Recy­cling­ver­fah­ren für Fluorpolymere

Sortenreines PTFE-Granulat

Sor­ten­rei­nes PTFE-Granulat

(UBT) Einem For­schungs­team an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ist es in Zusam­men­ar­beit mit einem Indu­strie­part­ner gelun­gen, ein Ver­fah­ren für das Recy­cling von Fluor­po­ly­me­ren zu ent­wickeln. Das Ver­fah­ren ist wirt­schaft­lich effi­zi­ent und ohne öko­lo­gi­sche Risi­ken. Der Bau einer Pilot­an­la­ge wür­de den Weg in die indu­stri­el­le Wie­der­ver­wer­tung öffnen.

Fluor­po­ly­me­re sind Hoch­lei­stungs-Kunst­stof­fe, die welt­weit in einer Viel­zahl von Pro­duk­ten zum Ein­satz kom­men. Ins­be­son­de­re das Poly­te­traf­lu­or­ethy­len (PTFE), unter dem recht­lich geschütz­ten Mar­ken­na­men „Tef­lon“ welt­be­kannt, ist in vie­len Indu­strie­bran­chen ein unver­zicht­ba­res Mate­ri­al. Es zeich­net sich durch eine hohe Wider­stands­fä­hig­keit gegen Hit­ze und Che­mi­ka­li­en aus, fast nichts bleibt dar­an haf­ten. Nicht nur Brat­pfan­nen, son­dern auch zahl­rei­che Dich­tun­gen und Lager – bei­spiels­wei­se in Kraft­fahr­zeu­gen – wer­den mit PTFE beschich­tet. Die Tex­til­in­du­strie ver­wen­det PTFE als Mate­ri­al für atmungs­ak­ti­ve Mem­bra­nen in Funk­ti­ons­tex­ti­li­en, und in der Elek­tro­tech­nik ist PTFE ein wich­ti­ger Werk­stoff für Kabelisolationen.

Aber was geschieht mit PTFE-hal­ti­gen Indu­strie­ab­fäl­len und Alt­pro­duk­ten? Welt­weit gibt es bis­her kein indu­stri­el­les Recy­cling für Fluor­po­ly­me­re. Die­ses Pro­blem wird immer bri­san­ter. Denn bei der bis heu­te übli­chen Ver­bren­nung wer­den hoch­gif­ti­ge umwelt­schäd­li­che Dämp­fe frei­ge­setzt, die auch die Ver­bren­nungs­an­la­gen beschä­di­gen. Und eine Depo­nie­rung der Alt­la­sten ist künf­tig auf­grund von Rechts­vor­schrif­ten der Euro­päi­schen Uni­on ver­bo­ten. Abfäl­le, die per­si­sten­te orga­ni­sche Schad­stof­fe – wie bei­spiels­wei­se Fluor­po­ly­me­re – ent­hal­ten, müs­sen so ver­wer­tet oder besei­tigt wer­den, dass die Schad­stof­fe zer­stört oder unum­kehr­bar in nicht­schäd­li­che Sub­stan­zen umge­wan­delt werden.

Ein neu­es Ver­fah­ren: wirt­schaft­lich effi­zi­ent, ohne öko­lo­gi­sche Risiken

Bei der Lösung die­ses Pro­blems ist einem For­schungs­pro­jekt an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ein ent­schei­den­der Durch­bruch gelun­gen. Drei Part­ner haben dar­an mit­ge­wirkt: der Lehr­stuhl für Werk­stoff­ver­ar­bei­tung unter der Lei­tung von Prof. Dr. Moni­ka Wil­lert-Pora­da; das For­schungs­in­sti­tut InVer­Tec e.V., das der Uni­ver­si­tät Bay­reuth als An-Insti­tut ver­bun­den ist; und die Fir­ma Dyne­on GmbH, die heu­te zu den welt­weit bedeu­tend­sten Pro­du­zen­ten von PTFE gehört und ein hohes Inter­es­se an einem Recy­cling­ver­fah­ren hat. In enger Zusam­men­ar­beit ist es den Pro­jekt­part­nern gelun­gen, ein wirt­schaft­lich effi­zi­en­tes und öko­lo­gisch unbe­denk­li­ches Ver­fah­ren zu ent­wickeln, das die Fluor­po­ly­me­re in wie­der­ver­wert­ba­re Bestand­tei­le zer­setzt. Die Deut­sche Bun­des­stif­tung Umwelt (DBU) hat das Pro­jekt zwei Jah­re lang mit 211.000 Euro gefördert.

Das neue Ver­fah­ren zeich­net sich dadurch aus, dass die gro­ßen PTFE-Mole­kü­le zu einem sehr hohen Pro­zent­satz in klei­ne­re Mole­kü­le, in sog. Mono­me­re, zer­legt wer­den. Bei die­sen Bau­stei­nen han­delt es sich um Mole­kü­le von Gasen, ins­be­son­de­re von Tetraf­lu­or­ethy­len und Hexa­fluor­pro­pen. Bis zu 93% die­ser Gase, aus denen sich das PTFE zusam­men­setzt, las­sen sich durch das in den Bay­reu­ther High-Tech-Labo­ra­to­ri­en erprob­te Ver­fah­ren zurück­ge­win­nen – und zwar so, dass von die­sem Pro­zess kei­ne gesund­heits­schä­di­gen­den Wir­kun­gen für die dar­an betei­lig­ten Mit­ar­bei­ter ausgehen.

Die Gase kön­nen nun unter umwelt­si­che­ren Bedin­gun­gen an den PTFE-Pro­du­zen­ten zurück­ge­ge­ben und hier erneut für die indu­stri­el­le Pro­duk­ti­on von PTFE ein­ge­setzt wer­den. Dadurch wer­den die Fluor­po­ly­me­re nahe­zu voll­stän­dig in den Stoff­kreis­lauf zurück­ge­führt. Gemein­sam mit der Fir­ma Dyne­on GmbH haben die Bay­reu­ther Inge­nieur­wis­sen­schaft­ler ein Kon­zept ent­wickelt, wie die­ses Recy­cling im Indu­strie­maß­stab rea­li­siert wer­den kann.

Vom Recy­cling-Kon­zept zur Pilot­an­la­ge: Auf dem Weg zur Lösung einer drän­gen­den Entsorgungsproblematik

Die Zer­set­zung des PTFE in sei­ne Bestand­tei­le ist ein Vor­gang, der in der For­schung als Depo­ly­me­ri­sa­ti­on bezeich­net wird. Das Ver­fah­ren, das hier­für in Bay­reuth ent­wickelt wur­de, ist ein sog. Wir­bel­schicht­pro­zess. Von zen­tra­ler Bedeu­tung sind dabei eine sehr kurz­zei­ti­ge Erhit­zung der Fluor­po­ly­me­re und eine dadurch aus­ge­lö­ste Pyro­ly­se. Als Ener­gie­quel­le kom­men u.a. Mikro­wel­len zum Ein­satz. Gemein­sam haben die Pro­jekt­part­ner unter­sucht, wel­che Tech­no­lo­gie in beson­de­rer Wei­se geeig­net ist, das Ver­fah­ren im Indu­strie­maß­stab zu rea­li­sie­ren. In die Bewer­tung wur­den eine Viel­zahl öko­no­mi­scher, öko­lo­gi­scher und tech­ni­scher Kri­te­ri­en ein­be­zo­gen. Das Ergeb­nis: Der Pro­zess, der zur Zer­set­zung der Fluor­po­ly­me­re führt, lässt sich – alles in allem – beson­ders vor­teil­haft auch mit einer Rühr­kes­sel-Tech­no­lo­gie realisieren.

Auf­grund die­ser Erkennt­nis­se arbei­ten der Lehr­stuhl für Werk­stoff­ent­wick­lung und die Fir­ma Dyne­on GmbH der­zeit am Kon­zept einer Pilot­an­la­ge für die­ses Ver­fah­ren. „Der Bau die­ser Pilot­an­la­ge wür­de den Weg in ein indu­stri­el­les Recy­cling von Fluor­po­ly­me­ren öff­nen und damit zur Lösung einer drän­gen­den Ent­sor­gungs­pro­ble­ma­tik bei­tra­gen“, erklärt Wil­lert-Pora­da. „Das wis­sen­schaft­li­che und tech­no­lo­gi­sche Know-How dafür haben wir uns erar­bei­tet. Jetzt wün­schen sich alle Pro­jekt­part­ner, dass für den Bau der Pilot­an­la­ge die erfor­der­li­chen finan­zi­el­len Mit­tel bereit­ge­stellt wer­den können.“