Erz­bis­tum Bam­berg setzt auf die Ganztagesschule

Ordi­na­ri­ats­kon­fe­renz stellt knapp eine hal­be Mil­li­on Euro in den kom­men­den drei Jah­ren zur Verfügung

(bbk) Pas­cal (12) ist begei­stert: „Es macht sehr viel Spaß. Es ist was ganz ande­res als Mathe, Eng­lisch oder Deutsch“, spru­delt es auf dem Zwölf­jäh­ri­gen her­aus. Pas­cal besucht die 6. Klas­se in Ganz­ta­ges­form. Seit dem ver­gan­ge­nen Schul­jahr steht bei ihm und sei­nen 17 Klas­sen­ka­me­ra­den der 6b der Adal­bert-Stif­ter-Volks­schu­le in Forch­heim ein neu­es Fach auf dem Stun­den­plan: „Kirch­li­che Jugend­ar­beit und Schu­le“. Bei die­sem Pro­jekt arbei­ten Schu­le, kirch­li­che Jugend­ar­beit und Gemein­de eng zusammen.

Begon­nen habe alles vor über zwei Jah­ren. Damals, so erzählt Reli­gi­ons­leh­re­rin Ker­stin Debu­dey, habe sie sich Gedan­ken gemacht, wie die katho­li­sche Kir­che in der Ganz­ta­ges­schu­le Fuß fas­sen kön­ne. Für die 5. Klas­se habe sie für das Schul­jahr 2008/2009 das Ange­bot „WaTrEx“ (Wan­dern, Träu­men, Expe­ri­men­tie­ren) erar­bei­tet. Debu­dey über­leg­te schließ­lich, wie die­ses Ange­bot in der 6. Klas­se fort­ge­setzt wer­den kön­ne. Ent­stan­den ist schließ­lich ein Kon­zept, bei dem vie­le kirch­li­che Stel­len (Bil­dungs­re­fe­ren­tin, Burg Feu­er­stein, Pfar­rei) an einem Strang ziehen.

„Wir wol­len die jun­gen Men­schen dort abho­len, wo sie einen Groß­teil ihres Lebens ver­brin­gen“, erläu­tert Hans-Die­ter Fran­ke, Haupt­ab­tei­lungs­lei­ter Schu­le und Reli­gi­ons­un­ter­richt beim Erz­bis­tum Bam­berg. Die Adal­bert-Stif­ter-Schu­le in Forch­heim habe so etwas wie eine Vor­rei­ter­rol­le. Um wei­te­re Model­le und Ideen ent­wickeln zu kön­nen, stell­te das Erz­bis­tum fast eine hal­be Mil­li­on Euro zur Ver­fü­gung. „Die Model­le dür­fen kein Ein­heits­brei sein, nur dann kann es funk­tio­nie­ren“, erläu­tert Fran­ke. Schließ­lich sei die Situa­ti­on in der Groß­stadt Nürn­berg ganz anders als bei­spiels­wei­se im Bam­ber­ger Umland.

Das Erz­bis­tum Bam­berg will nun an rund 20 gebun­de­nen Ganz­ta­ges­schu­len ab dem Schul­jahr 2010/2011 Ange­bo­te machen. Dass dies kein leich­tes Unter­fan­gen sein wer­de, des­sen ist sich Fran­ke durch­aus bewusst. „Die Kunst wird sein, dort anzu­set­zen, wo ent­spre­chen­de Bedürf­nis­se sind“. Der breit gefä­cher­te Modell­ver­such sei offen ange­legt, sag­te Franke.

Tho­mas Schnei­der, Refe­rent für Schul­pa­sto­ral im Erz­bis­tum Bam­berg sieht noch ande­re Ansät­ze. Die Reli­gi­ons­leh­rer, die in der Ganz­ta­ges­schu­le mit­ar­bei­ten, hät­ten in ihrer Schu­le noch ein­mal einen ganz ande­ren Stand. Außer­dem sieht Schnei­der das Ange­bot in der Ganz­ta­ges­schu­le als „dia­ko­ni­sche Grund­per­spek­ti­ve“. Im Unter­schied zum Reli­gi­ons­un­ter­richt neh­men in der gebun­de­nen Form der Ganz­ta­ges­schu­le alle Kin­der teil, also bei­spiels­wei­se auch Kon­fes­si­ons­lo­se, Evan­ge­li­sche oder Muslime.

Für die Adal­bert-Stif­ter-Schu­le ent­wickel­te Debu­dey ein Modul-Modell in sechs Tei­len. Sie nutz­te dabei das bereits bestehen­de per­so­nel­le Ange­bot des Erz­bis­tums Bam­berg und der katho­li­schen Kir­che in Forch­heim. So über­nah­men bei­spiels­wei­se die Stel­le „Natür­li­che Fami­li­en­pla­nung“ und das Jugend­amt des Erz­bis­tums Bam­berg gemein­sam die Sexu­al­erzie­hung und Sexualprävention.

Der 14-Jäh­ri­ge Tuna­han durf­te auf Burg Feu­er­stein als Erster in den Hoch­seil­gar­ten. Am Anfang, so gibt er zu, habe er schon Muf­fen­sausen gehabt, erin­nert sich Tuna­han, der von sei­nen Freun­den Toni genannt wird: „Nach einer Wei­le habe ich Mut von mei­nen Mit­schü­lern zuge­spro­chen bekom­men.“ Für Toni, war der Besuch im Hoch­seil­gar­ten einer der Höhe­punk­te im abge­lau­fe­nen Schuljahr.

Auch die Pfarr­ge­mein­de bekam die Mög­lich­keit ihre Ange­bo­te vor­zu­stel­len. Für die Schü­ler, die nicht dem katho­li­schen Glau­ben ange­hö­ren, war es mög­lich ein ande­res Ange­bot zu wäh­len. „Wir haben dar­über auch auf einem Eltern­abend infor­miert“, beton­te Schul­lei­te­rin Cor­du­la Hader­lein. Es sei­en kei­ner­lei Ein­wän­de gekommen.

Vie­le der Sechst­kläss­ler hät­ten nicht gewusst, wel­che Mög­lich­kei­ten es in der Pfarr­ge­mein­de gebe, erzähl­te Debu­dey. „Die­se Ein­heit habe ich sehr posi­tiv mit den mus­li­mi­schen Schü­lern erlebt. Es war sehr inter­es­sant, wie sie auch den Pfar­rer befragt haben. Sie inter­es­sier­ten sich auch für die Sakri­stei und für und wich­ti­ge Sym­bo­le. Es war eine sehr inter­es­san­te Zeit“, erin­ner­te sich Debudey.

Schul­lei­te­rin Cor­du­la Hader­lein ist dank­bar für die kirch­li­che Unter­stüt­zung, die sie bei der Orga­ni­sa­ti­on des Ganz­ta­ges­un­ter­richts erfährt. „Ein Ange­bot, wie es die Frau Debu­dey macht, passt da wun­der­bar rein. Dass man bewusst ein­mal den Blick auf etwas Ande­res rich­tet, weg von dem rei­nen Ler­nen und ganz bewusst auf den gan­zen Men­schen zu schau­en.“ Dies sei auch die Absicht der gebun­de­nen Ganz­ta­ges­schu­le, Ein­hei­ten mit Ler­nen und mit Ent­span­nung abzu­wech­seln, so Haderlein.

Pas­cal jeden­falls hat das Fach „Kirch­li­che Jugend­a­beit und Schu­le“ viel Spaß gemacht. Vor allem für das Klet­tern im Hoch­seil­gar­ten und den Besuch in der Höh­le konn­te er sich begei­stern. „Ich gebe für eine 2+ bis 1-“, mein­te der Zwölfjährige.