20. Deutsch-französischer Handwerkskammertag 17. und 18. Juni in Bordeaux

Innovationsförderung: neue Rolle des Handwerks – oberfränkisches Handwerk ist Vorbild

Oberfranken gilt bundesweit als Vorreiter, was Innovationsförderung betrifft. „In Oberfranken wurden die Weichen zur Förderung der Innovationsfähigkeit des Handwerks rechtzeitig gestellt“, so Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Deswegen wurde Oberfranken als Vorbildregion in das Tagungsprogramm des 20. Deutsch- Französischen Handwerkskammertag eingebracht.

„Die meisten denken beim Thema Innovation an die Großindustrie oder an Forschungseinrichtungen, dieses Bild entspricht schon lange nicht der Realität“, so HWK. Hauptgeschäftsführer Horst Eggers. Er nannte als Beleg dafür das Handwerkskammer- Projekt Weltklasse Oberfranken, an dem 21 international tätige Handwerksunternehmen aus Oberfranken teil genommen hatten. 7 dieser Handwerksunternehmen haben sich sogar in ihrem Marktsegment zum Weltmarktführer entwickelt, so Eggers und nannte als Beispiele die Unternehmen Müssel Maschinenbau Marktredwirt, Geiss aus Seßlach oder Salzbrenner Stagetec aus Buttenheim.

Beim Themenkreis Handwerk – Innovation geht es aber nicht nur um diese high- end- Stufe des Handwerks. Handwerksunternehmen haben auch im Wirtschaftsalltag eine große Bedeutung, was Innovation betrifft, so Eggers, und stellte den französischen und deutschen Tagungsteilnehmern die Ergebnisse der Studie der Prognos AG zur Innovationsfunktion des Handwerks in Deutschland vor. Das Ergebnis: Handwerksunternehmen sind Technologiemittler und spielen eine wesentliche Rolle bei der Verbreitung neuer Technologien. Neue Technologien aus der Industrie finden über das Handwerk zum Endkunden, was beispielsweise für die schnelle Verbreitung effizienter Energieeinsparlösungen von entscheidender Bedeutung ist, betonte Eggers. Letztendlich berät und empfiehlt der Handwerksbetrieb dem Kunden, welche Heiztechnologie und welche Energieeinsparungsmaßnahmen mit welcher Technologie am besten erreicht werden können. Eine weitere Innovationsfunktion des Handwerks: An der Schnittstelle zwischen Industrie und Anwender fungiert das Handwerk außerdem als Problemlöser, der passende und individuell auf den Kunden abgestimmte technische Lösungen realisiert, und vorhandene Technologien so modifiziert und weiter entwickelt, dass sie auch unter den spezifischen Einsatzbedingungen auch angewendet werden können.

Dies hatte auch Konsequenzen für die Entwicklung der Strategie der Handerkskammer zur Förderung der Innovationsfähigkeit des Handwerks, so Eggers. „In den 70er Jahren ging es uns darum, das Handwerk auf dem technischen Stand der Industrie zu halten. Sobald neue Automodelle auf den Markt kamen, wurden sie in unserer Kfz- Werkstatt für die Ausbildung und in unseren Meisterschulen als praktische Übungszwecke eingesetzt, dieses Prinzip galt und gilt bis heute für alle unsere Technologiefelder, von der Schweißtechnik über CAD- und CNC- Technik bis hin zum Multimediabereich.

Heute erkennen wir, und das spiegelt sich auch in der vorerst letzten Ausbaustufe unseres Kompetenzzentrums für Fertigungstechnik im Handwerk wider, dass es angesichts der Explosion der Informations- und Kommunikationstechnik und der immer schnelleren Entwicklung der Märkte nicht mehr nur um das reine Beherrschen der neuen Technologien geht. „Heute geht es um Management, um Problemlösungsfähigkeit, um das Denken in sehr komplexen Zusammenhängen und um die Fähigkeit zum Innovationsmanagement. Diese neuen Wissenszusammenhänge werden derzeit in unsere Lehrgänge integriert. Jüngstes Beispiel sind unsere blended- learning- Lehrgänge, unsere Kooperationsprojekte mit den Hochschulen, aber auch unser neuer Gebäudemanagement- Lehrgang, den wir in den nächsten Tagen der Presse vorstellen werden.“

Die Handwerksorganisation in Deutschland, so Eggers, unternimmt derzeit verstärkte Anstrengungen, mit qualifizierten Beratungs- und Informationsangeboten Handwerksbetriebe gezielt bei ihren Innovationsaktivitäten gezielt zu unterstützen. Mit dem Einsatz von so genannter Beauftragten für Innovation und Technologie, der Weiterentwicklung der Kompetenzzentren des Handwerks sowie dem Beratungs- und Informationssystem für Technologietransfer wurden hier konkrete Serviceangebote für das Handwerk geschaffen. Die Kompetenzzentren bilden untereinander und im Verbund mit den Innovationsberatern Netzwerke, die um Kooperationen mit Hoch- und Fachhochschulen, Prüflaboren, Wirtschaftsförderern, Transfereinrichtungen und Vermarktungsagenturen ergänzt werden.

„Wir müssen in Zukunft den Focus mehr auf die Förderung des Innovationsfähigkeit von Handwerk und Mittelstand richten“, so Eggers abschließend. Die Tatsache, dass das Handwerk eine entscheidende Rolle im Innovationsprozess spielt, erfordert eine andere und stärke Einbeziehung des Handwerks in die Innovationsförderung, Ansätze dazu gibt es bereits in Deutschland. Die Innovationsfähigkeit von Unternehmen und die Rahmenbedingungen unternehmerischer Tätigkeit stehen heute im Mittelpunkt der Diskussion der Wettbewerbsfähigkeit von Staaten. Das Handwerk leistet mit seiner Aus- und Weiterbildungsstruktur, seiner hohen Qualifikationsbasis und seiner Anwendungskompetenz einen wertvollen Beitrag zur Stärkung dieser Humankapitalbasis. Dies wird bis heute, auch bei der jüngsten OECD- Studie, massiv unterschätzt.“