Uni­ver­si­tät Bay­reuth: „Hauch­dünn wie ein Atom: Ein revo­lu­tio­nä­rer Halb­lei­ter für die Elektronik“

Symbolbild Bildung

Halb­lei­ter, so dünn wie ein Atom, sind kei­ne Zukunfts­mu­sik mehr. Der Bay­reu­ther Phy­si­ker Prof. Dr. Axel Enders hat gemein­sam mit US-ame­ri­ka­ni­schen und pol­ni­schen Part­nern ein zwei­di­men­sio­na­les Mate­ri­al ent­wickelt, das die Elek­tro­nik revo­lu­tio­nie­ren könn­te. Auf­grund sei­ner Halb­lei­ter-Eigen­schaf­ten könn­te es sich für High-Tech-Anwen­dun­gen weit­aus bes­ser eig­nen als Gra­phen, des­sen Ent­deckung im Jahr 2004 welt­weit als wis­sen­schaft­li­cher Durch­bruch gefei­ert wur­de. Das neue Mate­ri­al ent­hält Koh­len­stoff, Bor und Stick­stoff, der che­mi­sche Name lau­tet „Hexa­go­nal Boron-Car­bon-Nitro­gen (h‑BCN)“. In der Zeit­schrift „ACS Nano“ wird die neue Ent­wick­lung vorgestellt.

„Unse­re Ent­wick­lung kann der Aus­gangs­punkt für eine neue Gene­ra­ti­on elek­tro­ni­scher Tran­si­sto­ren, Schalt­krei­se und Sen­so­ren sein, die um ein Viel­fa­ches klei­ner und bieg­sa­mer sind als bis­he­ri­ge elek­tro­ni­sche Ele­men­te. Vor­aus­sicht­lich ermög­li­chen sie eine deut­li­che Sen­kung des Strom­ver­brauchs“, pro­gno­sti­ziert Prof. Enders und ver­weist auf die heu­te in der Elek­tro­nik domi­nie­ren­de CMOS-Tech­no­lo­gie. Die­ser Tech­no­lo­gie sei­en hin­sicht­lich einer wei­te­ren Minia­tu­ri­sie­rung kla­re Gren­zen gesetzt. „Um die­se Bar­rie­re zu über­schrei­ten, eig­net sich h‑BCN weit­aus bes­ser als Gra­phen, obwohl es genau­so struk­tu­riert ist wie Gra­phen“, meint der Bay­reu­ther Physiker.

Gra­phen ist ein Git­ter aus Koh­len­stoff­ato­men, die nur in der Flä­che – also nur in zwei Dimen­sio­nen – mit­ein­an­der ver­netzt sind. Das Git­ter ist daher genau­so dünn wie ein ein­zel­nes Atom. Als die­se Struk­tur nach ihrer Ent­deckung genau­er erforscht wur­de, löste vor allem ihre enor­me Sta­bi­li­tät welt­wei­te Begei­ste­rung aus. Gra­phen ist 100- bis 300-mal stär­ker als Stahl und zugleich ein her­vor­ra­gen­der Lei­ter für Wär­me und Elek­tri­zi­tät. Doch Elek­tro­nen flie­ßen bei jeder belie­bi­gen elek­tri­schen Span­nung unge­hin­dert hin­durch, so dass es kei­ne defi­nier­ten ‚Ein‘- und ‚Aus‘-Zustände gibt. „Des­halb ist Gra­phen für elek­tro­ni­sche Bau­tei­le unge­eig­net. Hier­für wer­den Halb­lei­ter benö­tigt, weil nur sie schalt­ba­re ‚Ein‘- und ‚Aus‘-Zustände gewähr­lei­sten“, erklärt Prof. Enders. Er hat­te daher die Idee, ein­zel­ne Koh­len­stoff­ato­me im Gra­phen durch Bor und Stick­stoff aus­zu­tau­schen – und zwar so, dass ein zwei­di­men­sio­na­les Git­ter mit den Eigen­schaf­ten eines Halb­lei­ters ent­steht. In einem Team mit Wis­sen­schaft­lern an der Uni­ver­si­ty of Lin­coln-Nebras­ka hat er die­ses Ziel nun ver­wirk­li­chen kön­nen. For­schungs­part­ner an der Uni­ver­si­tät Kra­kau sowie an der Sta­te Uni­ver­si­ty of New York, dem Bos­ton Col­lege und der Tufts Uni­ver­si­ty in Mas­sa­chu­setts haben eben­falls zu die­sem For­schungs­er­folg beigetragen.

Ver­öf­fent­li­chung:
Sumit Beni­wal, James Hoo­per, Dani­el P. Mil­ler, Pau­lo S. Costa, Gang Chen, Shih-Yuan Liu, Peter A. Dow­ben, E. Charles H. Sykes, Eva Zurek, Axel Enders,
Gra­phene-like Boron–Carbon–Nitrogen Monolayers,
ACS Nano (2017), DOI: 10.1021/acsnano.6b08136