Leser­brief: In Bam­berg der Nor­mal­fall! (Frän­ki­scher Tag vom 14. Februar)

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

Nahe­zu jeder Unfall wird durch Unacht­sam­keit oder Rück­sichts­lo­sig­keit ver­ur­sacht – die Geschwin­dig­keit spielt im Ver­kehr die bedeu­tend­ste Rol­le für Häu­fig­keit wie auch Schwe­re der Folgen.

„Es gibt kein Recht auf Tem­po 50“, stellt der Bam­ber­ger VCD-Vor­sit­zen­de zu Recht fest. „Die zuläs­si­ge Höchst­ge­schwin­dig­keit beträgt auch unter gün­stig­sten Umstän­den inner­halb geschlos­se­ner Ort­schaf­ten für alle Kraft­fahr­zeu­ge 50 km/​h“, heißt es näm­lich in der StVO (§3–3). All­ge­mei­ne Vor- und Rück­sicht (§1), Beach­tung aller rele­van­ten Umstän­de (§3–1), beson­de­re Sorg­falt gegen­über Schutz­be­dürf­ti­gen (§3–2), Sicher­heits­ab­stän­de (§4–1 und §5–4) sowie geson­der­te Anord­nung (u. a. Zei­chen 274, 274.1 und 325.1) erfor­dern häu­fig, lang­sa­mer zu fahren.

Die­se Vor­ga­ben schei­nen weit­ge­hend unbe­kannt – so tre­ten man­che aufs Gas, wo immer sich Gele­gen­heit bie­tet. Schickt sich jemand an, Ein­halt zu gebie­ten, sind die Beden­ken­trä­ger da, wit­tern „ein­sei­ti­ge Poli­tik kon­tra Auto­fah­rer“. „Dabei geht die Ver­kehrs­si­cher­heit aller Ver­kehrs­teil­neh­mer der Flüs­sig­keit des Ver­kehrs vor“, steht jedoch mit­nich­ten in einer neu­en, son­dern seit min­de­stens 2009 in der „All­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift zur StVO“. Über­dies läuft Ver­kehr flüs­si­ger, wenn die Geschwin­dig­kei­ten homo­gen sind. Hohe Spit­zen­wer­te ste­hen dem entgegen.

Daß Tem­po 30 in der Gau­stadter Haupt­stra­ße vor Gericht kipp­te, wur­de nicht mit der Mög­lich­keit schnel­le­ren Fah­rens begrün­det. Die ört­li­che Situa­ti­on offen­ba­re jedem Auto­fah­rer die Not­wen­dig­keit ver­hal­te­ner Geschwin­dig­keit. Ange­ord­net dürf­ten Beschrän­kun­gen lt. StVO nur wer­den, wenn eine Gefahr nicht deut­lich zu erken­nen sei – wirk­lich­keits­fremd, aber gel­ten­des Recht.

Die trotz Unfall­ri­si­kos, Lärms, Abgas­be­la­stung und ande­rer Fol­gen dem Auto­ver­kehr ein­ge­räum­ten Frei­hei­ten (gedul­de­tes Falsch­par­ken, man­geln­de Ver­kehrs­kon­trol­len u. a.) ste­hen in auf­fal­len­dem Kon­trast zur inten­si­ven Gän­ge­lung des Rad­ver­kehrs. Der wird noch immer auf unzu­rei­chen­de, viel­fach unzu­läs­si­ge Son­der­we­ge gezwun­gen – gegen gel­ten­des Recht im Ver­trau­en dar­auf, daß sich nie­mand der Tor­tur eines jah­re­lan­gen Instan­zen­wegs unter­wirft. Indes: Behör­den ver­lie­ren hier fast immer!

Letzt­lich zeigt der vor­lie­gen­de Dis­put deut­lich die Not­wen­dig­keit einer Redu­zie­rung inner­ört­li­cher Geschwin­dig­kei­ten auf – die bis­lang vor allem an den Auto­lob­by­isten in den Ver­kehrs­mi­ni­ste­ri­en scheitert.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig