Leser­brief: Bebau­ungs­plan 336N – süd­lich des Maler­vier­tels – hier: Anre­gun­gen und Bedenken

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

Nach­fol­gend erhal­ten Sie den Wort­laut mei­ner Stel­lung­nah­me zum Bebau­ungs­plan 336N (Auto­haus Sper­ber). Beson­de­res Augen­merk bit­te ich auf den fol­gen­den Sach­ver­halt zu richten:

Die Pla­nung beinhal­tet – neben der offen­sicht­li­chen öko­lo­gi­schen Frag­wür­dig­keit – gra­vie­ren­de Sicher­heits­ri­si­ken für den nicht moto­ri­sier­ten Ver­kehr im Bereich der vor­ge­se­he­nen Zufahr­ten. Doch die hier­zu im Zuge der früh­zei­ti­gen Bür­ger­be­tei­li­gung ein­ge­gan­ge­nen Anre­gun­gen wur­den in Gän­ze igno­riert:

  • Der von der Moos­stra­ße her­füh­ren­de Geh­weg ist deut­lich unter­ma­ßig vor­ge­se­hen. Weder das unbe­strit­ten hohe Fuß­gän­ger­auf­kom­men wird berück­sich­tigt noch sei­ne Zusam­men­set­zung (hoher Anteil schutz­be­dürf­ti­ger Personen).
  • Die beab­sich­tig­te neue Zufahrt vom Ber­li­ner Ring her (mit eige­nen Ver­flech­tungs­fahr­strei­fen) bedeu­tet eine hohe Gefähr­dung des bevor­rech­tigt (!) kreu­zen­den Fuß- und Rad­ver­kehrs. Die­se wird schlicht­weg ver­schwie­gen resp. geleug­net. (Gar dis­kri­mi­nie­rungs­freie) Maß­nah­men zur Gewähr­lei­stung der Ver­kehrs­si­cher­heit sind nicht vorgesehen.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig

Bebaungs­plan 336N – süd­lich des Maler­vier­tels (Auto­haus Sperber)
hier: Anre­gun­gen und Beden­ken (Betei­li­gung gemäß § 3–2 BauGB)

Vor­be­mer­kung

Die Nume­rie­rung bezieht sich auf die aus­ge­leg­te Begründung.

Zu 1. Anlaß der Planung

Zwar ist es ver­ständ­lich, daß die Stadt Bam­berg das Unter­neh­men in ihren Gren­zen hal­ten will. Den­noch gibt es für gren­zen­lo­se Eupho­rie kei­nen Grund:

  • Die Betriebs­ver­la­ge­rung schafft zunächst kei­ne neu­en Arbeits­plät­ze. Die aus Hall­stadt abge­zo­ge­nen Stel­len wer­den dort feh­len. Im Kon­kur­renz­kampf der Kom­mu­nen pro­fi­tiert Bam­berg zwar, volks­wirt­schaft­lich han­delt es sich indes um ein Null­sum­men­spiel, das zudem Spiel­raum für Ratio­na­li­sie­rung und damit Arbeits­platz­ab­bau bie­tet. Selbst ein spä­te­res Wachs­tum des Betriebs kann auf Grund des gesät­tig­ten Mark­tes allen­falls auf Kosten ande­rer erfol­gen. Offe­ne oder ver­steck­te Sub­ven­tio­nie­rung der Ansied­lung trü­ge daher auf Kosten des Steu­er­zah­lers zur Wett­be­werbs­ver­zer­rung bei.
  • Bam­berg erhöht sei­ne Abhän­gig­keit von der stark kon­junk­tur­be­ein­fluß­ten und lang­fri­stig wenig zukunfts­fä­hi­gen Auto­mo­bil­wirt­schaft. Zwar ver­su­chen der­zeit Poli­tik, Inter­es­sens­ver­bän­de und Medi­en nahe­zu gleich­ge­rich­tet, einen künst­li­chen Hype um das Elek­tro­au­to auf­zu­bau­en und die Not­wen­dig­keit einer Ver­kehrs­wen­de hin zum Umwelt­ver­bund tot­zu­schwei­gen. Doch die Sach­zwän­ge wer­den eines Tages obsie­gen – je spä­ter, desto schmerz­li­cher muß der erfor­der­li­che Umstieg aus­fal­len. Denn der Wech­sel der Antriebs­art läßt den Groß­teil der sozia­len und öko­lo­gi­schen Nega­tiv­fol­gen der bis­he­ri­gen Auto­vor­rang­po­li­tik unangetastet.
  • Die Ansied­lung wird mit dem Ver­lust eines zwar bereits als Bau­ge­biet aus­ge­wie­se­nen, der­zeit aber noch als Grün­flä­che mit ihren wich­ti­gen Teil­funk­tio­nen u. a. für Klein- und Stadt­kli­ma, Erho­lung und Wohn­qua­li­tät vor­han­de­nen Frei­raums erkauft. Der Flä­chen­be­darf liegt noch höher, als er wäh­rend der früh­zei­ti­gen Bür­ger­be­tei­li­gung im ver­gan­ge­nen Som­mer aus­ge­wie­sen war.
  • Die­ser Ver­lust fällt offen­sicht­lich höher aus als, funk­tio­nal betrach­tet, tat­säch­lich erfor­der­lich. Der Grund fin­det sich in rein image­be­grün­de­ten (cor­po­ra­te design) Gestal­tungs- und über­zo­ge­nen Flä­chen­an­sprü­chen, letz­te­re vor allem für zum Ver­kauf ste­hen­de Fahr­zeu­ge. „Die Scho­nung aller Res­sour­cen und der Natur steht dabei …“ eben nicht „… an erster Stelle.“
  • Die, im Grun­de genom­men, eigent­lich posi­ti­ven öko­lo­gi­schen Maß­nah­men, wel­che im Bereich der Ener­gie und im Umgang mit Nie­der­schlags­was­ser vor­ge­se­hen sind, erschei­nen vor die­sem Hin­ter­grund als Ali­bi, das von den Umwelt­aus­wir­kun­gen nicht nur der Pla­nung selbst, son­dern auch des zu ver­trei­ben­den Pro­dukts ablen­ken soll. Dar­an ändert auch nichts, daß Öko­lo­gie und Nach­hal­tig­keit allein auf den knapp zwei­ein­halb Text­sei­ten die­ses Abschnitts vier­mal beschwo­ren werden.

Zu 3.3.1 Verkehrserschließung

gefähr­lich schma­ler Gehweg

„Der bereits vor­han­de­ne inten­si­ve … Fuß­gän­ger­ver­kehr über das Plan­ge­biet wird umfang­reich berück­sich­tigt“? Der von der Ohm­stra­ße her­vor­ge­se­he­ne „Erschlie­ßungs­stich“ sieht einen Geh­weg von ledig­lich 1,5 m Brei­te vor. „Für den unbe­hin­der­ten Ver­kehr von Fuß­gän­gern gege­be­nen­falls mit Kin­der­wa­gen oder Roll­stuhl­fah­rern auch im Begeg­nungs­ver­kehr“ (All­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift zur Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung – VwV-StVO) erscheint dies arg knapp. Da die Ver­bin­dung auch künf­tig eini­ge Bedeu­tung für die nahe­ge­le­ge­nen Wohn­ge­bie­te, Frei­zeit­ein­rich­tun­gen (Fit­neß­stu­dio, Frei­flä­chen, …), Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten (Bio­markt, …), Schu­le, Lebens­hil­fe etc. besit­zen wird, wäre wenig­stens auf das Min­dest­maß von 2,20 m abzu­stel­len, das aus den Richt­li­ni­en für die Anla­ge von Stadt­stra­ßen (RASt06) abge­lei­tet wer­den muß.

Dies zu rea­li­sie­ren, wäre ohne Ver­än­de­rung des vor­ge­se­he­nen Gesamt­quer­schnitts mög­lich: Die maxi­ma­le Brei­te eines Kraft­fahr­zeugs beträgt 2,55 m, so daß eine Fahr­bahn­brei­te von 5,60 m selbst den Gegen­ver­kehr von Last­kraft­wa­gen und Omni­bus­sen ermög­lich­te. Die noch feh­len­den 30 cm kön­nen dem vor­ge­se­he­nen Quer­schnitt des Ban­ketts ent­nom­men wer­den. Es gibt kei­nen zwin­gen­den Grund, bei der Flä­chen­auf­tei­lung den fuß­läu­fi­gen Ver­kehr zu dis­kri­mi­nie­ren – zumal er einen hohen Anteil schutz­be­dürf­ti­ger Per­so­nen auf­weist. Selbst die in der Begrün­dung dar­ge­stell­te Abbil­dung 21 weist unter Beru­fung auf die RASt06 einen Fahr­bahn­quer­schnitt von ledig­lich 5,50 m aus.

neue Gefah­ren­quel­le

Die Geh- und Rad­we­ge ent­lang des Ber­li­ner Rings genü­gen bereits jetzt nicht den Kri­te­ri­en, wel­che bei Neu- oder wesent­li­chem Umbau zwin­gend zu beach­ten wären (ERA 2010 für den Rad­weg, RASt06 für den Geh­steig). In Teil­be­rei­chen sind nicht ein­mal die für den bereits bis Sep­tem­ber 1997 vor­han­de­nen Bestand gel­ten­den Min­dest­an­for­de­run­gen der VwV-StVO erfüllt. Die ange­ord­ne­te Rad­weg­be­nut­zungs­pflicht steht daher recht­lich auf schwan­ken­dem Fun­da­ment. Ver­schie­de­ne Ober­lan­des­ge­rich­te haben längst fest­ge­stellt: Den Ver­kehrs- und Stra­ßen­bau­hör­den ist nach dem Wil­len des Ver­ord­nungs­ge­bers expli­zit ver­wehrt, unter Beru­fung auf feh­len­de bau­li­che Alter­na­ti­ven Benut­zungs­pflicht auf unzu­rei­chen­den Wegen anzu­ord­nen – selbst dann, wenn siche­re und regel­kon­for­me Rad­we­ge geeig­net wären, eine objek­tiv gege­be­ne Gefah­ren­la­ge zu entschärfen.

Die Anla­ge einer neu­en Rechts­ab­bie­ge­spur für vom Ber­li­ner Ring kom­men­de Kraft­fahr­zeu­ge gene­riert zwei neue Gefah­ren­quel­len für die Benut­zer des Rad­wegs und des Geh­steigs: Ohne deut­lich mar­kier­ten oder bau­lich gestal­te­ten Sei­ten­ab­stand wer­den Kraft­fah­rer ver­lei­tet, ohne aus­rei­chen­de Sicher­heits­di­stanz an den nicht moto­ri­sier­ten Ver­kehrs­teil­neh­mern vor­bei­zu­fah­ren. Bei Que­rung wer­den vie­le den Vor­rang der Fuß­gän­ger und Rad­fah­rer miß­ach­ten – teils aus Unacht­sam­keit, teils aus Unkennt­nis der Ver­kehrs­re­geln bzw. unter vor­sätz­li­cher Miß­ach­tung („ein­ge­bau­te Vor­fahrt“). „Mit dem Bau eines sepa­ra­ten Rechts­ab­bie­ge­strei­fen wird die Sicher­heit und Leich­tig­keit des Ver­kehrs auf dem Ber­li­ner Ring …“ sehr wohl „… gestört oder beein­träch­tigt“ – näm­lich die des unmo­to­ri­sier­ten Teils desselben!

Somit ist unver­zicht­bar, die Ein­hal­tung des Sei­ten­ab­stands stra­ßen­bau­tech­nisch sicher­zu­stel­len, ohne die Quer­schnit­te von Geh­steig und Rad­weg zu ver­rin­gern. Für die Que­rung ist eine deut­lich erkenn­ba­re Rege­lung mit­tels Zei­chens 206 („Halt – Vor­fahrt gewäh­ren!“) für den abbie­gen­den Kraft­ver­kehr oder eine den unmo­to­ri­sier­ten Ver­kehr nicht dis­kri­mi­nie­ren­de Licht­si­gnal­an­la­ge erfor­der­lich. Zei­chen 205 gäbe ledig­lich das ohne­hin gel­ten­de Recht wie­der und wäre dem­nach unzu­läs­sig: Denn „Ver­kehrs­zei­chen, die ledig­lich die gesetz­li­che Rege­lung wie­der­ge­ben, sind nicht anzu­ord­nen“ (VwV-StVO). Zudem genüg­te es nicht, die erfor­der­li­che Auf­merk­sam­keit zu erwecken.

Über­dies besteht kei­ne Not­wen­dig­keit, Geh- und Rad­weg ganz auf das Fahr­bahn­ni­veau des Ber­li­ner Rings abzu­sen­ken. Es ist aner­kann­ter Stand der Stra­ßen­bau­tech­nik, die Wege des unmo­to­ri­sier­ten Ver­kehrs durch­ge­hend auf gegen­über der Grund­stücks­zu­fahrt oder unter­ge­ord­ne­ten Ein­mün­dung leicht erhöh­tem Niveau zu füh­ren, um ein vor­sich­ti­ges Über­fah­ren des war­te­pflich­ti­gen que­ren­den Kraft­fahr­zeug­ver­kehrs zu gewähr­lei­sten. Zusam­men mit Zei­chen 206 wird so auch das Risi­ko durch Kraft­fah­rer, die in den Ber­li­ner Ring ein­fah­ren wol­len, ver­rin­gert. Denn die­se hal­ten sonst in den aller­mei­sten Fäl­len erst am Fahr­bahn­rand, quer über (Geh- und) Rad­weg, an und wer­fen auch erst dann einen Blick zur Seite.

Ob es aber über­haupt statt­haft ist, die „Anbau­frei­heit“ des Ber­li­ner Rings auf­zu­ge­ben, muß hin­ter­fragt wer­den. Da die „Strom­tank­stel­le“ ledig­lich „Begleit­mu­sik“ dar­stellt, erscheint die die in Fra­ge ste­hen­de Zuläs­sig­keit her­stel­len­de Begrün­dung, sie die­ne qua­si der öffent­li­chen Ver­sor­gung, arg gekün­stelt. Glaub­wür­dig wäre sie ohne­hin nur, dien­te die Zu- und Abfahrt aus­schließ­lich der Erreich­bar­keit der Ladestation.

über­trie­be­ner Flächenbedarf

Sämt­li­che Park­stän­de sol­len 3 m breit sein, für Pkw arg über­di­men­sio­niert. Glei­ches gilt für die 8 m breit vor­ge­se­he­nen Fahr­gas­sen. Schon hier zei­gen sich Mög­lich­kei­ten, den Flä­chen­ver­brauch merk­lich einzuschränken.

Zu 3.3.5 ÖPNV

Es ist bezeich­nend, daß der öffent­li­che Per­so­nen­ver­kehr nicht im Zusam­men­hang mit der ver­kehr­li­chen Erschlie­ßung dar­ge­stellt, son­dern zwi­schen Gas­ver­sor­gung und Grün­ord­nung zu fin­den ist. Der Lini­en­bus wird augen­schein­lich nicht als rele­van­tes Ele­ment der Mobi­li­tät, son­dern als Neben­pro­dukt eines stadt­ei­ge­nen Ver­sor­gungs­un­ter­neh­mens ein­ge­stuft. Ken­ner (nicht nur) der Bam­ber­ger Kom­mu­nal­po­li­tik sind wenig überrascht.

Gestützt wird die­se Ein­schät­zung der städ­ti­schen Sicht­wei­se durch die resi­gnie­ren­de Aus­sa­ge: „Der Bedarf für eine aus­rei­chen­de Erschlie­ßung mit Nah­ver­kehrs­an­ge­bo­ten wird ange­sichts der Nut­zungs­struk­tur eines Auto­hau­ses eher gering ein­ge­schätzt, zumal das Auto­haus einen Hol- und Bring­ser­vice für sei­ne Kun­den anbietet.“

Tat­säch­lich erge­ben Erhe­bun­gen der letz­ten Jah­re einen zuneh­men­den Anteil der Auto­fah­rer, die aus­sa­gen, sie wür­den gern – zumin­dest für man­che Wege­zwecke – auf ande­re Ver­kehrs­mit­tel umstei­gen, exi­stier­te nur ein ent­spre­chen­des Ange­bot. Daß neben der Viel­zahl unbe­streit­ba­rer Män­gel und Defi­zi­te durch­aus viel Unkennt­nis bezüg­lich der ver­füg­ba­ren Alter­na­ti­ven herrscht, ist seit Jahr­zehn­ten bekannt. Für bei­des tra­gen Poli­tik, Ver­kehrs- und Stra­ßen­bau­be­hör­den sowie Ver­kehrs­be­trie­be die Ver­ant­wor­tung, der sie sich indes weit­ge­hend zu ent­zie­hen versuchen.

Aus­sa­gen wie die aus der Begrün­dung zitier­te bele­gen: Die Ver­ant­wort­li­chen haben gar kein Inter­es­se, eine Ver­hal­tens­än­de­rung zu bewir­ken. Sie sind fest dem „Auto­vor­rang“ verhaftet.

Schluß­an­mer­kun­gen

Die Zwangs­la­ge der Stadt Bam­berg bezüg­lich etwa­iger Gewer­be­steu­er­ein­nah­men kann nicht über­se­hen wer­den. Lang­fri­stig nutzt die Ansied­lung weder der Volks­wirt­schaft noch der Zukunftsfähigkeit.

Der Flä­chen­be­darf muß drin­gendst redu­ziert wer­den. Neben der pro­blem­lo­sen Ver­klei­ne­rung der Stell­plät­ze und Fahr­area­le ist im Gebäu­de­be­reich an mehr Mehr­stöckig­keit zu denken.

Die Belan­ge des nicht moto­ri­sier­ten Ver­kehrs (von der Ohm­stra­ße her des fuß­läu­fi­gen, am Ber­li­ner Ring zusätz­lich der Rad­fah­rer) hin­sicht­lich Leich­tig­keit und Sicher­heit (!) sind, die im Zuge der früh­zei­ti­gen Bür­ger­be­tei­li­gung ein­ge­gan­ge­nen Anre­gun­gen in Gän­ze igno­rie­rend, bis­lang nicht berück­sich­tigt. Nach­bes­se­rung ist unverzichtbar.

Wolf­gang Bönig