GAL-Stand­punkt zum Kreis­wehr­ersatz­amt Bamberg

Auf unöko­lo­gi­schem Zick­zack-Kurs in die ver­kehrs­po­li­ti­sche Vergangenheit

Der CSU-Vor­schlag, das Kreis­wehr­ersatz­amt abzu­rei­ßen und eine Tief­ga­ra­ge zu bau­en, stellt Nach­hal­tig­keit auf den Kopf und beweist Popu­lis­mus-Sucht. Dabei wur­den aber die rele­van­ten Fra­gen zum Bür­ger­rat­haus in der jet­zi­gen Debat­te noch nicht gestellt.

Stand­punkt

Für das neue Bür­ger­rat­haus beim ZOB will die CSU neu­er­dings das Gebäu­de des ehe­ma­li­gen Kreis­wehr­ersatz­amts abrei­ßen, dar­un­ter eine Tief­ga­ra­ge anle­gen und dann einen Neu­bau errich­ten. Mit einem Dring­lich­keits­an­trag im Feri­en­se­nat erreich­ten die CSU-Stadträt*innen den Beschluss, den bis dahin auch von ihnen getra­ge­nen Bür­ger­rat­haus-Plan zu stop­pen. Inzwi­schen hob die Bezirks­re­gie­rung die­sen Beschluss man­gels Dring­lich­keit jedoch wie­der auf. Der Antrag wird nun im nor­ma­len Ver­fah­ren im Stadt­rat behan­delt und abge­stimmt. Aus dem Vor­stoß der CSU, der klar in erster Linie auf Auf­merk­sam­keit und Öffent­lich­keit zielt, ist eine Debat­te entstanden.

Hier die Ein­schät­zung der GAL:

1. Die CSU bringt ver­kehrs­po­li­tisch ver­staub­te Vor­stel­lun­gen von vorgestern.

Die CSU argu­men­tiert, dass ein Bür­ger­rat­haus Tief­ga­ra­gen­plät­ze braucht, und fällt damit in die ver­kehrs­po­li­ti­sche Stein­zeit der 60er Jah­re zurück. Tat­säch­lich ist der bestens bedien­te ZOB einen Stein­wurf ent­fernt. Gleich um die Ecke liegt das Park­haus Schüt­zen­ga­ra­ge. Ins­ge­samt ste­hen in einem 900-Meter-Radi­us rund um den nahen Max­platz über 4000 öffent­li­che Stell­plät­ze zur Ver­fü­gung. Sogar die Bür­ger­be­tei­li­gung im Rah­men der aktu­el­len Fort­schrei­bung des Ver­kehrs­ent­wick­lungs­plans hat kei­ner­lei Bür­ger­ein­ga­ben erbracht, die mehr Park­plät­ze in der Innen­stadt for­dern wür­den. Woll­te man eine zukunfts­wei­sen­de ver­kehrs­po­li­ti­sche For­de­rung mit dem Bür­ger­rat­haus ver­bin­den, wäre es eher ein attrak­ti­ves Fahr­rad­park­haus in der Innen­stadt, denn an umwelt­freund­li­chen Fahr­rad­stell­plät­zen fehlt es tat­säch­lich. Zukunfts­ori­en­tiert wäre es auch, den ÖPNV in der Regi­on zu stär­ken, z.B. mit der Ein­rich­tung des Regio­na­len Omni­bus­bahn­ho­fes und einer Mobi­li­täts­dreh­schei­be am Bahnhof.
(Einen Kom­men­tar von GAL-Vor­stands­mit­glied Chri­sti­an Hader aus ver­kehrs­po­li­ti­scher Sicht lesen sie Öff­net exter­nen Link in neu­em Fensterhier.)

2. Der CSU-Vor­schlag ver­schwen­det Res­sour­cen und ist damit nicht ökologisch.

Das Kreis­wehr­ersatz­amt ist eine brauch­ba­re und sanie­rungs­fä­hi­ge Bau­mas­se, so genann­te „graue Ener­gie“. Es ist ein Amts­ge­bäu­de, das für genau den Zweck eines Bür­ger­rat­hau­ses gut geeig­net ist. Die Sanie­rungs­ko­sten wer­den grob auf ca. 8 Mio Euro geschätzt. Der Abriss eines so gro­ßen nutz­ba­ren Gebäu­des wäre also nicht nur eine öko­lo­gi­sche Res­sour­cen­ver­nich­tung, son­dern auch eine Ver­schwen­dung von Gemein­wer­ten und Steu­er­gel­dern. Über die Archi­tek­tur mag man sich strei­ten, einen Schand­fleck stellt sie nicht dar, son­dern ist ein eher schlich­ter archi­tek­to­ni­scher Aus­druck ihrer Zeit. Wer hier Ver­bes­se­run­gen will, muss nicht gleich mit der Abriss­bir­ne kom­men, son­dern kann einen Wett­be­werb für Kunst am Bau ausschreiben.

3. Nichts ist ver­läss­li­cher als der Zick­zack-Kurs der CSU.

Die Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit wird mehr und mehr zum cha­rak­te­ri­stisch­sten Ele­ment der Bam­ber­ger CSU-Poli­tik. Da wird flott ent­schie­den, erst danach über­legt, das aber auch nicht gemein­sam und abge­stimmt, son­dern schnell wie­der hier­hin umge­dacht und dort­hin zurück­ge­nom­men. Heu­te so – mor­gen anders – CSU-Poli­tik ist unbe­re­chen­bar und wird getrie­ben von popu­li­sti­schen Blitz-Impul­sen und irra­tio­na­len Schnaps­ideen. Bedau­er­lich aller­dings, dass sich – wie in die­sem Fall – sogar noch ande­re Frak­tio­nen davon anstecken lassen.

4. Das Bür­ger­rat­haus steht trotz­dem – auch aus GAL-Sicht – noch auf dem Prüfstand.

Im Som­mer 2015 fand der Kauf des Gebäu­des ein­hel­li­ge Zustim­mung im Stadt­rat, weil die Visi­on eines Bür­ger­rat­hau­ses an die­ser Stel­le von allen Frak­tio­nen getra­gen wur­de und auch die Kauf­sum­me mit 2,25 Mio Euro aus­ge­spro­chen gün­stig war (dazu der Öff­net exter­nen Link in neu­em Fen­ster­gaz­net-Bericht). Inzwi­schen hat man die Bewer­bung um För­der­mit­tel aus dem Kom­mu­na­len Inve­sti­ti­ons­pro­gramm des Bun­des auf den Weg gebracht und gute Aus­sich­ten (ein Bescheid liegt noch nicht vor), und erste Pla­nungs­lei­stun­gen für Vor­un­ter­su­chun­gen wur­den ver­ge­ben. Was aber immer noch aus­steht und Vor­aus­set­zung dafür ist, dass aus der Grund­satz­ent­schei­dung für ein Bür­ger­rat­haus ein defi­ni­ti­ver Start­schuss wird, ist ein Kon­zept mit Anga­ben aller Kosten. Bevor das nicht vor­liegt und über­zeugt, ist das Bür­ger­rat­haus kei­nes­wegs in trocke­nen Tüchern.

Denn es gibt noch eini­ge offe­ne Fragen:

  • Wel­che Sanie­rungs­ko­sten kom­men auf die Stadt zu?
  • Wel­che Ämter sol­len ins künf­ti­ge Bür­ger­rat­haus umzie­hen (Par­ti­zi­pa­ti­on der Beschäf­tig­ten bei der Pla­nung und bür­ger­freund­li­ches Kon­zept) und wel­che Raum- und Finanz-Ein­spa­run­gen sind dadurch an ande­rer Stel­le möglich?
  • Mit wel­chen Fol­ge­ko­sten (gera­de auch ener­ge­tisch) ist in dem Gebäu­de zu rechnen?

OB Star­ke hat also noch alle Hän­de voll zu tun, um eine Visi­on wahr wer­den zu las­sen. Sub­stan­zi­ell gese­hen ist das Stör­feu­er der CSU also nur eine skur­ri­le Randerscheinung.