GAL mach­te Rad­tour zur moder­nen Archi­tek­tur in Bamberg

Die Gruppe bei der Neuapostolischen Kirche

Die Grup­pe bei der Neu­apo­sto­li­schen Kirche

Bau­ge­neh­mi­gung ist kein Schönheitszertifikat

GAL-Rad­tour stell­te die Fra­ge: „Neue Archi­tek­tur in Bam­berg – Zum Hin- oder Davonradeln?“

„Ich gehe jetzt tat­säch­lich mit einem ande­ren Blick durch die Stadt“, mein­te eine Teil­neh­me­rin am Ende der Rad­tour im Rah­men des GAL-Feri­en­pro­gramms SOM­MER­GRÜN, das sich mit Archi­tek­tur der Gegen­wart in Bam­berg beschäf­tig­te. Aus­ge­sucht hat­te die Sta­tio­nen GAL-Stadt­rä­tin und Archi­tek­tin Ursu­la Sowa. Vor Ort ver­such­te sie mit fach­li­chen Erklä­run­gen der jewei­li­gen Archi­tek­tur­spra­che die Bau­ten auf­zu­schlüs­seln und ein­zu­ord­nen, sowohl kri­ti­sie­rend als lobend.

Neu war den mei­sten der 12 Teil­neh­men­den, dass für die Bau­ge­neh­mi­gung die Ästhe­tik eines Baus kei­ner­lei Rol­le spielt. „Bei der Stadt­ver­wal­tung, im Bau­se­nat und sogar in der Denk­mal­pfle­ge geht es nur dar­um, dass sich ein Bau­vor­ha­ben an die Vor­ga­ben des Bebau­ungs­plans hält und städ­te­bau­lich ein­fügt“, erklär­te Ursu­la Sowa. Ledig­lich der Stadt­ge­stal­tungs­bei­rat, den es aber erst seit 15 Jah­ren gibt, beur­tei­le Archi­tek­tur nach ästhe­ti­schen und gestal­te­ri­schen Gesichts­punk­ten. „Der Bei­rat ist mit hoch­ka­rä­ti­gen Fach­leu­ten besetzt und lie­fert dem Stadt­rat eine gute Exper­ti­se, die aber lei­der nicht immer geschätzt wird“, wuss­te die Stadt­rä­tin zu berichten.

Damit war sie bereits mit­ten im Kon­flikt­feld des Pro­jekts, das die mei­sten der Rad­tour-Teil­neh­men­den inter­es­sier­te: Die Plä­ne für die Unte­ren Müh­len. Sowa sprach sich für neue moder­ne Archi­tek­tur in der alten Umge­bung aus, teil­te aber die vom Stadt­ge­stal­tungs­bei­rat geäu­ßer­ten Kri­tik­punk­te: „Wer im Welt­kul­tur­er­be baut, soll­te Vor­han­de­nes aus der Umge­bung auf­neh­men, sich bestehen­de Archi­tek­tur­spra­che aneig­nen und zitie­ren. Das ist hier nicht gesche­hen, der geplan­te Bau ist etwas völ­lig Eigen­stän­di­ges und hat ledig­lich das Ziel, die bau­recht­li­chen Begren­zun­gen voll auszureizen.“

Die Fach­frau erklär­te, dass das Gebäu­de mit einer ein­zi­gen First­hö­he arbei­te, obwohl das gar nicht zu der ver­win­kel­ten Grund­flä­che pas­se und obwohl auch der B‑Plan eigent­lich drei Bau­kör­per vor­se­he. „So ent­steht ein über­all gleich hoher Klotz mit selt­sa­men unor­ga­ni­schen Dach­nei­gun­gen.“ Nach Sowas Mei­nung hät­te die­se Stel­le mit­ten im Welt­erbe es ver­dient, dass mehr um Schön­heit und Archi­tek­tur gerun­gen wird – „doch der Stadt­ge­stal­tungs­bei­rat wur­de irgend­wann nicht mehr ein­be­zo­gen.“ Jetzt wol­le man ein­fach nur fer­tig wer­den und schla­ge kost­ba­re Rat­schlä­ge in den Wind – koste es, was es wolle.

Dass eine maxi­ma­le Kubik­me­ter-Zahl – und damit größ­te Ren­di­te – ober­ste Vor­ga­be für die Archi­tek­tur sein kann und sich dann lei­der oft auch durch­setzt, ohne ästhe­ti­sche Dis­kus­si­on, mach­te Sowa am Bei­spiel des Anbaus der Stadt­spar­kas­se am Schön­leins­platz deut­lich, eben­so wie am Ärz­te­haus an der Luit­pold­brücke oder am Atri­um beim Bahnhof.

Gelun­ge­ne moder­ne Archi­tek­tur führ­te die Grü­nen-Poli­ti­ke­rin jedoch eben­so vor: Etwa die Uni-Biblio­thek im Bur­gers­hof (beim Heu­markt) mit ihrer zurück­hal­ten­den in sich gekipp­ten Lamel­len-Glas­fas­sa­de, oder ihr Gegen­über, ein och­sen­blut­ro­tes Fakul­täts­ge­bäu­de, das bis zum Kra­nen reicht und mit einer hand­werk­lich auf­wän­di­ge Fas­sa­den­ober­flä­che beein­druckt, die histo­ri­sche Bam­ber­ger Back­stein­fas­sa­den mit Putz kombiniert.

Ein kaum beach­te­tes Klein­od der Gegen­warts­ar­chi­tek­tur ist laut Sowa der Neu­bau der Neu­apo­sto­li­schen Kir­che am Mann­le­hen­weg (bei der Arbeits­agen­tur), „end­lich mal anspruchs­vol­le moder­ne Archi­tek­tur für Bam­berg-Ost“. Es vari­iert mit einer Abfol­ge aus Pult- und Flach­dach und setzt Putz- und Klin­ker-Fas­sa­de mit spe­zi­el­ler Ver­le­ge­tech­nik und in zurück­ge­nom­me­nen Far­ben gekonnt neben­ein­an­der. „Ein unauf­dring­li­ches und zugleich ele­gan­tes Gebäu­de“, so Sowa.