Arti­kel­se­rie: Ener­gie­wen­de ja – aber wie? 56: Ener­gie­wen­de durch Druck von unten – Der baye­ri­sche König Kunde

Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Goli­ath Pol­der­mo­len. Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Im letz­ten Kapi­tel hat­ten wir die Strom­an­bie­ter bespro­chen, die bun­des­weit ech­ten Öko­strom anbie­ten. Seit 2015 gibt es auch einen baye­ri­schen ech­ten Öko­strom­an­bie­ter, den Bava­ria­strom (https://​www​.bava​ria​strom​.de) eine Initia­ti­ve der Bür­ger­en­er­gie Bay­ern e.V. (www​.buer​ger​en​er​gie​-bay​ern​.org) in Zusam­men­ar­beit mit dem Grün­strom­werk (https://​www​.gruen​strom​werk​.de). Um die Bedeu­tung eines sol­chen Anbie­ters bes­ser ein­zu­schät­zen: ein kur­zer Rück­blick (Kapi­tel 39 – 41) auf die baye­ri­sche Situa­ti­on nach Abschal­tung der letz­ten Kern­kraft­wer­ke. Bay­ern wird dann zum Strom­im­port­land. Das Defi­zit beträgt rund 30% des der­zei­ti­gen Strom­be­dar­fes. Um die­se Lücke zu schlie­ßen ist ein Bün­del von Maß­nah­men notwendig:

  1. weni­ger Strom ver­brau­chen (s.a. Kapi­tel 48 bis 52),
  2. mehr Strom aus loka­len erneu­er­ba­ren Quel­len erzeugen,
  3. Strom aus nörd­li­che­ren Bun­des­län­dern beziehen.

Punkt 2 ist z.Z. zumin­dest frag­wür­dig, in wel­chem Aus­maß dies in Bay­ern noch mög­lich ist. Die Was­ser­kraft ist weit­ge­hend aus­ge­schöpft. Der noch mög­li­che Aus­bau der Wind­kraft ist durch die 10h-Rege­lung prak­tisch abge­würgt. Groß­flä­chi­ge Solar­an­la­gen und die Bio­en­er­gie haben auch „Neben­wir­kun­gen“, und erfor­dern eine sorg­fäl­ti­ge Nut­zen-Scha­den-Abwä­gung. Die geplan­ten Ver­än­de­run­gen des EEG wer­den hier­für vor­aus­sicht­lich enge­re Gren­zen set­zen. Hier­zu mehr in spä­te­ren Artikeln.

Punkt 3, die Deckung des kom­plet­ten Defi­zits durch Importe/​Zukäufe, erfor­dert neue Strom­tras­sen (s.a. Kapi­tel 40), gegen die es eben­falls erheb­li­che Wider­stän­de gibt. Ide­al wäre es, mit einer Kom­bi­na­ti­on aus 1 und 2 die Ener­gie­lücke soweit zu schlie­ßen, dass kei­ne Impor­te nötig sind. Zumin­dest aber soweit, dass die vor­han­de­nen Strom­tras­sen, die heu­te den baye­ri­schen Strom­ex­port abwickeln, aus­rei­chend sind.

Wich­tig ist vor allem, dass der in Bay­ern erzeug­te Öko­strom auch tat­säch­lich direkt in Bay­ern ver­mark­tet wird. Andern­falls fließt er in das bun­des­wei­te Über­tra­gungs­netz der gro­ßen Ener­gie­ver­sor­ger, wird über die Strom­bör­se ver­mark­tet und kommt dann als „Grau­s­trom“ nach Bay­ern zurück. Hier liegt die Bedeu­tung von bavariastrom.

Das beson­de­re die­ser Initia­ti­ve der Bür­ger­en­er­gie Bay­ern e.V. liegt dar­in, dass es zum ersten Mal mög­lich ist, Öko-Strom direkt aus baye­ri­schen Bür­ger­kraft­wer­ken zu bezie­hen. Die­ser Anteil beträgt 25%, die rest­li­chen 75% stam­men aus baye­ri­scher Was­ser­kraft. Die­ses Ange­bot ist kom­plett kon­zern­un­ab­hän­gig und hat kei­ner­lei Ver­flech­tun­gen zur Atom- und Koh­le­wirt­schaft. Es unter­wirft sich der Zer­ti­fi­zie­rung des TÜV Rhein­land (http://​bit​.ly/​1​r​w​i​utX) und nimmt nicht am RECS-Zer­ti­fi­ka­te-Han­del teil.
Der Ver­kauf erfolgt an die Strom­kun­den ohne Umweg über die Strom­bör­se (des­halb kei­ne staat­li­che För­de­rung (Ein­spei­se­ver­gü­tung) aber auch kei­ne EE-Umla­ge) – und durch die­sen Direkt­ver­trieb kei­ne Nut­zung des Über­tra­gungs­net­zes, d.h., hier­für auch kei­ne Netz­ge­büh­ren. Genutzt wer­den nur die regio­na­len Ver­tei­ler­net­ze. Die­ses Ange­bot ent­spricht der im EEG vor­ge­se­he­nen „Direkt­ver­mark­tung“, ist des­halb aut­ark und unab­hän­gig von staat­li­cher Bevormundung.

Wie bei den ande­ren bun­des­weit täti­gen ech­ten Öko-Strom­ver­sor­ger auch, wird mit den Erträ­gen aus dem Strom­ge­schäft die wei­te­re Ent­wick­lung der erneu­er­ba­ren Ener­gien geför­dert. In die­sem Fall jedoch kon­zen­triert auf die regio­na­len Pro­jek­te der vie­len Bür­ger-Ener­gie-Ver­ei­ne und –Genos­sen­schaf­ten in Bay­ern. Dies för­dert die Dezen­tra­li­sie­rung des baye­ri­schen Ener­gie­mark­tes und unter­stützt ein wesent­li­ches Ziel die­ser Orga­ni­sa­tio­nen: Die Mit­tel für den Aus­bau sol­len aus der Regi­on kom­men und die Erträ­ge auch wie­der der Regi­on der jewei­li­gen Strom­kun­den zugutekommen.

In fol­gen­den Kapi­teln betrach­ten wir wei­te­re Mög­lich­kei­ten für den Punkt 2: Strom aus loka­len erneu­er­ba­ren Quel­len für den Eigenbedarf.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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