Bam­ber­ger BWL-Pro­fes­sor Andre­as Oeh­ler stellt The­sen zu Crowd­fun­ding vor

Symbolbild Bildung

„Schwarm­fi­nan­zie­rung braucht kla­re Regeln, um Anle­ger zu schützen“

Schwarm­fi­nan­zie­rung, eng­lisch Crowd­fun­ding, liegt im Trend. Die Zin­sen sind momen­tan nied­rig, Crowd­fun­ding-Pro­jek­te ver­spre­chen oft einen ver­gleichs­wei­se hohen Ertrag. Jüng­stes Bei­spiel: Der Fuß­ball­klub Her­tha BSC lieh sich im März von sei­nen Fans eine Mil­li­on Euro. Die Sum­me kam über eine Inter­net­platt­form inner­halb von nur neun Minu­ten zusammen.

Um bei sol­chen Anla­gen Risi­ken für Bür­ge­rin­nen und Bür­ger gering zu hal­ten, hat die Bun­des­re­gie­rung im ver­gan­ge­nen Jahr ein neu­es Gesetz ver­ab­schie­det. Doch das geht nicht weit genug, kri­ti­siert Prof. Dr. Andre­as Oeh­ler, Direk­tor der For­schungs­stel­le für Ver­brau­cher­fi­nan­zen und Ver­brau­cher­bil­dung an der Uni­ver­si­tät Bam­berg und Mit­glied des Sach­ver­stän­di­gen­rats für Ver­brau­cher­fra­gen: „Das Gesetz lässt vie­le Aus­nah­men zu. Die­se sind unbe­grün­det, unüber­sicht­lich und des­halb kon­tra­pro­duk­tiv für den Anle­ger­schutz. Es braucht statt­des­sen eine kla­re, ein­fa­che und ver­ständ­li­che Regulierung.“

Oeh­ler sieht Hand­lungs­be­darf in vier Berei­chen, um Anle­ge­rin­nen und Anle­ger bes­ser zu schüt­zen. Erstens: Die Anla­ge- und Finan­zie­rungs­for­men des Crowd­fun­ding sol­len gemäß Wert­pa­pier­han­dels­ge­setz als Finanz­in­stru­men­te gere­gelt und unter Auf­sicht gestellt wer­den. So könn­te indi­vi­du­ell bei der Bera­tung geprüft wer­den, ob Schwarm­fi­nan­zie­run­gen für Anle­ge­rin­nen und Anle­ger geeig­net sei­en, erklärt der Wis­sen­schaft­ler. Das ist bis­lang nicht der Fall. „Vie­le Anle­ger mer­ken ver­mut­lich gar nicht, dass es hier der­zeit nicht den­sel­ben Schutz durch die Finanz­auf­sicht gibt, der bei gän­gi­gen Anla­ge­pro­duk­ten wie Invest­ment­fonds oder Akti­en greift,“ bean­stan­det Oeh­ler. Die Begren­zung der Betei­li­gungs­hö­he ist nur schein­bar ein Schutz, da eine rei­ne Selbst­er­klä­rung der Inve­sto­ren aus­rei­chend ist. Sol­che Regeln sei­en unbrauch­bar und könn­ten ent­fal­len, so Oeh­ler in sei­ner zwei­ten For­de­rung. Statt­des­sen soll­te die genann­te Prü­fung auf Geeig­net­heit grei­fen, die auch für ande­re Pro­duk­te gilt.

Drit­tens for­dert Oeh­ler stan­dar­di­sier­te Infor­ma­tio­nen für Anle­ger. „Pro­dukt­in­for­ma­tio­nen müs­sen ver­ständ­lich und über­sicht­lich auf­be­rei­tet und vor allem ein­heit­lich sein“, sagt Oeh­ler. „Nur so kön­nen Anle­ger die ver­schie­de­nen Pro­duk­te direkt mit­ein­an­der ver­glei­chen.“ Nicht nur die Finan­zie­rungs­for­men selbst, son­dern auch die Inter­net­platt­for­men, die Crowd­fun­ding anbie­ten, sol­len unter die Finanz­auf­sicht gestellt und durch das Wert­pa­pier­han­dels­ge­setz regu­liert wer­den. Das ist die vier­te For­de­rung des Pro­fes­sors. Wie Platt­for­men an ihrer Dienst­lei­stung ver­die­nen und wel­che Bedin­gun­gen für die Ver­trä­ge gel­ten, müs­se für den Nut­zer klar ersicht­lich sein, for­dert Oeh­ler. „Anle­gern wer­den dort Risi­ken zuge­mu­tet, die sie man­gels Trans­pa­renz und Qua­li­tät der Infor­ma­tio­nen gar nicht erken­nen können.“

Sei­ne „The­sen zur Crowd­fi­nan­zie­rung und Ver­brau­cher­po­li­tik“ stellt Andre­as Oeh­ler am 7. Juli 2016 ab 14 Uhr bei einer Ver­an­stal­tung des Sach­ver­stän­di­gen­rats für Ver­brau­cher­fra­gen im Bun­des­mi­ni­ste­ri­um der Justiz und für Ver­brau­cher­schutz (BMJV) in Ber­lin öffent­lich vor.