Arti­kel­se­rie: Ener­gie­wen­de ja – aber wie? 46. Die UN-Kli­ma­kon­fe­renz in Paris 2015 – Teil 2

Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Goli­ath Pol­der­mo­len. Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Das vor­he­ri­ge Kapi­tel beleuch­te­te die 3 Haupt­zie­le der Kli­ma­schutz­ver­ein­ba­rung, ihre Bedeu­tung und Zusammenhänge.

Der Leit­ge­dan­ke die­ses Vertrages:
Jeder Unter­zeich­ner­staat ent­schei­det selbst, wel­che ziel­füh­ren­den Maß­nah­men auf sei­nem Ter­ri­to­ri­um not­wen­dig und mög­lich sind. Man unter­stellt, dass alle Unter­zeich­ner­staa­ten auch die not­wen­di­gen Maß­nah­men umset­zen wol­len. Soll­ten die­se die (finan­zi­el­len) Mög­lich­kei­ten eines Staa­tes über­schrei­ten, ist die Koope­ra­ti­on der Gemein­schaft gefor­dert, damit die not­wen­di­gen Maß­nah­men rea­li­siert werden.

An solch einem Ver­trags­werk gibt es natur­ge­mäß auch viel Kri­tik. Den Einen gehen die Fest­le­gun­gen schon zu weit, den Ande­ren nicht weit genug. Man darf aber nicht ver­ken­nen, dass es gera­de die Beschrän­kung auf einen mög­lichst gro­ßen gemein­sa­men Nen­ner ist, dass solch eine Basis­ver­ein­ba­rung über­haupt zustan­de kommt. Es ist die Kunst einer guten Ver­hand­lungs­füh­rung die Mög­lich­kei­ten für einen trag­fä­hi­gen Kom­pro­miss zu erken­nen und umzu­set­zen. Dies schließt jedoch nicht aus, dass die Rea­li­sie­rung die­ser Ver­ein­ba­rung kri­tisch beob­ach­tet wer­den muss, um bei wei­te­ren Detail­ver­hand­lun­gen kon­kre­te und mess­ba­re Umset­zungs­plä­ne einzufordern.

Einer der Haupt­kri­tik­punkt an dem Ver­trag ist, dass die Umset­zung von Maß­nah­men ledig­lich auf frei­wil­li­ger Basis erfol­gen soll und Sank­ti­ons­mög­lich­kei­ten feh­len. Es wird befürch­tet, dass dadurch letzt­lich doch zu wenig für den Kli­ma­schutz getan wer­den könn­te, weil Nichts­tun kei­ne Kon­se­quen­zen nach sich zieht. Die­se Sor­ge ist sicher nicht unbe­grün­det. Ande­rer­seits darf man nicht ver­ges­sen, dass die Ver­ein­ba­rung auf Koope­ra­ti­on und nicht auf diri­gi­sti­sche Zwangs­maß­nah­men setzt, die dann letzt­lich doch nicht durch­setz­bar sind. Wenn ein Mit­glied einer Gemein­schaft Pro­ble­me hat, dann muss die Gemein­schaft ihm hel­fen, und nicht durch eine Bestra­fung noch zusätz­li­che Pro­ble­me berei­ten. Ein schwie­ri­ger Weg, aber in bester demo­kra­ti­scher Tra­di­ti­on. Ganz abge­se­hen davon, dass eine Dis­kus­si­on über Sank­tio­nen bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen bei vie­len Teil­neh­mern eine Abwehr­hal­tung erzeugt hät­te, und damit ver­mut­lich das gan­ze Ver­trags­werk wie­der geschei­tert wäre.

Die Gemein­schaft muss dann jedoch auch sicher­stel­len, dass die dafür not­wen­di­gen Finanz­mit­tel ziel­füh­rend ver­wen­det und nicht nur unkon­trol­liert in das betref­fen­de Land hin­ein­ge­pumpt werden.

Das Kli­ma ist mit die­sem Ver­trag noch nicht geret­tet, die Arbeit fängt jetzt erst an, hat aber nun eine ver­trag­li­che Grundlage.

Etwa 160 der Unter­zeich­ner­staa­ten haben sich bei Abschluss der Kli­ma­schutz­ver­ein­ba­rung bereits zu kon­kre­ten Zie­len für ihren Ein­fluss­be­reich ver­pflich­tet. Das Ergeb­nis die­ser Zie­le ist jedoch noch nicht aus­rei­chend, um nur das 2ºC-Ziel zu errei­chen. Ande­rer­seits wür­den bereits die­se Maß­nah­men bedeu­ten, dass ca. 80% der z.Z. bekann­ten Res­sour­cen der fos­si­len Ener­gie­trä­ger auf immer im Boden blei­ben müss­ten. Dies bie­tet noch viel Zünd­stoff für Quer­schüs­se. Es wird letzt­lich Auf­ga­be der Öffent­lich­keit sein dar­auf zu ach­ten, dass die Regie­run­gen, trotz dem Druck der betrof­fe­nen Wirt­schafts­lob­by, die als rich­tig erkann­ten Wege und Maß­nah­men wei­ter umsetzen.

Öffent­lich­keit sind: die Medi­en, die vie­len NGO’s (Nicht-Regie­rungs-Orga­ni­sa­ti­on, abge­lei­tet aus dem Eng­li­schen: „non gover­men­tal orga­ni­sa­ti­on), die vie­len Bür­ger­initia­ti­ven sowie jeder ein­zel­ne Bür­ger. Wir hat­ten in vor­an­ge­hen­den Kapi­teln über Stand und Ent­wick­lung der Ener­gie­wen­de in Deutsch­land und Bay­ern schon die Bedeu­tung der „Ener­gie­wen­de von Unten“ für die bis­he­ri­ge und zukünf­ti­ge Ent­wick­lung her­vor­ge­ho­ben. Das Kli­ma­schutz­ab­kom­men sieht dies offen­sicht­lich ähn­lich. Dort steht in Arti­kel 12 des Anhangs sinn­ge­mäß (eine offi­zi­el­le Über­set­zung liegt noch nicht vor):
Die Unter­zeich­ner­staa­ten sol­len koope­ra­tiv ange­mes­se­ne Maß­nah­men ergrei­fen, um hin­sicht­lich des Kli­ma­wan­dels mit Aus­bil­dung und Trai­ning das öffent­li­che Bewusst­sein, die Betei­li­gung der Öffent­lich­keit sowie deren Zugang zu Infor­ma­tio­nen zu ver­bes­sern, ent­spre­chend der Bedeu­tung die­ser Schrit­te um die dem Abkom­men ent­spre­chen­den ziel­füh­ren­den Maß­nah­men vor­an­zu­trei­ben“.

Dies eröff­net vie­le Mög­lich­kei­ten für die Betei­li­gung der Öffent­lich­keit und wird in den Län­dern, je nach den orga­ni­sa­to­ri­schen und gesetz­li­chen Rand­be­din­gun­gen, zu unter­schied­li­chen Maß­nah­men füh­ren. In Deutsch­land hat die „Ener­gie­wen­de von Unten“ durch vie­le Bür­ger­initia­ti­ven, (Bio)Energiedörfer, Genos­sen­schaf­ten etc. bereits einen hohen Stand erreicht. Der Arti­kel 12 ist dahin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass neben der not­wen­di­gen „Ener­gie­wen­de von Oben“ auch die „von Unten“ geför­dert und aus­ge­baut wer­den soll. Spe­zi­el­le Auf­ga­be der deut­schen Öffent­lich­keit ist es, zu beob­ach­ten, wie Bun­des- und Lan­des­re­gie­run­gen die­se Anfor­de­run­gen umset­zen wol­len, wie dies bei zukünf­ti­gen Ände­run­gen des EEG ange­mes­sen berück­sich­tigt wird.

Es gibt noch viel zu tun! Packen wir es an, dann schaf­fen wir das auch!

Wei­ter­ge­hen­de Infor­ma­tio­nen im Netz:

Ori­gi­nal­text des Ver­tra­ges (eng­lisch)

Kom­men­tar des WBGU, Wis­sen­schaft­li­cher Bei­rat der Bun­des­re­gie­rung Stel­lung­nah­me der Bundesregierung

Stel­lung­nah­me des BMWi

Wiki­pe­dia: Zie­le, Hin­ter­grün­de und Vor­ge­schich­te der UN-Klimakonferenz

Nach der Kom­men­tie­rung der aktu­el­len Ereig­nis­se, Baye­ri­sches Ener­gie­pro­gramm 2015 und Pari­ser Kli­ma­kon­fe­renz, soll es jetzt, wie bereits ange­kün­digt, mit der „Ener­gie­wen­de von Unten“ weitergehen.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

Hin­ter­grund zu die­ser Serie

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