„Freund statt Fremd“: Zer­ris­se­ne Schul­freund­schaf­ten im „gesamt­staat­li­chen Interesse“?

Symbolbild Bildung

Bal­kan­flücht­lin­ge aus ganz Bay­ern wer­den in die Bam­ber­ger ARE gebracht, um das gro­ße Lager end­lich zu fül­len – Kin­der, die bis­her in Bam­ber­ger Unter­künf­ten wohn­ten, dür­fen nicht mehr zur Schule

Abschreckung von neu­en Flücht­lin­gen und Aus­son­de­rung von Men­schen aus Bal­kan­staa­ten sind Ziel und Zweck der ARE (Auf­nah­me- und Rück­füh­rungs­ein­rich­tung) auf dem Bam­ber­ger Kon­ver­si­ons­ge­län­de. Das macht sich nun auch in den Schu­len bemerk­bar, denn die Flücht­lings­kin­der aus siche­ren Her­kunfts­staa­ten hin­ter­las­sen der­zeit über­all in Bay­ern lee­re Schul­bän­ke. Ihre Klas­sen­ka­me­ra­den und Freun­de fra­gen nach, wo die Mäd­chen und Jun­gen abge­blie­ben sind, die noch vor kur­zem neben ihnen im Klas­sen­zim­mer saßen und in der Pau­se auf dem Schul­hof mit ihnen herumtollten.

Der Grund ist, dass sämt­li­che, also eine gro­ße Anzahl von Fami­li­en aus den Bal­kan­staa­ten, die bis­her in Unter­künf­ten in Bam­berg und anders­wo in Bay­ern wohn­ten, in die ARE ver­bracht wer­den, um von dort nach dem Wil­len des Staa­tes bald­mög­lichst die Rück­rei­se anzutreten.

„Freund statt fremd“ kri­ti­siert die­ses System eines Abschie­be­la­gers grund­sätz­lich: als ein System der Aus­gren­zung, der Abschot­tung und Ghet­toi­sie­rung, als ein System, das Zwei­fel an der sub­stan­zi­el­len Rechts­staat­lich­keit des Asyl­ver­fah­rens auf­kom­men lässt, und als ein System, das mit sei­ner Aus­son­de­rung von Men­schen ledig­lich auf­grund ihrer Her­kunft beklem­men­de Erin­ne­run­gen an die dun­kel­ste Sei­te deut­scher Geschich­te wachruft.

In die­sen Tagen aber wird die­ses System in unse­rem All­tag kon­kret spür­bar und fühl­bar. Wenn ohne Not Freund­schaf­ten aus­ein­an­der­ge­ris­sen, Men­schen getrennt und viel­ver­spre­chen­de Inte­gra­ti­ons­be­mü­hun­gen zunich­te gemacht werden.

Da mutet es zynisch an, wenn die Regie­rung von Ober­fran­ken in einem (FSF vor­lie­gen­den) Schrei­ben an die Eltern­bei­rä­te sämt­li­cher ober­frän­ki­scher Schu­len die­se Umver­tei­lungs­maß­nah­men als „im gesamt­staat­li­chen Inter­es­se gebo­ten“ bezeich­net und dann dar­über ihr Bedau­ern aus­drückt. Gera­de­zu empö­rend ist die beschwich­ti­gen­de Behaup­tung in dem­sel­ben Schrei­ben, für die aus den Schu­len ent­fern­ten Flücht­lings­kin­der wür­den in der ARE „bedarfs­ge­rech­te unter­richt­li­che Ange­bo­te“ orga­ni­siert. FSF ist kei­ner­lei Ange­bot die­ser Art dort bekannt! Und es war bis­lang von sol­chen Plä­nen auch nicht die Rede. In der ARE gibt es seit 30.11.2015 nur eine ein­zi­ge Kin­der­be­treu­ung in Form eines Spiel­zim­mers, das von FSF rein ehren­amt­lich getra­gen wird.

Das Ver­brin­gen sämt­li­cher Bal­kan­fa­mi­li­en in die ARE ist offen­sicht­lich dem Umstand geschul­det, dass man das System nicht sta­ti­stisch schei­tern las­sen will. Denn in den gut drei­ein­halb Mona­ten ihres Bestehens ist die inzwi­schen auf 4500 Men­schen ange­leg­te „Rück­füh­rungs­ein­rich­tung“ noch zu kei­nem Zeit­punkt mit mehr als 700 Men­schen belegt gewesen.

Auf die­se Wei­se wird Men­schen eine dop­pel­te Abschie­bung zuge­mu­tet, ein­mal von ihrer bis­he­ri­gen Asyl­un­ter­kunft und der gewohn­ten Umge­bung in die ARE, und dann noch ein­mal von der ARE in das so genann­te siche­re Herkunftsland.

Und so dür­fen nicht ein­mal die Flücht­lings­kin­der aus Bam­ber­ger Unter­künf­ten ihre Schu­le wei­ter besu­chen, obwohl die­se von der ARE aus ohne Schwie­rig­kei­ten erreich­bar wären.

Das Bei­spiel zer­schnit­te­ner Schul­freund­schaf­ten malt ein tref­fen­des Bild des herz­lo­sen Umgangs mit Men­schen, des Systems ARE.

UPDATE: Seit die­ser Woche fin­det tat­säch­lich eine Beschu­lung in der ARE in Bam­berg statt. Es wur­den nun zwei Räu­me für Schul­klas­sen ein­ge­rich­tet, in denen zwei Alters­grup­pen vor­mit­tags unter­rich­tet werden.

Freund statt Fremd e.V.