Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Öffent­li­che Vor­trags­ver­an­stal­tung mit Che­mie-Nobel­preis­trä­ger Wil­liam E. Moerner

Symbolbild Bildung

„Wie man ein­zel­ne Mole­kü­le sehen kann“

Am 8. Okto­ber 2015 ist der US-ame­ri­ka­ni­sche Che­mie-Nobel­preis­trä­ger Prof. Dr. Wil­liam E. Moer­ner an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth zu Gast. Zu sei­nem Vor­trag über moder­ne For­schungs­tech­ni­ken, die ein­zel­ne Mole­kü­le und deren Struk­tu­ren sicht­bar machen, ist die Öffent­lich­keit herz­lich eingeladen!

  • Ter­min: Don­ners­tag, 8. Okto­ber 2015, 18:00 Uhr
  • Ort: Uni­ver­si­tät Bay­reuth, Audimax
  • The­ma: „The Sto­ry of Sin­gle Molecules”

Wil­liam E. Moer­ner hält sei­nen Vor­trag auf Eng­lisch. Er ver­bin­det dar­in einen Rück­blick auf die Geschich­te der Ein­zel­mo­le­kül-Spek­tro­sko­pie mit einem futu­ri­sti­schen Aus­blick auf neue opti­sche Tech­no­lo­gien, die bis in klein­ste Nano­struk­tu­ren vor­drin­gen. Mit spek­tro­sko­pi­schen Bil­dern wird er die fas­zi­nie­ren­den Mög­lich­kei­ten illu­strie­ren, die sich dar­aus bereits heu­te für die Bio­me­di­zin oder die Mate­ri­al­for­schung erge­ben. Im Anschluss an den Vor­trag besteht für alle Inter­es­sier­ten die Gele­gen­heit, sich an einer Fra­ge­run­de mit dem Nobel­preis­trä­ger zu betei­li­gen. Auch Schü­le­rin­nen und Schü­ler sind willkommen!

Der US-ame­ri­ka­ni­sche Phy­si­ker, der heu­te an der renom­mier­ten Stan­ford Uni­ver­si­ty lehrt, wur­de 2014 mit dem Che­mie-Nobel­preis aus­ge­zeich­net. Sei­ne weg­wei­sen­den For­schungs­lei­stun­gen haben die Grund­la­gen dafür gelegt, dass sich mole­ku­la­re Struk­tu­ren sogar in leben­den Zel­len mikro­sko­pisch sicht­bar machen las­sen. Die Bay­reu­ther Phy­si­ker Prof. Dr. Jür­gen Köh­ler und Prof. Dr. Lothar Kador sind dem inter­na­tio­nal hoch­ge­schätz­ten Wis­sen­schaft­ler nicht nur fach­lich, son­dern auch per­sön­lich ver­bun­den und haben ihn nach Bay­reuth ein­ge­la­den. In den 1990erJahren haben sie gemein­sam mit ihm in Kali­for­ni­en ein kom­ple­xes Expe­ri­ment zur Ein­zel­mo­le­kül-Spek­tro­sko­pie kon­zi­piert und durchgeführt.

Schü­ler fra­gen den Nobelpreisträger

Das Phy­si­ka­li­sche Insti­tut der Uni­ver­si­tät Bay­reuth setzt sich seit vie­len Jah­ren erfolg­reich dafür ein, natur­wis­sen­schaft­li­che Inter­es­sen und Talen­te von Schü­le­rin­nen und Schü­lern zu för­dern. Vor kur­zem erhiel­ten eini­ge von ihnen die Gele­gen­heit, den Phy­si­ker und Che­mie-Nobel­preis­trä­ger aus den USA zum The­ma sei­nes Vor­trags zu befragen.

Robert Gluch vom Graf-Mün­ster-Gym­na­si­um in Bay­reuth bezieht sich in sei­ner Fra­ge auf ein noch jun­ges Ver­fah­ren auf dem Gebiet der Fluo­res­zenz­mi­kro­sko­pie. Dabei fun­gie­ren Farb­stoff­mo­le­kü­le als „Son­den“, um Struk­tu­ren in der leben­den Zel­le erkenn­bar zu machen. Einer Glüh­bir­ne ähn­lich, die ein- und wie­der aus­ge­schal­tet wer­den kann, wer­den die­se Mole­kü­le dazu ange­regt, Licht­si­gna­le aus­zu­sen­den. Der Bay­reu­ther Schü­ler möch­te nun wis­sen: „Kann man ein fluo­res­zie­ren­des Farb­stoff­mo­le­kül unend­lich oft an- und wie­der aus­schal­ten, oder funk­tio­niert das nur eine bestimm­te Zeit lang? Eine ande­re Fra­ge: Sind die­se Mole­kü­le auch für den medi­zi­ni­schen Gebrauch ver­wend­bar (im leben­den Menschen)?“

Prof. Wil­liam E. Moer­ner: „Lei­der (oder glück­li­cher­wei­se, je nach Ansicht) las­sen sich die Farb­stoff­mo­le­kü­le nicht unend­lich oft ein- und aus­schal­ten. Sie kön­nen mit einer gerin­gen Wahr­schein­lich­keit bei der Anre­gung mit Licht zer­stört wer­den und gehen daher alle frü­her oder spä­ter kaputt. Es kann zum Bei­spiel pas­sie­ren, dass eine che­mi­sche Bin­dung bricht oder dass ein ande­rer Scha­den im Mole­kül auftritt.

Was die Ver­wend­bar­keit im mensch­li­chen Kör­per betrifft, so ist dies eine wich­ti­ge, aber noch unge­klär­te Fra­ge. Eini­ge blin­ken­de Farb­stof­fe benö­ti­gen, damit sie funk­tio­nie­ren, zusätz­li­che Che­mi­ka­li­en, die mög­li­cher­wei­se schäd­lich oder unge­sund sind. Ich glau­be aber, dass man zumin­dest ein paar Sor­ten von Farb­stof­fen im mensch­li­chen Kör­per ver­wen­den kann. Ich den­ke bei­spiels­wei­se an eine Klas­se schalt­ba­rer Farb­stof­fe, die mit dem Fluo­res­ce­in ver­wandt sind. Fluo­res­ce­in ist ein fluo­res­zie­ren­des Mole­kül, das im Auge ver­wen­det wird, um die Horn­haut sicht­bar zu machen.“

Maxi­mi­li­an Riehl vom Rein­hart-Gym­na­si­um in Hof fragt: „Die 2014 mit dem Nobel­preis prä­mier­ten Mikro­sko­pie-Ver­fah­ren sind unter ande­rem des­halb so bedeu­tend, weil man sich davon erhofft, die Funk­ti­on von wei­te­ren Bio­mo­le­kü­len inner­halb von Zel­len unter­su­chen zu kön­nen und so zum Bei­spiel neue Erkennt­nis­se in der Krebs­for­schung zu gewin­nen. Wie kann man sich aber sicher sein, dass die Vor­gän­ge in die­sen Zel­len, wel­che unter­sucht wer­den, nicht durch das Mikro­sko­pie-Ver­fah­ren ver­fälscht oder geän­dert wer­den? Denn in bei­den ent­wickel­ten Ver­fah­ren wer­den die zu unter­su­chen­den Bio­mo­le­kü­le mit fluo­res­zie­ren­den Mole­kü­len ver­setzt. Dadurch wäre es doch durch­aus mög­lich, dass die­se zusätz­li­chen Mole­kü­le durch ihre Eigen­schaf­ten das Ver­hal­ten des Bio­mo­le­küls in der Zel­le ändern.“

Prof. Wil­liam E. Moer­ner: „Das ist eine her­vor­ra­gen­de und wich­ti­ge Fra­ge. Der Nobel­preis im Jahr 2008 wur­de für die Ent­wick­lung des grün fluo­res­zie­ren­den Pro­te­ins (GFP) ver­ge­ben, und zwar zum Teil des­we­gen, weil sich her­aus­ge­stellt hat, dass die gene­ti­sche Mar­kie­rung von Pro­te­inen mit GFP deren Ver­hal­ten in der Zel­le in vie­len Fäl­len nicht beein­träch­tigt. Man muss sich auch klar machen, dass das Pro­te­in das Gewicht des fluo­res­zie­ren­den Farb­stoff­mo­le­küls nicht ‚spürt‘, da es sich um sehr klei­ne Objek­te in Lösung han­delt. Unter die­sen Umstän­den hängt der Strö­mungs­wi­der­stand in der Flüs­sig­keit vom Radi­us des Objek­tes ab – nicht von sei­ner Mas­se oder sei­nem Volumen.

Den­noch muss man die Fra­ge einer mög­li­chen Beein­flus­sung der Pro­te­ine durch fluo­res­zie­ren­de Farb­stof­fe stets im Blick­win­kel behal­ten, ins­be­son­de­re wenn man das Ver­hal­ten auf immer klei­ne­ren Län­gen­ska­len mit höch­ster Auf­lö­sung unter­sucht. Wir haben tat­säch­lich ein paar Fäl­le gefun­den, in denen ein fluo­res­zie­ren­des Pro­te­in, das an bestimm­te Struk­tu­ren in Bak­te­ri­en gebun­den war, deren Form ver­än­dert hat. In der Wis­sen­schaft tasten wir uns an die­se Fra­ge so her­an, dass wir zahl­rei­che ‚Kon­troll­ex­pe­ri­men­te‘ durch­füh­ren, um das Ver­hal­ten der Pro­te­ine auf ver­schie­de­nen Wegen ken­nen­zu­ler­nen. Wenn wir zum Bei­spiel ein Pro­te­in an einer bestimm­ten Stel­le mit einer Metho­de mar­kie­ren, ist es sehr hilf­reich, wenn wir die Beob­ach­tun­gen mit einer zwei­ten Mar­kie­rung, die an einer ande­ren Stel­le mit einem ande­ren Ver­fah­ren ange­bracht wird, bestä­ti­gen kön­nen. Es ist auch immer wich­tig, an der Ent­wick­lung neu­er Farb­stof­fe zu arbei­ten, die klei­ner sind und die mit ihnen mar­kier­ten Pro­te­ine (hof­fent­lich) weni­ger stark beeinflussen.“

Jonas Land­graf, Fabi­an Eller und Felix Som­mer vom Augu­sti­nus-Gym­na­si­um Wei­den haben in die­sem Jahr erfolg­reich an einem der bedeu­tend­sten Phy­sik­wett­be­wer­be für Schü­le­rin­nen und Schü­ler in Deutsch­land, dem „Ger­man Young Phy­si­cists‘ Tour­na­ment“, teil­ge­nom­men. In ihrer Fra­ge wer­fen sie einen Blick in die Zukunft: „In wel­chem Zweig der Phy­sik erwar­ten Sie in den kom­men­den Jah­ren das größ­te Entwicklungspotenzial?“

Prof. Wil­liam E. Moer­ner: „Mei­ner Mei­nung nach hat das For­schungs­ge­biet des „Quan­tum Com­pu­ting“ (Rech­nen mit Quan­ten­zu­stän­den) unter Ver­wen­dung von Ato­men und/​oder Mole­kü­len ein hohes Ent­wick­lungs­po­ten­zi­al, wenn es dort auch noch vie­le Schwie­rig­kei­ten gibt. Aber nach­dem so vie­le Leu­te dar­an arbei­ten, ist es wahr­schein­lich, dass sich über­ra­schen­de Fort­schrit­te ein­stel­len werden.“