Arti­kel­se­rie: Ener­gie­wen­de ja – aber wie? 36. Die Ent­wick­lung der Ener­gie­wen­de in Deutsch­land Teil 2

Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Goli­ath Pol­der­mo­len. Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Im letz­ten Arti­kel wur­de deut­lich, war­um sich der Markt voll­stän­dig auf die tech­ni­sche Vari­an­te aus­rich­te­te den rege­ne­ra­ti­ven Strom der­art in das öffent­li­che Netz ein­zu­spei­sen, dass PV-Anla­gen auch nur zusam­men mit dem Netz funk­ti­ons­fä­hig sind. Bei Netz­aus­fall hät­te man zwar mit den Son­nen­kol­lek­to­ren einen Strom­ge­ne­ra­tor, kann ihn aber nicht nut­zen. Die ande­re tech­nisch mög­li­che Alter­na­ti­ve eine, auch bei Netz­aus­fall eigen­stän­dig funk­ti­ons­fä­hi­ge Strom­ver­sor­gung auf­zu­bau­en, wur­de nicht wei­ter gedacht bzw. ent­wickelt, obwohl das hier­für not­wen­di­ge Pro­dukt­spek­trum zur Ver­fü­gung stand. So kann eine gesetz­li­che Vor­ga­be die zu sehr ins Detail geht und tech­ni­sche Lösun­gen statt Zie­le vor­schreibt, zu einem Hemm­nis für tech­ni­sche Wei­ter­ent­wick­lun­gen wer­den. Oder sie favo­ri­siert, bewusst oder unbe­wusst, ein bestimm­tes Geschäftsmodell.

Das EEG hat seit 2000 meh­re­re Ände­run­gen erfah­ren. Die­se waren im Wesent­li­chen: Anpas­sun­gen an ver­än­der­te Rand­be­din­gun­gen, Kor­rek­tur von Fehl­ent­wick­lun­gen sowie Zie­le für die Ent­wick­lung des zukünf­ti­gen Strom­mark­tes. Die letz­te Fas­sung ist von 2014. In die­sem Gesetz wer­den unter­schied­li­che Ein­spei­se­ver­gü­tun­gen für Was­ser­kraft, Wind­ener­gie, sola­re Strah­lungs­en­er­gie (z.B. Pho­to­vol­ta­ik), Geo­ther­mie und Bio­mas­se lang­fri­stig fest­ge­legt, aller­dings gegen­über den bis­he­ri­gen Wer­ten deut­lich gekürzt und mit zusätz­li­chen jähr­li­chen Reduk­ti­ons­quo­ten. Die EEG-Umla­ge bleibt. Aus­ge­nom­men hier­von sind lediglich:

  • Anla­gen die aus­schließ­lich der Eigen­ver­sor­gung die­nen und die kei­ne phy­si­sche Ver­bin­dung zum öffent­li­chen Netz haben (sog. Inselbetriebe).
  • Anla­gen die aus­schließ­lich der voll­stän­di­gen Eigen­ver­sor­gung die­nen, evtl. Über­schüs­se zwar ins Netz ein­spei­sen, aber hier­für auf die Ein­spei­se­ver­gü­tung verzichten.
  • Klein­an­la­gen mit höch­stens 10 kW instal­lier­ter Lei­stung und einer jähr­li­chen, aus­schließ­lich selbst ver­brauch­ten Strom­pro­duk­ti­on von max. 10.000 kWh.

Die­se „Klein­an­la­gen“ sind die typi­schen PV-Anla­gen auf den Haus­dä­chern von Ein- und Zwei­fa­mi­li­en Häu­sern. Alle grö­ße­ren Anla­gen wer­den im EEG prak­tisch wie Elek­tri­zi­täts­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men behan­delt, auch wenn sie räum­lich dezen­tral auf­ge­baut sind. Sie müs­sen ihren Strom ins Netz ein­spei­sen, auch wenn die Erzeu­ger ihn anschlie­ßend wie­der voll­stän­dig selbst nut­zen. War­um? Weil, wie im letz­ten Schwa­bach­bo­gen schon ange­spro­chen, die Wei­chen­stel­lung des Strom­ein­spei­sungs­ge­set­zes dazu geführt hat, dass der Markt sich aus­schließ­lich auf die­se tech­ni­sche Vari­an­te kon­zen­trier­te. Über die tech­ni­sche Alter­na­ti­ve einer weit­ge­hend aut­ar­ken Strom­ver­sor­gung des jewei­li­gen Ver­brau­chers wird erst jetzt nachgedacht.

Das bis­he­ri­ge Geschäfts­mo­dell der gro­ßen Ener­gie­ver­sor­ger basiert auf einer zen­tra­len Struk­tur: mög­lichst viel Strom mit mög­lichst gro­ßen Kraft­werks­ein­hei­ten kon­zen­triert an mög­lichst weni­gen Orten erzeu­gen um dann, mit einem lei­stungs­fä­hi­ges Über­tra­gungs-Netz das gro­ße Ener­gie­men­gen über gro­ße Ent­fer­nun­gen trans­por­tiert, zu den Ver­tei­ler-Kno­ten­punk­ten zu über­tra­gen. Jede pri­va­te dezen­tra­le Strom­erzeu­gung für den Eigen­ver­brauch des Erzeu­gers, oder auch Erzeu­ger­ge­mein­schaf­ten (Bio­en­er­gie­dör­fer), min­dert die Umsät­ze der gro­ßen Ener­gie­er­zeu­ger. Durch den Zwang zur Netz­ein­spei­sung geht sie wirt­schaft­lich aller­dings in die Umsät­ze der Ver­tei­ler-Netz­be­trei­ber ein.

Dass auch dezen­tra­le Strom­erzeu­ger (z.B. Bio­en­er­gie­dör­fer) mit der EEG-Umla­ge für den Aus­bau der Ener­gie­wen­de bela­stet wer­den, obwohl sie mit dem Auf­bau ihrer Anla­gen bereits in Vor­lei­stung gegan­gen sind, liegt auch dar­an, dass sich das bis­he­ri­ge System nicht so leicht „umstricken“ lässt. Aller­dings bekom­men sie auch die Ein­spei­se­ver­gü­tung. Die­ses Hin und Her­schie­ben von Finanz­mit­teln sowie der Ver­wal­tungs­auf­wand hier­für machen den Strom­preis intrans­pa­ren­ter und den Strom teurer.

Die Regeln des EEG favo­ri­sie­ren mitt­ler­wei­le eine zen­tra­le Struk­tur und geben damit die Vor­tei­le einer dezen­tra­len Struk­tur auf. Zu den prak­ti­schen Aus­wir­kun­gen mehr dem­nächst im Wiesentboten.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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