Arti­kel­se­rie: Ener­gie­wen­de ja – aber wie? 35. Die Ent­wick­lung der Ener­gie­wen­de in Deutsch­land Teil 1

Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Goli­ath Pol­der­mo­len. Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

In den letz­ten bei­den Arti­keln haben wir die zwei extre­men Vari­an­ten einer neu­en elek­tri­schen Ener­gie­ver­sor­gung betrach­tet: einer­seits die Strom­ver­sor­gung durch ein zen­tral orga­ni­sier­tes System und ande­rer­seits die eines dezen­tral orga­ni­sier­ten Systems. Die Rea­li­tät liegt irgend­wo dazwischen.

Ange­fan­gen hat die Ener­gie­wen­de dezen­tral mit PV-Anla­gen (Pho­to­vol­ta­ik) auf Haus­dä­chern. Die­se Ent­wick­lung wur­de staat­li­cher­seits geför­dert. Zunächst durch das Strom­ein­spei­sungs­ge­setz von 1991, wel­ches ab 2000 durch das Erneu­er­ba­re-Ener­gien-Gesetz (EEG) abge­löst wur­de. Die­ses wur­de mehr­fach den ver­än­der­ten Ver­hält­nis­sen ange­passt, letz­te Fas­sung von 2014. Bereits mit dem Strom­ein­spei­se­ge­setz wur­de „Die Ein­spei­sung in das öffent­li­che Netz … ver­bind­lich gere­gelt, weil Strom aus erneu­er­ba­ren Ener­gien … nur von klei­nen Unter­neh­men erzeugt wur­de, denen gro­ße Strom­erzeu­ger den Zugang zu ihrem Ver­tei­ler­netz oft­mals ver­wei­ger­ten oder stark erschwer­ten“ (Quel­le Wiki­pe­dia). Die­se Vor­ga­be „Ein­spei­sung in das öffent­li­che Netz“ war eine ent­schei­den­de Wei­chen­stel­lung für zukünf­ti­ge Ent­wick­lun­gen bis heute.

Zur Unter­stüt­zung der Markt­in­te­gra­ti­on pri­va­ter PV-Anla­gen wur­de vom Gesetz­ge­ber eine neue Form der Anschub­fi­nan­zie­rung gewählt. Den Eigen­tü­mern die­ser Anla­gen wur­de eine, auf 20 Jah­re garan­tier­te Ein­spei­se­ver­gü­tung zuge­sagt, die von den Ener­gie­ver­sor­gern zu bezah­len war und, die höher war als der Preis den die­se für den Ver­kauf ihres eige­nen Stro­mes am Strom­markt erziel­ten. Hier­mit wur­de das tech­nisch dezen­tra­le System wirt­schaft­lich in das exi­stie­ren­de zen­tra­le System ein­ge­bun­den. Was wur­de hier­mit erreicht?

  1. Das Teil­ziel, den Markt für PV-Anla­gen zu öff­nen, wur­de erreicht. Für die Eigen­tü­mer der Anla­gen war die Inve­sti­ti­on auf Sicht von 20 Jah­ren eine siche­re Anlage.
  2. Die Her­stel­ler der PV-Anla­gen konn­ten dies in ihren Kal­ku­la­tio­nen berück­sich­ti­gen. Damit ent­fiel jedoch die Not­wen­dig­keit evtl. Kosten­vor­tei­le durch höhe­re Stück­zah­len an den Markt wei­ter zu geben. Es ent­fiel auch die Not­wen­dig­keit, Tech­nik und Fer­ti­gungs­me­tho­den mit dem Ziel von Kosten­sen­kun­gen wei­ter zu ent­wickeln. Als dann aus­län­di­sche Her­stel­ler mit wei­ter ent­wickel­ten Pro­duk­ten und nied­ri­ge­ren Prei­sen auf unse­ren Markt dräng­ten, waren auch die­se indi­rekt Nutz­nie­ßer unse­res EEG. Vie­le deut­sche Her­stel­ler hat­ten sich zu lan­ge auf der gesetz­lich fest­ge­schrie­be­nen Markt­struk­tur aus­ge­ruht und waren nun nicht mehr wettbewerbsfähig.
  3. Für die Ener­gie­ver­sor­ger war es zunächst ein Ver­lust­ge­schäft. Sie waren gezwun­gen den rege­ne­ra­ti­ven Strom teu­rer ein­zu­kau­fen als sie ihn an der Strom­bör­se wie­der ver­kau­fen konn­ten. Die­ser Ver­lust wur­de ihnen mit der sog. EEG-Umla­ge aus­ge­gli­chen, die über einen Zuschlag im Strom­preis für alle End­ver­brau­cher finan­ziert wur­de. Aller­dings gab es vie­le Aus­nah­men für Groß­ver­brau­cher, sodass letzt­lich die pri­va­ten Haus­hal­te immer höher bela­stet wur­den. Hier­durch wur­de das Image auf­ge­baut: „Der Son­nen­strom treibt den Strom­preis hoch“! Dabei kann der Son­nen­strom von Natur aus nicht teu­rer sein. Er hat kei­ne Kosten für die Pri­mär­ener­gie. Der Ein­druck ent­stand, weil durch diri­gi­sti­sche Ein­grif­fe, ins­be­son­de­re auf Steu­ern, Netz­ent­gel­te und EEG-Umla­ge, die Gesetz­mä­ßig­kei­ten eines frei­en Markt­ge­sche­hens aus­ge­he­belt wurden.
  4. Die oben erwähn­te Wei­chen­stel­lung, dass rege­ne­ra­ti­ver Strom in das öffent­li­che Netz ein­zu­spei­sen ist, führ­te dazu, dass sich die Her­stel­ler mit ihrem Pro­dukt­spek­trum voll­stän­dig auf die­se tech­ni­sche Vari­an­te aus­rich­te­ten. Die Idee, dass die Betrei­ber der PV-Anla­gen den von ihnen erzeug­ten Strom direkt selbst nut­zen und ihre Anla­gen über die ein­ge­spar­ten Strom­ko­sten finan­zie­ren, wur­de damals nicht dis­ku­tiert. Obwohl die dafür not­wen­di­ge Tech­nik – ange­pass­te Strom­rich­ter mit Spei­cher – in ande­ren tech­ni­schen Berei­chen bereits exi­stier­te, wur­de sie für die­se Anwen­dung nicht zur Ver­fü­gung gestellt. Dies geschieht erst heu­te. Hier­zu mehr im den näch­sten Kapiteln.
    Dies wäre wohl auch nicht im Sin­ne der Ener­gie­ver­sor­ger und Netz­be­trei­ber gewe­sen, weil die­ser Strom­an­teil, ohne den Umweg über das öffent­li­che Netz, nicht mehr Bestand­teil von deren Umsät­zen gewe­sen wäre.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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