Ober­frän­ki­sche Poli­zi­sten als Ziel­schei­be für Aggressionen

Symbolbild Polizei

OBER­FRAN­KEN. Erst­mals seit Beginn der Erstel­lung des Lage­bil­des „Gewalt gegen Poli­zei­be­am­te“ im Jahr 2009 zeigt die Sta­ti­stik des Poli­zei­prä­si­di­ums Ober­fran­ken für 2014 ein Rück­gang der Fall­zah­len in die­sem Bereich. Wäh­rend 2013 noch 661 Angrif­fe gegen Beam­te statt­fan­den, waren es 2014 hin­ge­gen 587. Den­noch wur­de sta­ti­stisch gese­hen 2014 mehr als jeder zwei­te ober­frän­ki­sche Ord­nungs­hü­ter wäh­rend des Dien­stes von Straf­tä­tern belei­digt, bespuckt, geschla­gen, getre­ten oder gar mit einer Waf­fe ange­grif­fen. Mit mehr als zehn ver­ba­len oder kör­per­li­chen Attacken pro Woche gegen Men­schen, die tag­täg­lich für Recht und Gesetz ein­ste­hen, stellt dies ein Niveau dar, das nach­denk­lich stimmt.

Belei­di­gun­gen als häu­fi­ge Beglei­ter im täg­li­chen Dienst

So pöbel­te erst Mit­te August die­sen Jah­res ein 30-jäh­ri­ger Mann in Bam­berg grund­los Pas­san­ten an. Als Poli­zei­be­am­te hin­zu­ka­men, um den erheb­lich alko­ho­li­sier­ten Mann zu beru­hi­gen und für Ord­nung zu sor­gen, bedach­te er die­se mit übel­sten Kraftausdrücken.

Ein Fall, der kei­ne Sel­ten­heit im All­tag der Ord­nungs­hü­ter dar­stellt. 2014 wur­den Poli­zei­be­am­te in 241 Fäl­len ver­bal attackiert und beschimpft – fast dop­pelt so oft als noch 2009.

Das mas­si­ve Auf­be­geh­ren gegen poli­zei­li­che Maß­nah­men beginnt in besorg­nis­er­re­gen­der Art bereits bei ein­fa­chen Sach­ver­halts­ab­klä­run­gen oder Iden­ti­täts­fest­stel­lun­gen und eska­liert spä­te­stens bei Platz­ver­wei­sen, Gewahr­sam- oder Festnahmen.

Hohes Aggres­si­ons­po­ten­ti­al

Weni­ger häu­fig, aber gewich­ti­ger, zei­gen sich 2014 die Fall­zah­len der kör­per­li­chen Angrif­fe auf Poli­zei­be­am­tin­nen und ‑beam­te. Mit 204 Über­grif­fen, 23 davon sogar in Form von gefähr­li­chen Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­ten, wur­de ver­gan­ge­nes Jahr sta­ti­stisch jeden zwei­ten Tag ein Beam­ter kör­per­lich angegangen.

Jüngst woll­ten Kulm­ba­cher Beam­te in einer Asyl­un­ter­kunft eine hand­fe­ste Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen einem 40-Jäh­ri­gen und einem 31 Jah­re alten Bewoh­ner klä­ren. Nach­dem sich der älte­re von bei­den jedoch nicht besänf­ti­gen ließ und immer wie­der auf sei­nen Kon­tra­hen­ten los­ging, nah­men ihn die Beam­ten in Gewahr­sam. Hier­bei wehr­te sich der Mann hef­tig, die Beam­ten blie­ben aber glück­li­cher­wei­se unver­letzt. Auf den 40-Jäh­ri­gen war­tet jetzt unter ande­rem ein Ver­fah­ren wegen Wider­stands gegen Polizeivollzugsbeamte.

Erst im Juli die­ses Jah­res hat­te ein ran­da­lie­ren­der Par­ty­gast in Bay­reuth drei Beam­te leicht ver­letzt, als sie den aggres­si­ven 28-Jäh­ri­gen im Sin­ne der ande­ren Gäste von der Ver­an­stal­tung ent­fer­nen woll­ten. Der deut­lich alko­ho­li­sier­te Mann schlug und trat immer wie­der auf die Ein­satz­kräf­te ein und ließ sich auch auf der Dienst­stel­le nicht beru­hi­gen. Weil er zudem ein Mes­ser dabei hat­te, muss er sich nun wegen Kör­per­ver­let­zung, Wider­stands gegen Voll­streckungs­be­am­te, Belei­di­gung, Bedro­hung und eines Ver­sto­ßes gegen das Waf­fen­ge­setz vor der Justiz verantworten.

Noch mas­si­ver gestal­te­te sich der Über­griff eines 22-Jäh­ri­gen auf einen Zivil­be­am­ten der Markt­red­wit­zer Schlei­er­fahn­dung Ende Juni. Wäh­rend einer Kon­trol­le am Bahn­hof in Markt­red­witz zück­te der Mann unver­mit­telt ein Mes­ser und stach zu. Der schwer­ver­letz­te Beam­te muss­te sofort in einem Kran­ken­haus behan­delt wer­den. In der Fol­ge wur­de gegen den Angrei­fer auf Antrag der Staats­an­walt­schaft Hof Haft­be­fehl erlassen.

Alko­ho­li­sier­te Täter zur Nachtzeit

Der Groß­teil aller Angrif­fe gegen Poli­zi­sten ereig­ne­te sich auch 2014 in den Nacht­stun­den, ins­be­son­de­re an den Wochen­en­den. Als Tat­ver­däch­ti­ge tra­ten zu 81 Pro­zent Erwach­se­ne (ab 21 Jah­re) auf. Zwölf Pro­zent der Attacken kamen von Her­an­wach­sen­den (18 bis 20 Jah­re) und sechs Pro­zent von Jugend­li­chen (14 bis 17 Jah­re). Mit 88,8 Pro­zent besaß die Mas­se der Täter die deut­sche Staatsbürgerschaft.

Nahe­zu drei­vier­tel aller Täter stan­den bei der Gewalt­aus­übung unter der Wir­kung berau­schen­der Mit­tel, der über­wie­gen­de Teil hier­von unter Alko­hol­ein­fluss (69 Pro­zent). Dies lässt durch­aus den Schluss zu, dass Alko­hol nach wie vor als Aggres­si­ons­ver­stär­ker Num­mer 1 gese­hen wer­den muss und die Hemm­schwel­le, ande­re Men­schen zu ver­let­zen, dra­stisch sin­ken lässt.

Ange­pass­te Aus- und Fort­bil­dung für die Polizei

Die hohen Fall­zah­len bele­gen, dass im poli­zei­li­chen All­tag stets ein mitt­ler­wei­le gestie­ge­nes Gefah­ren­po­ten­ti­al mitschwingt.

Um die­sem adäquat zu begeg­nen, wer­den alle Beam­tin­nen und Beam­te im Rah­men des poli­zei­li­chen Ein­satz­trai­nings in auf­wen­di­gen Aus- und Wei­ter­bil­dungs­mo­du­len durch spe­zi­ell aus­ge­bil­de­te Trai­ner geschult. Hier gilt es, ins­be­son­de­re bei schein­bar harm­lo­sen Ein­sät­zen das ent­hal­te­ne Kon­flikt- und Gewalt­po­ten­ti­al zu erken­nen und recht­zei­tig, lage­an­ge­passt zu reagie­ren, um das Ver­let­zungs­ri­si­ko auf bei­den Sei­ten zu minimieren.

Kon­flik­te im Umgang mit dem poli­zei­li­chen Gegen­über sol­len nach Mög­lich­keit mit Mit­teln der Kom­mu­ni­ka­ti­on gelöst wer­den. Gleich­wohl trai­nie­ren alle Voll­zugs­be­am­ten regel­mä­ßig für den Ernst­fall einer Attacke, denn die Sta­ti­stik zeigt, dass die bevor­zug­te kom­mu­ni­ka­ti­ve Lösung des Kon­flikts lei­der nicht immer auf die Ein­sicht des Gegen­übers trifft.

Eigens für die­se Aus- und Fort­bil­dung ste­hen in Ober­fran­ken geson­dert aus­ge­stat­te­te Schu­lungs­räum­lich­kei­ten in Bay­reuth, Bam­berg, Coburg und Hof zur Ver­fü­gung. Um die Beam­tin­nen und Beam­ten auch wei­ter­hin mit modern­ster Tech­nik beschu­len zu kön­nen, nimmt die Bay­reu­ther Poli­zei Ende 2015 auf dem Gelän­de des Poli­zei­prä­si­di­ums Ober­fran­ken zudem das wohl der­zeit modern­ste Ein­satz­trai­nings-Zen­trum für die­se Zwecke in Betrieb.