Bam­ber­ger „Hexen­mahn­mal“ wird eingeweiht

Skulp­tur vor Rat­haus Gey­ers­wörth erin­nert an Opfer der Hexenverfolgungen

Rathaus Geyerswörth

Rat­haus Geyerswörth

Am Sonn­tag, 2. August 2015, wird um 14:00 Uhr das so genann­te „Hexen­mahn­mal“ auf der Frei­flä­che zwi­schen Lud­wigs­ka­nal und Rat­haus Gey­ers­wörth ein­ge­weiht. Die Licht­skulp­tur aus Cor-Ten-Stahl und Acryl­glas der bei­den Künst­ler Miri­am Giess­ler und Hubert Sand­mann erin­nert an die Opfer der Hexen­ver­fol­gun­gen zwi­schen 1612 und 1631 im dama­li­gen Hoch­stift Bam­berg. Am Mahn­mal befin­det sich eine erläu­tern­de Tafel mit Inschrift. Über einen dort ange­brach­ten QR-Code kön­nen Smart­phone-Nut­zer zwei ergän­zen­de Tex­te abrufen.

Das Mahn­mal kam auf Initia­ti­ve des Bür­ger­ver­eins Mit­te und dank zahl­rei­cher Spen­den­gel­der zustan­de. Für die Stadt Bam­berg wird Bür­ger­mei­ster Dr. Chri­sti­an Lan­ge, Refe­rent für Bil­dung, Kul­tur und Sport, ein Gruß­wort spre­chen. Der Histo­ri­ker Prof. Dr. Dr. Ulrich Kne­fel­kamp von der Euro­pa-Uni­ver­si­tät Via­dri­na in Frankfurt/​Oder erläu­tert anschlie­ßend den geschicht­li­chen Hin­ter­grund. Danach wird der Schau­spie­ler Eck­hart Neu­berg den berühm­ten Juni­us-Brief vor­tra­gen. In die­sem Schrei­ben vom 24. Juli 1628, weni­ge Tage vor sei­ner Ver­bren­nung als „Hexer“ ver­fasst, schil­der­te der Bam­ber­ger Bür­ger­mei­ster Johan­nes Juni­us sei­ner Toch­ter die Grau­sam­kei­ten der Fol­ter und die syste­ma­ti­sche Erpres­sung von „Geständ­nis­sen“ durch Gewalt. Die Fei­er­stun­de wird musi­ka­lisch umrahmt von Mit­glie­dern der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker – Baye­ri­sche Staats­phil­har­mo­nie. Die Bevöl­ke­rung ist herz­lich zu Teil­nah­me eingeladen.

Eine hoch­ka­rä­ti­ge Jury hat­te im Herbst ver­gan­ge­nen Jah­res unter 180 Teil­neh­mern den Ent­wurf des Künst­ler­paa­res aus Essen aus­ge­wählt. Den Stand­ort des Hexen­mahn­mal schlug ein­stim­mig die Kom­mis­si­on „Kunst im öffent­li­chen Raum“ vor. Der Arbeits­kreis „Hexen­ver­fol­gun­gen im Hoch­stift Bam­berg“ unter Lei­tung von Bür­ger­mei­ster Dr. Lan­ge und dem Lei­ter des Stadt­ar­chivs, Horst Geh­rin­ger, ver­fass­te in Abstim­mung mit dem Bür­ger­ver­ein Mit­te den Text einer Tafel am Mahn­mal sowie einen wei­te­ren erläu­tern­den Text, der über einen QR-Code abruf­bar ist. Der Kul­tur­se­nat beriet am 19. März bei­de Tex­te sowie eine Erklä­rung zur Ver­deut­li­chung der mora­li­schen Ver­pflich­tung der Stadt Bam­berg gegen­über den Opfern, die eben­falls über den QR-Code abruf­bar ist. Alle drei Tex­te wur­den ein­stim­mig dem Stadt­rat zur Abstim­mung vor­ge­schla­gen und von die­sem am 29. April eben­so ein­stim­mig beschlossen.

Info: Die Tafel zum „Hexen­mahn­mal“

Auf der Tafel befin­det sich fol­gen­de Inschrift:

Brand­mal – 2015
Miri­am Giess­ler, Hubert Sandmann
Im Hoch­stift Bam­berg wur­den im 17. Jahr­hun­dert etwa 1000 Frau­en, Män­ner und Kin­der unschul­dig ange­klagt, gefol­tert und hin­ge­rich­tet. An sie erin­nert die­ses Mahn­mal. Ihr Leid ver­pflich­tet uns zum Auf­ste­hen gegen Aus­gren­zung, Macht­miss­brauch, Ent­wür­di­gung und jede Art von Fanatismus.

Initi­iert und finan­ziert vom Bür­ger­ver­ein Bam­berg-Mit­te, maß­geb­lich unter­stützt von der Ober­fran­ken­stif­tung, dem Erz­bis­tum Bam­berg, der Spar­kas­sen­stif­tung, dem Lions Club Bam­berg-Michels­berg und wei­te­ren unge­nann­ten Spendern.

Über einen QR-Code sind fol­gen­de, erläu­tern­de Tex­te abrufbar:

„Hexen­ver­fol­gun­gen im Hoch­stift Bamberg“

Im 17. Jahr­hun­dert war der Staat der Bischö­fe von Bam­berg (Hoch­stift Bam­berg), Schau­platz eines der dun­kel­sten Kapi­tel euro­päi­scher Geschich­te. Schon unter Fürst­bi­schof Johann Gott­fried I. von Asch­hau­sen (1575–1622), ver­stärkt dann aber unter Fürst­bi­schof Johann Georg II. Fuchs Frei­herr von Dorn­heim (1586–1633) sowie sei­nem Weih­bi­schof und Gene­ral­vi­kar Fried­rich För­ner (1570–1630), fand eine der grau­sam­sten „Hexen­ver­fol­gun­gen“ Euro­pas statt. In drei Pro­zess­wel­len wur­den zwi­schen 1612 und 1630/31 bis zu 1.000 Frau­en, Män­ner und Kin­der der Hexe­rei bezich­tigt, grau­sam gefol­tert und hingerichtet.

Die Vor­gän­ge im Hoch­stift Bam­berg sind Teil meh­re­rer Ver­fol­gungs­wel­len. In zahl­rei­chen Regio­nen des Hei­li­gen Römi­schen Rei­ches Deut­scher Nati­on und ande­ren euro­päi­schen Län­dern fan­den vom 15. bis 18. Jahr­hun­dert „Hexen­ver­fol­gun­gen“ statt, denen nach Schät­zun­gen bis zu 60.000 Men­schen, davon ca. 25.000 in den Ter­ri­to­ri­en des Rei­ches zum Opfer fie­len und hier wie­der­um bis zu 1.000 allein im Hoch­stift Bamberg.

Zunächst fan­den die Hin­rich­tun­gen in dem zum Hoch­stift gehö­ren­den, bam­ber­gi­schen Ort Zeil am Main statt. Der Bau des Mal­e­fiz­hau­ses oder Tru­den­hau­ses als Hexen­ge­fäng­nis im Jahr 1627 (heu­te: Franz-Lud­wig-Stra­ße / Pro­me­na­de, 1635 bereits wie­der abge­tra­gen) führ­te dann auch zu Hin­rich­tun­gen in der Resi­denz­stadt Bam­berg. Nach dem Tod Fried­rich För­ners (1630) als einer der zen­tra­len Figu­ren die­ser Zeit und der Beset­zung des Hoch­stifts durch schwe­di­sche Trup­pen im Lau­fe des 30-jäh­ri­gen Krie­ges (1632) fan­den die­se unrecht­mä­ßi­gen Ver­fol­gun­gen ein rasches Ende. Dazu trug das Ein­grei­fen des Reichs­hof­rats, des ober­sten kai­ser­li­chen Gerichts in Wien, eben­so bei wie Initia­ti­ven der päpst­li­chen Kurie.

In den Jah­ren 2012 und 2013 führ­ten zahl­rei­che Vor­trä­ge, Füh­run­gen und Aus­stel­lun­gen zu einer Sen­si­bi­li­sie­rung der Öffent­lich­keit für die­ses The­ma. Neben dem künst­le­risch gestal­te­ten Mahn­mal („Brand­mal – 2015“) bei Schloss Gey­ers­wörth wur­den zwei Publi­ka­tio­nen erar­bei­tet, die die Ergeb­nis­se der bis­he­ri­gen For­schung zusam­men­fas­sen und den Ansatz­punkt für die wei­te­re wis­sen­schaft­li­che Beschäf­ti­gung mit die­ser The­ma­tik im Rah­men der Stadt­ge­schich­te Bam­bergs darstellen:

Stadt Bam­berg, Sie­ben­haar, Ulri­ke (Hgg.):
„Hexen­pro­zes­se und Hexen­ver­fol­gung“ im Hoch­stift Bam­berg. Eine vor­läu­fi­ge Bilanz. [… The­men­wo­chen „Die Hexen­pro­zes­se im Hoch­stift Bam­berg – eine vor­läu­fi­ge Bilanz“ vom 8. bis 23. Okto­ber 2012; Ori­gi­nal­do­ku­men­te der Bam­ber­ger Hexen­pro­zes­se zeig­te die Aus­stel­lung „Zeu­gen eines Mas­sen­mor­des“ der Staats­bi­blio­thek Bam­berg bis zum 21. Dezem­ber 2012]. Bam­berg 2013.

Has­sel­beck, Johan­nes; Zink, Robert (Hgg.):
So wirdt die gant­ze Bur­ger­schafft ver­brendt … Der Brief des Bam­ber­ger Bür­ger­mei­sters Johan­nes Juni­us aus dem Hexen­ge­fäng­nis 1628. Bam­berg 2013 (=Ver­öf­fent­li­chun­gen des Stadt­ar­chivs Bam­berg. 15).

Der Bam­ber­ger Stadt­rat legt namens der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ein ein­deu­ti­ges Bekennt­nis zur Unschuld der Opfer des Hexen­wahns ab. Mit der grau­sa­men „Hexen­ver­fol­gung“ wur­de auf ihrem Höhe­punkt im 17. Jahr­hun­dert eines der dun­kel­sten Kapi­tel in der Geschich­te des Hoch­stifts Bam­berg geschrie­ben. Nach den erhal­te­nen gut 800 Ver­hör­pro­to­kol­len wur­den bis zu 1.000 unschul­di­ge Frau­en, Män­ner und Kin­der der Hexe­rei ange­klagt, ver­hört, gefol­tert und ermor­det. Die Hin­rich­tun­gen wur­den zunächst in Zeil, einer Exkla­ve des geist­li­chen Für­sten­tums Bam­berg, durch­ge­führt. 1627 wur­de dann in Bam­berg mit dem Mal­e­fiz­haus ein eige­nes Gebäu­de als Fol­ter­stät­te und Hexen­ge­fäng­nis errich­tet, das 1635 wie­der abge­tra­gen wur­de. Seit 180 Jah­ren sind die­se grau­sa­men Vor­gän­ge Gegen­stand der histo­ri­schen For­schung und in der Erin­ne­rung der Men­schen. Die Geschich­te der „Hexen­ver­fol­gun­gen“ zu erfor­schen und dar­zu­stel­len, sie auch künf­tig im Bewusst­sein der Men­schen wach­zu­hal­ten, um Aus­gren­zung, Ent­wür­di­gung und Fana­tis­mus künf­tig zu ver­mei­den, ist eine Auf­ga­be, ja eine Ver­pflich­tung unse­rer Zeit.