Isol­de kehrt heim – Neu­erwer­bung für das Richard Wag­ner Museum

Por­trät­zeich­nung der älte­sten Toch­ter Richard Wag­ners von der Hand des berühm­ten Malers Franz von Len­bach durch die Ernst von Sie­mens Stif­tung erwor­ben – Dau­er­leih­ga­be an das Museum

Franz von Lenbach: Isolde Wagner

Franz von Len­bach: Isol­de Wagner

Nur zwei Wochen nach der Erwer­bung einer Büste Richard Wag­ners von Gustav Adolph Kietz durch die Ober­fran­ken­stif­tung für das neue Richard Wag­ner Muse­um ist erfreu­li­cher Wei­se und recht­zei­tig zur Neu­eröff­nung mit Hil­fe der Ernst von Sie­mens Kunst­stif­tung eine wei­te­re bemer­kens­wer­te Neu­erwer­bung gelun­gen. Es han­delt sich um eine Por­trät­zeich­nung der älte­sten Toch­ter Richard Wag­ners Isol­de aus dem Jahr 1884 von der Hand des berühm­ten Maler­für­sten Franz von Lenbach.

Das Bild stammt aus dem Pri­vat­be­sitz von Dagny R. Beid­ler, der Uren­ke­lin Richard Wag­ners. Es war bereits im ver­gan­ge­nen Jahr in Bay­reuth zu sehen und zwar im Rah­men der Son­der­aus­stel­lung über ihren Vater und älte­sten Enkel Richard Wag­ners, Franz Wil­helm Beid­ler, in der Stadt­bi­blio­thek. Schon damals hat­te Dagny Beid­ler den Wunsch, das Por­trät dau­er­haft im Richard Wag­ner Muse­um Bay­reuth zu wis­sen. „Ich freue mich, dass das Por­trät nun im Haus Wahn­fried dau­er­haft den ihm zuste­hen­den Platz fin­det, dem Ort, der für Isol­des Leben so bestim­mend war“, kom­men­tiert Dagny Beid­ler den Verkauf.

Ermög­licht wur­de dies nun durch den Ankauf der Zeich­nung durch die Ernst von Sie­mens Kunst­stif­tung, die es dem Richard Wag­ner Muse­um als Dau­er­leih­ga­be zur Ver­fü­gung stellt.

„Durch den Erwerb ist die Por­trät­zeich­nung von Richard Wag­ners Toch­ter Isol­de für den Ort gesi­chert wor­den, an dem sie ihre größ­te Strahl­kraft ent­fal­ten kann. Das Ver­mächt­nis des Mäzens und Unter­neh­mers Ernst von Sie­mens sowie die groß­zü­gi­ge Unter­stüt­zung der Sie­mens AG erlaub­ten es, eine aktu­el­le Mög­lich­keit zum Ankauf ent­schlos­sen wahr­zu­neh­men“ freut sich Dr. Mar­tin Hoer­nes, Gene­ral­se­kre­tär der Ernst von Sie­mens Kunststiftung.

Der Maler Franz von Len­bach war über vie­le Jah­re eng mit der Fami­lie Wag­ner befreun­det und schuf unter ande­rem auch Por­träts von Richard und Cosi­ma Wag­ner sowie von Franz Liszts, die sich eben­falls im Richard Wag­ner Muse­um und im Franz-Liszt-Muse­um Bay­reuth befin­den. Er war einer der berühm­te­sten Maler sei­ner Zeit und schuf zahl­rei­che Mei­ster­wer­ke von höch­ster künst­le­ri­scher und hand­werk­li­cher Qua­li­tät. Die 67,3 mal 50,3 Zen­ti­me­ter gro­ße Zeich­nung ist in Blei­stift, Krei­de und Rötel aus­ge­führt und zeigt die 19-jäh­ri­ge Isol­de im Pro­fil mit anmu­tig geneig­tem Kopf.

Isol­de war 1865 das erste Kind Richard und Cosi­ma Wag­ners, die aller­dings zu die­sem Zeit­punkt noch mit dem Diri­gen­ten Hans von Bülow ver­hei­ra­tet war. Daher galt Isol­de offi­zi­ell und recht­lich als Bülows Toch­ter, und obgleich Wag­ner sei­ne Vater­schaft nie leug­ne­te, son­dern im Gegen­teil sogar sehr stolz dar­auf war, wur­de Isol­de von Bülow, so ihr Mäd­chen­na­me, nie als Wag­ners Toch­ter legi­ti­miert. 1900 hei­ra­te­te sie den Diri­gen­ten Franz Beid­ler, 1901 wur­de ihr Sohn Franz Wil­helm gebo­ren, der mit­hin der erste Enkel Richard Wag­ners war.

Aller­dings hat­te Cosi­ma nach Wag­ners Tod den gemein­sa­men Sohn Sieg­fried zum Allein­er­ben gemacht, um das dyna­sti­sche Prin­zip sicher­zu­stel­len. Als Isol­de Beid­ler dann 1914 einen auf­se­hen­er­re­gen­den Pro­zess gegen ihre Mut­ter Cosi­ma auf Aner­ken­nung der Vater­schaft Richard Wag­ners führ­te, nicht zuletzt um die Erb­an­sprü­che ihres Soh­nes als älte­stem Enkel Wag­ners zu sichern, bedeu­te­te die­ser soge­nann­te „Beid­ler-Skan­dal“ den unwi­der­ruf­li­chen Bruch mit der Fami­lie. In Gegen­wart Cosi­ma Wag­ners durf­te ihr Name nicht mehr genannt wer­den. Da sie zwar nicht bio­lo­gisch, jedoch nach der dama­li­gen Recht­spre­chung als Toch­ter Hans von Bülows galt, ver­lor sie schließ­lich den Pro­zess und über­sie­del­te mit ihrem Mann von Bay­reuth nach Mün­chen, wo sie 1919 an Tuber­ku­lo­se starb.

Ihr Sohn Franz Wil­helm emi­grier­te nach der Macht­über­nah­me Hit­lers 1933 nach Zürich, begann eine unvoll­endet geblie­be­ne, kri­ti­sche Bio­gra­phie über sei­ne Groß­mutter Cosi­ma und blieb auch nach dem Krieg den Bay­reu­ther Fest­spie­len kri­tisch ver­bun­den. Mit sei­nen „Beden­ken gegen Bay­reuth“ wand­te er sich gegen ein unre­flek­tier­tes Wei­ter­ma­chen nach dem Drit­ten Reich und ent­wickel­te ein alter­na­ti­ves Fest­spiel-Kon­zept, mit dem er sich jedoch nicht durch­set­zen konnte.

Mit Isol­de Wag­ner-Beid­ler wur­den mit­hin die älte­sten Nach­kom­men Richard Wag­ners aus Bay­reuth ver­drängt und spä­ter nahe­zu ver­ges­sen. Unter dem „Beid­ler-Skan­dal“ lit­ten indes­sen die Mut­ter Cosi­ma eben­so wie die Toch­ter Isol­de, deren frü­her Tod zumin­dest zum Teil auch dar­auf zurück­zu­füh­ren ist. Das Por­trät Len­bachs indes­sen zeigt noch „Lol­di“, wie die Eltern Richard und Cosi­ma Wag­ner ihr erstes gemein­sa­mes und dar­um beson­ders gelieb­tes Kind nann­ten. „Mit dem Len­bach-Por­trät ist die ver­bann­te Isol­de wenig­stens sym­bo­lisch in ihr Eltern­haus Wahn­fried zurück­ge­kehrt“, freut sich Muse­ums­di­rek­tor Dr. Sven Friedrich.