Arti­kel­se­rie “Ener­gie­wen­de – muss das sein?”: 29. Sicher­heit und Risi­ko – Strom­net­ze, Risi­ko und mög­li­che Risikominderung

Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Betrach­ten wir die Strom­aus­fäl­le unter dem Risi­ko-Aspekt: der Ein­tritts­wahr­schein­lich­keit eines groß­flä­chi­gen Strom­aus­falls und des dar­aus ent­ste­hen­den Schadens.

Die Wahr­schein­lich­keit für einen bun­des­wei­ten Strom­aus­fall ist gering. Es gibt kaum Erfah­rungs­wer­te, die man bei der Abschät­zung ver­wen­den könn­te. Aber die­se Tat­sa­che beweist nicht, dass es nicht pas­sie­ren kann.
Unse­re Erfah­rung mit einer dich­ten bun­des­weit auf­ge­bau­ten Ver­net­zung, wie wir sie heu­te haben, beträgt auch erst ca. 30–40 Jah­re; die Ver­net­zung mit unse­ren Euro­päi­schen Nach­barn ca. 15 Jahre.

Im pri­va­ten Bereich wird man sicher eini­ge Stun­den ohne Strom schad­los über­ste­hen. Aber gilt das auch für einen meh­re­re Tage/​wochenlangen und groß­flä­chi­gen Strom­aus­fall? Es wird kei­ne Hei­zung mehr funk­tio­nie­ren. Gas- und Was­ser­ver­sor­gung wer­den zusam­men­bre­chen. Den­ken Sie an Ihre Toi­let­ten, an die Inhal­te von Kühl­schrän­ken und Gefrier­tru­hen! Sie kön­nen Ihr Auto nicht mehr nach­tan­ken. Der gesam­te Zah­lungs­ver­kehr (elek­tro­ni­sche Kas­sen, Geld­au­to­ma­ten) bricht zusam­men. Wie lan­ge rei­chen ihre Bar­geld­vor­rä­ten? Ohne Nach­schub in den Super­märk­ten (oder auch Apo­the­ken, Kran­ken­häu­sern) – die Lie­fer­wa­gen sind trocken gefah­ren – gibt es nichts mehr zu kau­fen. Ein­rich­tun­gen, die Not­strom­ag­gre­ga­te haben, wie Kran­ken­häu­ser oder Poli­zei, haben auch nicht unbe­grenzt Kraft­stoff; meist nur für weni­ge Tage. Kurz, bei einem bun­des­wei­ten Strom­aus­fall über meh­re­re Tage bah­nen sich chao­ti­sche Ver­hält­nis­se an.

Fazit: Weil unse­re gesam­te lebens­wich­ti­ge Infra­struk­tur von einem funk­tio­nie­ren­den Strom­netz abhän­gig ist, ist das Risi­ko eines groß­flä­chi­gen Strom­aus­falls nicht ver­nach­läs­sig­bar klein. Die­ses Risi­ko wird nicht an die gro­ße Glocke gehängt, um nicht Panik zu erzeu­gen. Man ist sich des Risi­kos aber durch­aus bewusst, s.a. Kapi­tel 7 und 28, die Stu­die des Aus­schus­ses für Tech­nik­fol­gen­ab­schät­zung sowie Zei​ten​wen​de​.de und Pres­se­no­tiz N24.

Wel­che Mög­lich­kei­ten der Risi­ko­min­de­rung gibt es?

1. Ver­min­de­rung der Ein­tritts­wahr­schein­lich­keit eines Strom­aus­falls mit groß­flä­chi­gen Domi­no­ef­fek­ten: Das ursprüng­lich ein­heit­li­che Netz über ganz Deutsch­land wur­de zwi­schen­zeit­lich auf 4 Netz­be­trei­ber auf­ge­teilt, die auch für eine Schwarz­start­fä­hig­keit und die Mög­lich­keit eines Insel­be­trie­bes ver­ant­wort­lich sind. Dies hat die Situa­ti­on schon etwas ent­schärft. Der Strom­aus­fall von 2006 zeigt aller­dings, wie schnell die Domi­no­ef­fek­te nicht nur die­se Gren­zen über­sprin­gen kön­nen, son­dern auch die zu unse­ren direk­ten und indi­rek­ten euro­päi­schen Nach­barn. Eine wei­te­re Dezen­tra­li­sie­rung der Strom­erzeu­gung mit der Bil­dung von klei­ne­ren regio­na­len Net­zen wür­de die Situa­ti­on wei­ter ent­schär­fen. Vor­aus­ge­setzt, die­se regio­na­len Net­ze sind schwarz­start­fä­hig und kön­nen auch im Insel­be­trieb gefah­ren wer­den (eigen­stän­di­ge Span­nungs-/Fre­quenz­re­ge­lung).

2. Scha­dens­be­gren­zung: Das Scha­dens­aus­maß ist ein­mal von der Dau­er des Strom­aus­falls abhän­gig, von sei­ner regio­na­len Aus­deh­nung und damit vom Umfang der betrof­fe­nen Infra­struk­tur. Bei­des, Dau­er und regio­na­le Aus­deh­nung, lässt sich durch eine wei­te­re Dezen­tra­li­sie­rung der Strom­erzeu­gung ver­bun­den mit der Auf­tei­lung auf klei­ne­re Net­ze posi­tiv beein­flus­sen. Klei­ne­re aut­ar­ke Net­ze, die nicht von der eigent­li­chen Scha­dens­ur­sa­che, son­dern nur vom Domi­no­ef­fekt betrof­fen sind, las­sen sich viel schnel­ler wie­der hoch­fah­ren. Aus­ge­hend von sol­chen „Inseln“ las­sen sich Zug um Zug die benach­bar­ten Regio­nen wie­der zuschal­ten. Es bricht nicht die gesam­te Infra­struk­tur zusam­men bzw. kann schnel­ler wie­der her­ge­stellt werden.

Fazit: Die Dezen­tra­li­sie­rung der Net­ze, ver­bun­den mit einer Dezen­tra­li­sie­rung der elek­tri­schen Ener­gie­er­zeu­gung, hat vie­le Vor­tei­le für den Risikoaspekt.

Dar­über hin­aus kann man auch im pri­va­ten Bereich vor­sor­gen, um einen län­ge­ren Strom­aus­fall leich­ter zu über­ste­hen. Tipps hier­für fin­det man u.a. auf einer Inter­net­sei­te des Bun­des­am­tes für Bevöl­ke­rungs­schutz und Kata­stro­phen­hil­fe: Strom­aus­fall – was tun wenn die Ener­gie aus­fällt. Die Behör­den sind sich also durch­aus die­ses Risi­kos bewusst. Nur, eine wirk­lich durch­grei­fen­de Risi­ko­min­de­rung steht im Wider­streit mit den unter­schied­lich­sten wirt­schaft­li­chen Interessen.

Nach­die­sen vie­len Detail­be­trach­tun­gen, die aber für das Gesamt­ver­ständ­nis not­wen­dig waren, wol­len wir uns in den fol­gen­den Kapi­teln wie­der dem eigent­li­chen The­ma wid­men: Was bedeu­tet eigent­lich Energiewende?

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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