Arti­kel­se­rie “Ener­gie­wen­de – muss das sein?”: 28. Sicher­heit und Risi­ko – Aus­fall­si­cher­heit der Stromnetze

Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Deutsch­land hat die aus­fall­si­cher­ste Strom­ver­sor­gung in Euro­pa, wahr­schein­lich auch welt­weit. Dies wei­sen Sta­ti­sti­ken der Strom­ver­sor­ger (Kraft­wer­ke und Netz­be­trei­ber) aus. Hier­nach war die sta­ti­sti­sche „Nicht­ver­füg­bar­keit“ für jeden deut­schen Strom­kun­den in 2010 und 2011 etwa ¼ Stunde/​Jahr. Ähn­lich ist der Wert für Däne­mark. Die Nie­der­lan­de und Öster­reich kom­men schon auf ½ Stunde/​Jahr. Die Schluss­lich­ter sind Por­tu­gal und Finn­land mit etwa 3 Stunden/​Jahr. Alle ande­ren EG-Län­der bewe­gen sich zwi­schen 1 und 2 Stun­den pro Jahr. Aller­dings beinhal­ten die­se Sta­ti­sti­ken nur die Strom­aus­fäl­le auf Grund von Ursa­chen, die im direk­ten Ver­ant­wor­tungs­be­reich der Strom­ver­sor­ger lagen und des­halb auch rela­tiv schnell beho­ben wer­den konnten.

Wird jedoch auch die Ursa­che „höhe­re Gewalt“ mit ein­be­zo­gen, dann stei­gen die­se Wer­te sprung­haft an. Aus­nah­men sind hier Deutsch­land, die Nie­der­lan­de und Öster­reich, aber nur, weil es in die­sen Regio­nen in den hier betrach­te­ten bei­den Jah­ren kei­nen groß­flä­chi­gen län­ge­ren Strom­aus­fall durch „höhe­re Gewalt“ gege­ben hat. Alle groß­flä­chi­gen und lang andau­ern­den Strom­aus­fäl­le wur­den ent­we­der durch extre­me Wet­ter­ereig­nis­se (höhe­re Gewalt) oder falsch ein­ge­schätz­te Schalt­hand­lun­gen im Netz ver­ur­sacht (mensch­li­ches Ver­sa­gen?), die dann wei­te­re kas­ka­den­ar­ti­ge Abschal­tun­gen zur Fol­ge hat­ten (Domi­no­ef­fekt). S.a. Kapi­tel 6 und 7, sowie eine Liste histo­ri­scher Strom­aus­fäl­le in Wikipedia.

Die letz­ten gro­ßen Strom­aus­fäl­le in Deutschland:

2005 durch Extrem­wet­ter, das „Mün­ster­län­der Schnee­cha­os“: Strom­aus­fall regio­nal bis zu 5 Tagen. Es waren vie­le Repa­ra­tur­ar­bei­ten notwendig.

2006 durch die geziel­te Abschal­tung einer 380 kV-Lei­tung. Ursa­che: man­gel­haf­te Pla­nung der Abschal­tung und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­me bei den fol­gen­den Domi­no­ef­fek­ten. Betrof­fe­ne Regio­nen: Tei­le von Deutsch­land, Frank­reich, Bel­gi­en, Ita­li­en, Öster­reich und Spa­ni­en bis nach Marok­ko; betrof­fen ca. 10 Mil­lio­nen Haus­hal­te; Zeit­dau­er regio­nal unter­schied­lich im Stun­den­be­reich. Es waren kei­ne Repa­ra­tu­ren not­wen­dig, aber das Syn­chro­ni­sie­ren der Teil­net­ze und Wie­der­her­stel­len des Gesamt­net­zes gelang erst nach meh­re­ren fehl­ge­schla­ge­nen Ver­su­chen, Link zu Details: http://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​S​t​r​o​m​a​u​s​f​a​l​l​_​i​n​_​E​u​r​o​p​a​_​i​m​_​N​o​v​e​m​b​e​r​_​2​006 .

2007: „Kyrill“ legt wei­te Tei­le Euro­pas lahm, zahl­lo­se Strom­lei­tun­gen wer­den beschä­digt; dadurch in eini­gen Regio­nen Deutsch­lands tage­lan­ge Stromausfälle.

Wir erken­nen, Ursa­chen für grö­ße­re und lang­an­dau­ern­de Strom­aus­fäl­le gibt es alle paar Jah­re. Die regio­na­le Aus­deh­nung (Domi­no­ef­fekt) ist von der augen­blick­li­chen Situa­ti­on im Netz abhän­gig und damit von vie­len Zufäl­len. Die Dau­er eines sol­chen Strom­aus­falls hängt unmit­tel­bar mit sei­nen Ursa­chen und den dadurch erfor­der­li­chen Repa­ra­tur­ar­bei­ten zusam­men. Hier­bei dür­fen zukünf­tig nicht nur die bis­her vor­ge­kom­me­nen Ursa­chen berück­sich­tigt wer­den, son­dern auch geziel­te ter­ro­ri­sti­sche Anschlä­ge, vor allem auch Cyber­ter­ro­ris­mus. Die letz­ten bekannt gewor­de­nen Ein­grif­fe in das Com­pu­ter­sy­stem der Bun­des­re­gie­rung demon­strie­ren nach­drück­lich die Anfäl­lig­keit schein­bar siche­rer Syste­me für sol­che Attacken. Und dies ist kein Einzelfall.

Der ent­ste­hen­de Scha­den durch einen Strom­aus­fall wächst mit der Dau­er des Strom­aus­falls, weil unse­re gesam­te Infra­struk­tur von einem funk­tio­nie­ren­den Strom­netz abhän­gig ist. S.a. die Stu­die des Aus­schus­ses für Tech­nik­fol­gen­ab­schät­zung (PDF) im Auf­trag des Bundestages.

Wir stel­len auch hier eine ganz all­ge­mei­ne Pro­ble­ma­tik fest: Je grö­ßer ein System wird, umso höher wird einer­seits der Kom­fort und die Sicher­heit die es sei­nen Nut­zern bie­tet, ande­rer­seits wird aber auch der Scha­den umso grö­ßer, wenn es doch mal ausfällt.

Sind wir für die dar­aus ent­ste­hen­den Risi­ken aus­rei­chend vor­be­rei­tet? Was kann noch für eine Risi­ko­min­de­rung / Scha­dens­be­gren­zung getan wer­den? Die­sen Fra­gen gehen wir in der näch­sten Fol­ge nach.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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