ADFC Bam­berg: Die „Neue“ Lan­ge Stra­ße – nicht opti­mal, aber kei­ne gro­ße Gefahr!

Hoch schla­gen der­zeit die Wel­len in Pres­se, im Inter­net und auch bei den inzwi­schen zahl­rei­chen Anfra­gen an den ört­li­chen ADFC nach dem Rück­bau eines Rad­weg­ab­schnitts in der Lan­gen Straße.

Der All­ge­mei­ne Deut­sche Fahr­rad-Club pro­pa­giert seit Lan­gem die mög­lichst flä­chen­decken­de Auf­he­bung der soge­nann­ten Rad­we­ge­be­nut­zungs­pflicht, wie sie seit der Ände­rung der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung im Jah­re 1997 eigent­lich vor­ge­se­hen ist. Das durch Auf­stel­lung der blau­en Rad­weg­schil­der an stra­ßen­be­glei­ten­den Rad­we­gen ver­häng­te Stra­ßen­be­nut­zungs­ver­bot benach­tei­ligt Rad­fah­rer in hohem Maße und darf eigent­lich nur bei beson­de­rer Rad­ler-Gefähr­dung ange­ord­net wer­den. Den Rad­fah­rern wird auf einem sepa­rat geführ­ten Bord­stein­rad­weg nur eine sehr sub­jek­ti­ve Sicher­heit vor­ge­gau­kelt, die jedoch an jeder Ein­mün­dung zu einer extrem erhöh­ten Gefähr­dung führt, wo abbie­gen­de Auto­fah­rer oft den gera­de­aus­fah­ren­den Rad­ler über­se­hen. Auch in Bam­berg ist die­se Form des Unfalls laut poli­zei­li­cher Unfall­sta­ti­stik die zah­len­mä­ßig häu­fig­ste mit Rad­ler­be­tei­li­gung. Daher ist das Fah­ren auf der Fahr­bahn der objek­tiv sicher­ste Weg für Rad­fah­rer, weil sie dort jeder­zeit im Sicht­feld der ande­ren Fahr­bahn­be­nut­zer sind.

Der ADFC Bam­berg sieht daher den Rück­bau des mit 110 cm viel zu schma­len und zuletzt nicht mehr benut­zungs­pflich­ti­gen Rad­wegs im engen Bereich der Frei­schank­flä­chen der Cafes Beck­stein und Graup­ner nicht so schlimm. „Die­ser Rad­weg wur­de nicht ernst genom­men. Nicht von den Café-Gästen, nicht von Fuß­gän­gern, nicht von Hun­de­be­sit­zern und auch nicht von den Fah­rern dort wider­recht­lich par­ken­den Kraft­fahr­zeu­gen.“ weint ADFC-Vor­stands­mit­glied Micha­el Schil­ling die­sem Weg­fall kei­ne Trä­ne nach. „Ver­lo­ren haben Rad­fah­rer nun zwar die Mög­lich­keit, am Auto­stau rechts vor­bei zu fah­ren, auf der Fahr­bahn kön­nen Rad­fah­rer nun selbst­be­wusst als voll­wer­ti­ge Ver­kehrs­teil­neh­mer fah­ren und wer­den nicht mehr an den Rand gedrängt.“

Nicht opti­mal weil irri­tie­rend sind jedoch die Fahr­bahn­mar­kie­run­gen, wo durch die vie­len neu auf­ge­mal­ten Fahr­rad­pik­to­gram­me eine Zwei­tei­lung der Fahr­bahn ange­deu­tet wird, wofür im Eng­stel­len­be­reich aber nicht genug Platz vor­han­den ist. Rad­fah­rer soll­ten hier mit aus­rei­chend Abstand zum Fahr­bahn­rand eher in der Mit­te der Fahr­bahn fah­ren. Und wenn das von 6 bis 20 Uhr ange­ord­ne­te Park­ver­bot zwi­schen Gör­res-Pas­sa­ge und Cali­me­ros auf der lin­ken Fahr­bahn­sei­te durch ver­stärk­te Kon­trol­len sei­tens den städ­ti­schen Park­über­wa­chungs­dienst wirk­sam durch­ge­setzt wür­de, ist im wei­te­ren Ver­lauf auch wie­der genug Platz und ein Mit­ein­an­der von Auto- und Rad­ver­kehr im Misch­ver­kehr pro­blem­los mög­lich. Eine höhe­re Gefähr­dung als auf den der Lan­gen Stra­ße zufüh­ren­den Stra­ßen, die sämt­lich kei­ne bau­li­chen Rad­we­ge besit­zen, ent­stand durch den Umbau daher aus Sicht des ADFC für den Rad­ver­kehr nicht.

Im Vor­feld und aktu­ell hät­ten sich die Ver­ant­wort­li­chen des ADFC jedoch eine recht­zei­ti­ge Ein­bin­dung in die Pla­nun­gen und eine Mit­spra­che bei den Mög­lich­kei­ten der Umset­zung der Maß­nah­men gewünscht. „Wir waren bei Pla­nung und Umset­zung der Maß­nah­me nicht betei­ligt und daher von der Neu­ge­stal­tung auch etwas über­rascht. Die­ser muti­ge Schritt der Ver­wal­tung kann aber nur der erste von wei­ter­ge­hen­den Maß­nah­men sein. Für eine wirk­sa­me Ver­bes­se­rung der inner­städ­ti­schen Auf­ent­halts­qua­li­tät muss eine umfang­rei­che Besei­ti­gung des par­ken­den und eine Ver­min­de­rung des fah­ren­den moto­ri­sier­ten Ver­kehrs erfol­gen“ sieht der ADFC hoff­nungs­voll in die Zukunft. 

Micha­el Schilling 
Mit­glied im Vor­stand des ADFC-Kreis­ver­band Bam­berg e.V.

1 Antwort

  1. Ferenc sagt:

    Rea­li­täts­fern

    Wenn­gleich der „alte“ Rad­weg alles ande­re als ide­al gewe­sen war, ist durch die Neu­re­ge­lung eine erheb­li­che Gefah­ren­quel­le ent­stan­den: der Spur­wech­sel derer, die bis dahin der rechts am Fahr­bahn­rand lie­gen­den Mar­kie­rung fol­gen, in Höhe der Eng­stel­le. Sol­che Dis­kon­ti­nui­tä­ten sind im Rad­ver­kehr – uralter Stand der Ver­kehrs­si­cher­heits­for­schung – fatal. In allen Regel­wer­ken wird aus­drück­lich betont, daß die Lini­en­füh­rung für Rad­fah­rer ste­tig sein soll.

    Die­se Regel­wer­ke soll­ten einer Ver­kehrs­be­hör­de – lei­der weiß man, daß sie nicht viel dar­um gibt – wie auch einem ver­kehrs­po­li­ti­schen Fahr­rad­ver­band geläu­fig sein. Die Ver­kehrs­len­kung muß zwar ermög­li­chen, daß rou­ti­nier­te, selbst­be­wuß­te Rad­ler zügig vor­an­kom­men, ohne durch man­gel­haf­te Wege und umständ­li­che Lini­en­füh­rung behin­dert zu wer­den. Sie muß aber gleich­zei­tig sicher­stel­len, daß weni­ger erfah­re­ne, eher ängst­lich-vor­sich­ti­ge Men­schen sicher unter­wegs sind.

    Ich bin über­zeugt, das eigent­li­che Ziel der jet­zi­gen Rege­lung ist, die Mög­lich­keit des Rad­fah­rens auf der Fahr­bahn grund­sätz­lich zu dis­kre­di­tie­ren. Letzt­end­lich wer­den in der Stadt wie­der rei­hen­wei­se unzu­läs­si­ge, behin­dern­de und gefähr­den­de Benut­zungs­pflich­ten für teils unzu­mut­ba­re Rad­we­ge ange­ord­net – Kri­tik wird mit dem Hin­weis auf „das geschei­ter­te Expe­ri­ment Lan­ge Stra­ße“ zurück­ge­wie­sen. Aus wel­chem Grund die ADFC-Funk­tio­nä­re begie­rig auf die­ser Leim­ru­te Platz neh­men, ent­zieht sich mei­nem Verständnis.

    Vor einer drin­gend not­wen­di­gen Neu­ord­nung des Ver­kehrs war der „alte“ Zustand ein akzep­ta­bler Kom­pro­miß: Die eige­ne Rad­spur, teils bau­lich, teils mar­kiert, war nicht benut­zungs­pflich­tig. Rou­ti­nier­te Rad­ler durf­ten somit ohne­hin auf der Fahr­bahn fah­ren. Die ande­ren konn­ten vor­sich­tig (zügig wäre ris­kant gewe­sen) die „eige­ne“ Spur neh­men. Und auch der Vor­teil, ggf. am Auto­stau vor­bei­zie­hen zu kön­nen, macht(e) einen erheb­li­chen Teil der Attrak­ti­vi­tät des Ver­kehrs­mit­tels Fahr­rad aus.

    Für die über­stürz­te Ände­rung gab es kei­nen sach­lich ver­tret­ba­ren Grund.