Uner­war­te­ter Fund in der ehe­ma­li­gen Domi­ni­ka­ner­kir­che in Bamberg

Susanne Talabardon erläutert die Grabsteininschrift (Foto: Universität Bamberg)

Susan­ne Tal­abar­don erläu­tert die Grab­stein­in­schrift (Foto: Uni­ver­si­tät Bamberg)

Bau­maß­nah­men för­dern jüdi­sche Grab­stei­ne zu Tage

Die Sanie­rungs­ar­bei­ten in der AULA der Uni­ver­si­tät sind mehr als rei­ne Moder­ni­sie­rungs­maß­nah­men. Sie geben Auf­schluss über die beweg­te Geschich­te eines ein­zig­ar­ti­gen Bam­ber­ger Kul­tur­denk­mals – und dank des Fun­des jüdi­scher Grab­stei­ne auch über ein Stück Stadt­ge­schich­te. Bei einem Pres­se­ge­spräch wur­den die Fund­stücke erst­mals der Öffent­lich­keit vorgestellt.

Ein­ge­bet­tet zwi­schen dem ehe­ma­li­gen Domi­ni­ka­ner­klo­ster, in dem heu­te das Staat­li­che Bau­amt behei­ma­tet ist, und dem Klo­ster­gar­ten, der heu­te ein Bier­gar­ten ist, liegt die ehe­ma­li­ge Domi­ni­ka­ner­kir­che. Die auf das Jahr 1401 zurück­ge­hen­de älte­ste Hal­len­kir­che Bay­erns war der Uni­ver­si­tät Bam­berg im Jahr 1999 in stark sanie­rungs­be­dürf­ti­gem Zustand als AULA über­tra­gen wor­den. Der­zeit wird sie umfas­send reno­viert, „die Gesamt­ko­sten belau­fen sich dabei auf ca. 8 Mil­lio­nen Euro“, erklärt die Kanz­le­rin der Uni­ver­si­tät Dr. Dag­mar Steu­er-Flie­ser. Nach Abschluss der Bau­maß­nah­men soll die AULA der Uni­ver­si­tät Bam­berg vor allem als Fest­hal­le für Fei­er­lich­kei­ten wie dem all­jähr­li­chen Dies aca­de­micus oder den Absol­ven­ten­fei­ern dienen.

Uni­ver­si­täts­prä­si­dent Prof. Dr. Dr. habil. Gode­hard Rup­pert erläu­tert die Her­aus­for­de­run­gen, die Uni­ver­si­tät, Staat­li­ches Bau­amt und Archi­tek­ten bei der Sanie­rung zu beach­ten hat­ten: „Die histo­ri­schen Wur­zeln der ehe­ma­li­gen Domi­ni­ka­ner­kir­che sol­len erkenn­bar sein und blei­ben, zugleich muss die AULA aber auch den räum­li­chen und tech­ni­schen Anfor­de­run­gen an einen moder­nen Ver­an­stal­tungs­saal, in dem viel kom­mu­ni­ziert wird, erfüllen.“

Nach­dem das spät­mit­tel­al­ter­li­che Dach­werk seit 2010 auf­wän­dig saniert wor­den war, begann vor zwei­ein­halb Jah­ren der drit­te und letz­te Bau­ab­schnitt, die Moder­ni­sie­rung des Innen­raums. „Im Zuge der Umbau­maß­nah­men wur­den unter ande­rem die Heiz- und Lüf­tungs­an­la­ge moder­ni­siert und eine neue Schutz­ver­gla­sung ein­ge­setzt“, sagt Hubert Wag­ner vom Staat­li­chen Bau­amt Bamberg.

Jüdi­scher Grab­stein wur­de fast voll­stän­dig erhal­ten gefunden

Par­al­lel zur Moder­ni­sie­rung schrei­tet die Unter­su­chung der beweg­ten Geschich­te des ein­sti­gen Got­tes­hau­ses vor­an. Soge­nann­te „Ret­tungs­gra­bun­gen“ zur Doku­men­ta­ti­on der Boden­denk­mal­sub­stanz in den Sei­ten­schif­fen und dem Chor, die unter ande­rem not­wen­dig waren, bevor die neue Hei­zungs­an­la­ge instal­liert wer­den konn­te, brach­ten zahl­rei­che archäo­lo­gi­sche Befun­de wie Auf­füll- und Pla­nier­schich­ten, Fuß­bo­den­re­ste und Grä­ber ans Tageslicht.

Eine beson­de­re Über­ra­schung lie­fer­te die Bau­sub­stanz zwei­er Grüf­te, die am Ein­gang des Cho­res lie­gen. Aus dem west­li­chen Grab konn­ten zwei Frag­men­te jüdi­scher Grab­stei­ne gebor­gen wer­den. Im süd­öst­lich gele­ge­nen zwei­ten Grab fand sich ein Grab­stein mit hebräi­schen Schrift­zei­chen aus dem Jahr 1400. „Der 70 x 55 cm gro­ße Stein war mit der Inschrift nach außen in die Sei­ten­wand des Gra­bes ein­ge­baut wor­den“, sagt Gra­bungs­lei­tern Johan­na Aas von der Fir­ma „ReVe Büro für Archäo­lo­gie“. „Die jüdi­schen Grab­stei­ne wur­den offen­sicht­lich als Bau­ma­te­ri­al für die erst spä­ter ent­stan­de­nen Grä­ber der Gruft verwendet.“

Span­nend ist die­ser Fund zum einen des­we­gen, weil jüdi­sche Gemein­den sol­che eine „Wei­ter­ver­wen­dung“ mög­lichst zu ver­hin­dern suchen. Denn die Stö­rung der Toten­ru­he ist für Juden ein Sakri­leg. „Einen Fried­hof bezeich­nen die Juden als ‚Haus der Ewig­keit‘“, erläu­tert Dr. Susan­ne Tal­abar­don, Pro­fes­so­rin für Juda­istik an der Uni­ver­si­tät Bam­berg. „Aus­gra­bun­gen jeg­li­cher Art wie die Exhu­mie­rung von Leich­na­men und Gebei­nen sind streng­stens verboten.“

Die jüdi­schen Gemein­den ach­ten daher bis heu­te sehr dar­auf, dass Stö­run­gen der Toten­ru­he ver­mie­den wer­den. Wie die Fun­de zei­gen, konn­ten die Bemü­hun­gen eine Plün­de­rung der Grab­stät­ten zwar nicht immer ver­hin­dern, aber ein­däm­men. „Und zumin­dest für Bam­berg ist ein sol­cher Fund bis­lang ein­zig­ar­tig“, sagt Susan­ne Talabardon.

„Errich­tet zu Ehren der schö­nen Rekhle“

Eine Beson­der­heit ist der Fund auch des­we­gen, weil der Grab­stein nahe­zu als Gan­zes ver­baut und mit einer fast voll­stän­dig les­ba­ren Grab­in­schrift ver­ziert ist. Die­se ver­rät, wem zu Ehren er einst­mals errich­tet wor­den war: der schö­nen Rekhle, Toch­ter des geehr­ten Barukh, die am 11. August 1400 in Bam­berg bestat­tet wor­den war. „Rekhle ist die frän­ki­sche Form des Namens Rachel“, erläu­tert Susan­ne Tal­abar­don. Die Inschrift zitie­re außer­dem den bibli­schen Nak­hum-Vers. „Das zeigt mög­li­cher­wei­se einen gelehr­ten Anspruch der Fami­lie der Toten.“

Auch stadt­ge­schicht­lich sind die Grab­stein­fun­de auf­schluss­reich. Die frü­he­ste Erwäh­nung eines jüdi­schen Fried­hofs in Bam­berg, der am Nor­den­de des Sand­ge­biets außer­halb der Stadt­mau­er liegt, datiert auf das Jahr 1407. „Der Fund des Grab­steins und wei­te­rer Frag­men­te legt jetzt nahe, dass die­ser jüdi­sche Fried­hof bereits vor sei­ner Erst­erwäh­nung genutzt wur­de“, erläu­tert Stadt­ar­chäo­lo­ge Ste­fan Pfaf­fen­ber­ger. „Zusam­men mit den Ergeb­nis­sen frü­he­rer Gra­bun­gen kön­nen wir außer­dem davon aus­ge­hen, dass zwi­schen Fluss und Dom­berg eine der wich­tig­sten Keim­zel­len der Stadt Bam­berg liegt.“

Wäh­rend die Gra­bungs­ar­bei­ten jetzt suk­zes­si­ve abge­schlos­sen und der Boden wie­der geschlos­sen wird, schrei­tet die Innen­raum­sa­nie­rung der AULA vor­an. Der näch­ste Dies aca­de­micus im Novem­ber 2015 soll bereits im kom­plett moder­ni­sier­ten Gebäu­de statt­fin­den. Wie genau das Innen­le­ben der AULA dann aus­se­hen wird, ließ sich bei einem klei­nen Rund­gang durch den noch voll­stän­dig ein­ge­rü­ste­tem Kir­chen­raum besten­falls erah­nen. Hubert Wag­ner gibt aber schon einen klei­nen Hin­weis: „Die Besu­cher wer­den einen ‚Traum in Weiß‘ erleben.“

Tan­ja Eisen­ach / Sami­ra Rosenbaum