Neue Stu­die der Uni Bay­reuth zu Honig­bie­nen und Weidenkätzchen

Symbolbild Bildung

Reiz­vol­les Aus­se­hen und anzie­hen­der Duft sichern die Fortpflanzung

Honigbiene an einem männlichen Blütenkätzchen der Sal-Weide Copyright: Jens Wagner

Honig­bie­ne an einem männ­li­chen Blü­ten­kätz­chen der Sal-Wei­de.
Copy­right: Jens Wagner

Wei­den gehö­ren zu den weni­gen blü­hen­den Pflan­zen, die ent­we­der nur männ­li­che oder nur weib­li­che Blü­ten haben. Eine Befruch­tung durch eige­nen Blü­ten­staub kann es in die­sem Fall nicht geben. Dies ist ein gene­ti­scher Vor­teil – aber nur dann, wenn die für die Bestäu­bung unent­behr­li­chen Bie­nen bei ihrer Nah­rungs­su­che mög­lichst zuerst die männ­li­chen Blü­ten anflie­gen, bevor sie sich den weib­li­chen Blü­ten zuwen­den. Ein For­schungs­team an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth hat jetzt her­aus­ge­fun­den, wes­halb die­se Rei­hen­fol­ge gewähr­lei­stet ist.

Kaum ist der Win­ter vor­über, begin­nen eini­ge Wei­den­ar­ten schon Anfang März zu blü­hen. In die­ser frü­hen Jah­res­zeit ist der Nek­tar der Wei­den­blü­ten eine wich­ti­ge Nah­rungs­quel­le für Honig­bie­nen und Wild­bie­nen, die ihrer­seits für die Bestäu­bung der Blü­ten unent­behr­lich sind. Cha­rak­te­ri­stisch für die Wei­den sind ihre „Kätz­chen“, die aus einer Viel­zahl klei­ner und eng benach­bar­ter Ein­zel­blü­ten bestehen. Jeder ein­zel­ne Baum oder Strauch hat, mit Aus­nah­me der Trau­er­wei­de, ent­we­der nur männ­li­che Blü­ten oder nur weib­li­che Blü­ten. Daher sind Wei­den – bio­lo­gisch gespro­chen – zwei­häu­sig getrennt­ge­schlech­tig. Nur bei sechs Pro­zent aller blü­hen­den Pflan­zen­ar­ten sind männ­li­che und weib­li­che Indi­vi­du­en in die­ser Wei­se strikt getrennt. Eine sol­che Tren­nung hat für die Wei­den einen erheb­li­chen gene­ti­schen Vor­teil: Weib­li­che Blü­ten kön­nen nur mit Pol­len bestäubt wer­den, die von ande­ren Wei­den­bäu­men oder ‑sträu­chern stam­men. Inzucht, also die Befruch­tung durch eige­nen Blü­ten­staub, ist ausgeschlossen.

Aller­dings ist die Fort­pflan­zung der Wei­den nur dann gewähr­lei­stet, wenn die Bie­nen mög­lichst zuerst die männ­li­chen Kätz­chen anflie­gen. Wäh­rend sie hier den Blü­ten­nek­tar auf­sau­gen, set­zen sich die Pol­len an ihrer Außen­haut fest; und wenn sie anschlie­ßend die weib­li­chen Blü­ten besu­chen, wer­den die­se mit den Pol­len bestäubt. Was aber ist der Grund dafür, dass die Bie­nen bei ihren Blü­ten­be­su­chen die­se Rei­hen­fol­ge ein­hal­ten? Wes­halb steu­ern sie nicht lie­ber gleich die weib­li­chen Kätz­chen an?

Leuch­ten­des Gelb männ­li­cher Kätz­chen entscheidend

Ein For­schungs­team um PD Dr. Gre­gor Aas, Direk­tor des Öko­lo­gisch-Bota­ni­schen Gar­tens der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, ist die­ser Fra­ge auf den Grund gegan­gen. Unter­su­chun­gen am Bei­spiel der Sal-Wei­de, einer früh blü­hen­den Wei­den­art, haben gezeigt, dass es pri­mär Duft­stof­fe sind, wel­che die Honig­bie­nen aus der Fer­ne anlocken. Die­se Duft­stof­fe wer­den von männ­li­chen und weib­li­chen Wei­den­blü­ten mit unge­fähr glei­cher Inten­si­tät frei­ge­setzt. Sobald sich die Bie­nen einer Wei­den­grup­pe genä­hert haben, wer­den sie durch opti­sche Anrei­ze gezielt zu den männ­li­chen Blü­ten hin­ge­lenkt. Die­se haben auf­grund ihrer leuch­tend gel­ben Far­be eine viel höhe­re Anzie­hungs­kraft als die weib­li­chen Blü­ten mit ihrer eher unschein­ba­ren grün­li­chen Far­be. Erst nach­dem die Bie­nen ihren ersten Süß­hun­ger mit dem Nek­tar männ­li­cher Blü­ten gestillt haben, las­sen sie sich – die Pol­len im Gepäck – auf weib­li­chen Blü­ten nie­der. Das leuch­ten­de Gelb der männ­li­chen Kätz­chen ist somit für die Fort­pflan­zung der Sal-Wei­de entscheidend.

Die­se Signal­wir­kung der Far­be haben die Bay­reu­ther For­sche­rin­nen und For­scher, in Zusam­men­ar­beit mit Prof. Dr. Ste­fan Döt­terl von der Uni­ver­si­tät Salz­burg, in zahl­rei­chen Expe­ri­ment­rei­hen her­aus­ge­ar­bei­tet. Zunächst haben sie zylin­der­för­mi­ge Behäl­ter auf­ge­stellt, von denen die einen nur weib­li­che, die ande­ren nur männ­li­che Blü­ten ent­hiel­ten. Die Behäl­ter waren undurch­sich­tig, aber luft­durch­läs­sig, so dass die Duft­stof­fe der Blü­ten nach drau­ßen gelang­ten und sich mit dem Wind ver­brei­te­ten. Honig­bie­nen aus der Umge­bung kamen ange­flo­gen, lie­ßen aber kei­ne Vor­lie­be für männ­li­che oder weib­li­che Blü­ten erken­nen. Wenn jedoch die Blü­ten in durch­sich­ti­gen und zugleich luft­un­durch­läs­si­gen Behäl­tern auf­be­wahrt wur­den, steu­er­ten die Bie­nen gezielt die Behäl­ter mit den leuch­tend gel­ben Kätz­chen an. Mit­hil­fe spek­tro­sko­pi­scher Ana­ly­sen hat das For­schungs­team die opti­schen Signa­le, die von den männ­li­chen Wei­den­blü­ten aus­ge­sen­det und von den Augen der Bie­nen regi­striert wer­den, im Detail beschrei­ben können.

„Unse­re Unter­su­chun­gen bestä­ti­gen die bio­lo­gi­sche Theo­rie, dass die männ­li­chen Indi­vi­du­en einer Pflan­zen- oder Tier­art mehr als die weib­li­chen Indi­vi­du­en in ihre Attrak­ti­vi­tät inve­stie­ren müs­sen“, erläu­tert Gre­gor Aas. „Die leuch­tend gel­ben Kätz­chen der männ­li­chen Wei­den sind gleich­sam eine intel­li­gen­te Wer­bung für die Ziel­grup­pe der Bie­nen. Sie gewähr­lei­stet, dass die im Pflan­zen­reich eher sel­te­ne Tren­nung zwi­schen weib­li­chen und männ­li­chen Indi­vi­du­en der Fort­pflan­zung der Wei­den nicht scha­det, son­dern ihnen im Gegen­teil einen gene­ti­schen Vor­teil verschafft.“

Ver­öf­fent­li­chung:
Ste­fan Döt­terl, Ulri­ke Glück, Andre­as Jür­gens, Joseph Wood­ring, Gre­gor Aas,
Flo­ral Reward, Adver­ti­se­ment and Attrac­ti­ve­ness to Honey Bees in Dioe­cious Salix caprea,
PLOS ONE (2014), Volu­me 9, Issue 3, e93421
DOI: 10.1371/journal.pone.0093421