Neue DFG-For­scher­grup­pe an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Bio­ge­ne­se von Chloroplasten

Symbolbild Bildung

Das Labor für Elek­tro­nen­mi­kro­sko­pie der Uni­ver­si­tät Bay­reuth koope­riert in der Pho­to­syn­the­se­for­schung mit vier wei­te­ren Uni­ver­si­tä­ten und dem Max-Planck-Insti­tut für Mole­ku­la­re Pflanzenphysiologie

Ohne Chlo­ro­pla­sten gäbe es kein höhe­res Leben auf der Erde. Chlo­ro­pla­sten sor­gen in pflanz­li­chen Zel­len für die Pho­to­syn­the­se. Dabei wird die Ener­gie des Son­nen­lichts in che­mi­sche Ener­gie umge­wan­delt. Die che­mi­sche Ener­gie set­zen die Pflan­zen für ihren Stoff­wech­sel ein, so dass sie neue Bio­mas­se bil­den und wach­sen kön­nen. Die so ent­ste­hen­de Bio­mas­se ist wie­der­um die Grund­la­ge für die Nah­rungs­ket­ten, durch die sich Tie­re und Men­schen ernähren.

Chlo­ro­pla­sten sind klei­ne und nur unter dem Licht­mi­kro­skop sicht­ba­re Orga­nel­len in pflanz­li­chen Zel­len. Damit sie aus den Son­nen­strah­len Ener­gie für den Stoff­wech­sel gewin­nen kön­nen, muss das Licht zunächst von soge­nann­ten Licht­sam­mel­kom­ple­xen absor­biert wer­den. Anschlie­ßend wird die Ener­gie des absor­bier­ten Lichts in Reak­ti­ons­zen­tren wei­ter­ge­lei­tet, wo die eigent­li­che Pho­to­syn­the­se – die Umwand­lung in che­mi­sche Ener­gie – statt­fin­det. Bei­de Funk­ti­ons­ein­hei­ten, die Licht­sam­mel­kom­ple­xe und die Reak­ti­ons­zen­tren, befin­den sich in einem beson­de­ren Teil der Chlo­ro­pla­sten, in den Thy­la­ko­iden. Es han­delt sich hier­bei um hoch­kom­ple­xe Mem­bra­nen. Die­se bil­den ein zusam­men­hän­gen­des Lamel­len­sy­stem im Inne­ren eines jeden Chlo­ro­pla­sten. An eini­gen Stel­len sind sie zu geld­rol­len­ähn­li­chen Struk­tu­ren über­ein­an­der­ge­sta­pelt, die Gra­na genannt werden.

Auch wenn die Thy­la­ko­ide zu den kom­ple­xe­sten Mem­bra­nen gehö­ren, die bis­her bekannt sind, ist ihre Struk­tur und Funk­ti­on bereits rela­tiv gut erforscht. Wie sie ent­ste­hen, liegt jedoch weit­ge­hend im Dun­keln. Klar ist nur: Thy­la­ko­id­mem­bra­nen bil­den sich dadurch her­aus, dass Pro­te­ine, Lipi­de, Pig­men­te und anor­ga­ni­sche Fak­to­ren sich schritt­wei­se zusam­men­la­gern. Dabei müs­sen die ein­zel­nen Schrit­te nicht nur zeit­lich, son­dern auch räum­lich klar getrennt sein. Man nimmt an, dass die­ser Vor­gang, die Thy­la­ko­id­bio­ge­ne­se, an spe­zia­li­sier­ten Mem­bran­struk­tu­ren beginnt. Dann schrei­tet er, ver­gleich­bar mit einer Fließ­band­mon­ta­ge, bis zur Fer­tig­stel­lung einer hoch­ge­ord­ne­ten Mem­bran voran.

Die Pro­zes­se, die an der Ent­ste­hung der Thy­la­ko­ide betei­ligt sind, mög­lichst weit­ge­hend auf­zu­klä­ren – dies ist das Ziel einer neu­en, von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) geför­der­ten For­scher­grup­pe. Sie trägt den Titel: „Bio­ge­ne­sis of thy­la­ko­id mem­bra­nes: Spa­tio­tem­po­ral orga­nizati­on of pho­to­syn­the­tic pro­te­in com­plex assem­bly“. In die­sem Ver­bund, der „FOR 2092“, koope­rie­ren Arbeits­grup­pen der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät Ber­lin, der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bochum, der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Kai­sers­lau­tern, der Lud­wigs-Maxi­mi­li­ans-Uni­ver­si­tät Mün­chen und des Max-Planck-Insti­tuts für Mole­ku­la­re Pflan­zen­phy­sio­lo­gie in Potsdam-Golm.

Das Bay­reu­ther „Key Lab“ für Elek­tro­nen­mi­kro­sko­pie über­nimmt in die­sem Ver­bund eine Schlüs­sel­rol­le. Denn die Thy­la­ko­id­struk­tu­ren, die auf ihre Ent­ste­hung hin unter­sucht wer­den sol­len, sind so klein, dass sie – im Unter­schied zu den Chlo­ro­pla­sten – unter dem Licht­mi­kro­skop nicht klar erkenn­bar sind. Dafür bedarf es der weit­aus anspruchs­vol­le­ren Tech­nik der Elek­tro­nen­mi­kro­sko­pie. Der Lei­ter der Bay­reu­ther Arbeits­grup­pe, PD Dr. Ste­fan Gei­mer, ver­fügt über lang­jäh­ri­ge Erfah­run­gen in der elek­tro­nen­mi­kro­sko­pi­schen Ana­ly­se von Chlo­ro­pla­sten. Er hat bereits in der Ver­gan­gen­heit mit eini­gen Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­lern der DFG-For­scher­grup­pe mit gro­ßem Erfolg zusam­men­ge­ar­bei­tet. „Wenn es uns gelingt, die Ent­ste­hung von Thy­la­ko­id­mem­bra­nen auf­zu­klä­ren, wäre das nicht nur ein Fort­schritt für die zell­bio­lo­gi­sche Grund­la­gen­for­schung“, erklärt Dr. Gei­mer. „Die Pro­zes­se des ‚Light har­ve­st­ing‘, also der pflanz­li­chen Ener­gie­ge­win­nung aus Son­nen­licht, sind heu­te vor allem des­halb so span­nend, weil man auf der Suche nach neu­en und hoch­ef­fi­zi­en­ten Tech­ni­ken für die Gewin­nung erneu­er­ba­rer Ener­gien ist. Dazu könn­te unse­re Grund­la­gen­for­schung eines Tages einen – wenn auch nur indi­rek­ten – Bei­trag leisten.“

Die Uni­ver­si­tät Bay­reuth bie­tet die Infra­struk­tur für eine Viel­zahl elek­tro­nen­mi­kro­sko­pi­scher Ver­fah­ren, wie etwa die Prä­pa­ra­ti­on von Pro­ben durch che­mi­sche Fixie­rung oder Hoch­druck­ge­frie­rung. Tech­ni­ken der Immu­no­gold-Elek­tro­nen­mi­kro­sko­pie erlau­ben eine hoch­auf­lö­sen­de Loka­li­sie­rung von Pro­te­inen, und mit­hil­fe der Elek­tro­nen­to­mo­gra­phie las­sen sich drei­di­men­sio­na­le Dar­stel­lun­gen von Thy­la­ko­id­mem­bra­nen erzeu­gen. Die hohe For­schungs­kom­pe­tenz auf die­sen Gebie­ten und der damit ver­bun­de­ne inter­na­tio­na­le Ruf waren die Vor­aus­set­zung für den Erfolg in der Dritt­mit­te­lein­wer­bung. Die DFG wird das Bay­reu­ther Labor für Elek­tro­nen­mi­kro­sko­pie als „Zen­tral­pro­jekt“ für die For­scher­grup­pe in den näch­sten drei Jah­ren mit Per­so­nal- und Sach­mit­teln fördern.