Erz­bi­schof Lud­wig Schick beim Ascher­mitt­woch der Künst­ler zum The­ma „Erzäh­len“

Symbolbild Religion

“Das Erzäh­len wie­der lernen”

(bbk) Der Bam­ber­ger Erz­bi­schof Lud­wig Schick ruft beim Ascher­mitt­woch der Künst­ler in Nürn­berg dazu auf, „das Erzäh­len wie­der zu ler­nen und Erzäh­lun­gen zuzu­hö­ren. Das hilft die Wirk­lich­keit Got­tes in unse­rem Leben und unse­rer Welt zu erfah­ren sowie unse­ren Mit­men­schen acht­sam zu begeg­nen und die Bezie­hun­gen zu ihnen zu stärken“.

Erz­bi­schof Schick zitier­te den fran­zö­si­schen Phi­lo­so­phen und Schrift­stel­ler Jean-Paul Sart­re: ‚Erzäh­len heißt: der Wirk­lich­keit zur Wirk­sam­keit zu ver­hel­fen.‘ Die­ses Wort gel­te auch für die Bibel. „Die Hei­li­ge Schrift des Juden- und Chri­sten­tums ist eine Samm­lung von Erzäh­lun­gen von ein­zel­nen Men­schen, vom Volk Isra­el und von der Kir­che über ihre Begeg­nun­gen, Erleb­nis­sen und Erfah­run­gen mit Gott. Die­se Erzäh­lun­gen hel­fen, die Wirk­lich­keit und Wirk­sam­keit Got­tes zu ver­ste­hen und den Mit­men­schen, Zugang zum Glau­ben an Gott zu eröffnen.“

Die Erzäh­lun­gen der Bibel, dar­an erin­ner­te Erz­bi­schof Schick, sei­en zunächst münd­lich über Jahr­hun­der­te wei­ter­ge­ge­ben wor­den, ehe sie dann schließ­lich auf­ge­schrie­ben wur­den. Sie sei­en in unter­schied­li­chen For­men gefasst wor­den. Im Alten Testa­ment fän­den sich bei­spiels­wei­se Geschichts- oder Lehrerzäh­lun­gen oder aber hym­ni­schen Erzäh­lun­gen, wie die Psalmen.

Die vier Evan­ge­li­en im Neu­en Testa­ment dür­fe man eben­falls als Erzäh­lun­gen von Erleb­nis­sen und Erfah­run­gen mit Jesus ver­ste­hen. Die Apo­stel­ge­schich­te ent­hal­te Erzäh­lun­gen über die Aus­brei­tung der Kir­che und die Offen­ba­rung des Johan­nes über die Wie­der­kunft Chri­sti am Ende der Zeiten.

„Erzäh­lun­gen geben Wirk­lich­keit wider und müs­sen von erfun­de­nen Geschich­ten und Mär­chen klar unter­schie­den wer­den“, so Schick. Sie unter­schei­den sich aber auch von Defi­ni­tio­nen und Fest­stel­lun­gen. Von Gott kön­ne man eigent­lich nur erzäh­len. Denn er ent­zie­he sich jeder Fest­le­gung ent­spre­chend der Aus­sa­ge des hei­li­gen Augu­sti­nus: ‚Wenn du es erfasst, ist es nicht Gott‘. Bei Gott kom­me es auf die Wirk­sam­keit an, sei­ne Exi­stenz für uns und die Welt sei das Ent­schei­den­de; dar­aus kön­ne man sei­ne Wirk­lich­keit und sein Wesen erschließen.

Auf erzäh­len­de Wei­se wahr­ten die Men­schen Got­tes Ein­zig­ar­tig­keit und Uner­reich­bar­keit, sowie sei­ne Nähe und Zuwen­dung. Der Bam­ber­ger Ober­hir­te appel­lier­te daher von Gott zu erzäh­len, denn: „Wer von sei­nen Erfah­run­gen und Erleb­nis­sen mit Gott erzählt, öff­net dem Näch­sten die Wirk­lich­keit Got­tes für ihn. Erzäh­len von Gott ist Mission!“

Was für Gott gel­te, gel­te ent­spre­chend auch für den Men­schen. Kein Mensch dür­fe defi­niert und fest­ge­legt wer­den. „Im Erzäh­len und Hören auf das Erzäh­len von Freud und Leid, Erfol­gen und Ent­täu­schun­gen, erken­nen die Men­schen sich und kom­men sich näher in Ach­tung und Respekt“.

Der ehe­ma­li­ge Bun­des­ar­beits­mi­ni­ster Nor­bert Blum habe ein­mal gesagt, dass Kin­der nicht vor dem Fern­se­her geparkt, son­dern ihnen lie­ber Geschich­ten erzählt wer­den soll­ten. Dadurch, dass man sich erzäh­le, ler­ne man sich bes­ser ken­nen, die Bezie­hun­gen wür­den sta­bi­ler, Bil­dung und gute Tra­di­tio­nen wür­den weitergegeben.

„Nut­zen wir die Fasten­zeit zu erzäh­len, was wir mit Gott und mit­ein­an­der erle­ben, erzäh­len wir von unse­rem Ver­trau­en auf ihn und unse­re Zwei­fel an ihm. Erzäh­len wir auch ein­an­der, was uns im Leben Freu­de macht und wo wir lei­den“, schloss Erz­bi­schof Lud­wig Schick. Im Erzäh­len erken­nen wir Gott und ein­an­der und kom­men uns näher.

Der „Ascher­mitt­woch der Künst­ler“ wur­de als Begeg­nungs­mög­lich­keit von Kir­che und Kunst nach dem 2. Welt­krieg durch den Schrift­stel­ler Paul Clau­del in Paris begrün­det. Die Erz­diö­ze­se Bam­berg führt die­se Tra­di­ti­on fort und lädt Archi­tek­ten, Künst­ler, Publi­zi­sten sowie alle Kunst­in­ter­es­sier­ten zu einer Andacht mit Auf­le­gung des Aschen­kreu­zes, einem anschlie­ßen­den Impuls­re­fe­rat mit Podi­ums­dis­kus­si­on ein. Refe­ren­tin zum The­ma „Erzäh­len!“ ist in die­sem Jahr Frau Wib­ke Becker, Mit­ar­bei­te­rin der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Sonn­tags­zei­tung (F. A. S.).