Bay­reu­ther Che­mi­ker ent­wickeln neu­ar­ti­ges Mate­ri­al für die ober­flä­chen­ver­stärk­te Raman-Spektroskopie

Symbolbild Bildung

Gold­py­ra­mi­den machen Koh­len­mon­oxid-Spu­ren in der Luft erkennbar

Ein hand­li­ches und preis­gün­sti­ges Spek­tro­me­ter kann in Ver­bin­dung mit einer nano­struk­tu­rier­ten Ober­flä­che fein­ste Spu­ren von Koh­len­mon­oxid in der Atmo­sphä­re ent­decken. Über die­se Ent­wick­lung berich­tet ein inter­na­tio­na­les Team mit Dr. Nico­las Pazos Peréz und Prof. Dr. Andre­as Fery an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth in der Zeit­schrift „Ange­wand­te Che­mie“. Der For­scher­grup­pe ist es gelun­gen, die Lei­stungs­fä­hig­keit der ober­flä­chen­ver­stärk­ten Raman-Streu­ung in einer bis­her uner­reich­ten Wei­se zu stei­gern. Das Geheim­nis die­ses Effekts sind Pyra­mi­den aus Gold-Nano­par­ti­keln, die auf einer metal­li­schen Ober­flä­che ange­ord­net sind und hier ein regel­mä­ßi­ges Muster unter­schied­li­cher Feld­stär­ken erzeugen.

Pyra­mi­den aus Gold-Nano­par­ti­keln ermög­li­chen hoch­prä­zi­se Ein­blicke in mole­ku­la­re Strukturen

Wenn es dar­um geht, die Struk­tu­ren und Eigen­schaf­ten von Mate­ria­li­en auf­zu­klä­ren, kön­nen spek­tro­sko­pi­sche Unter­su­chun­gen mit­hil­fe der ober­flä­chen­ver­stärk­ten Raman-Streu­ung (Sur­face Enhan­ced Raman Scat­te­ring, kurz: SERS) hoch­prä­zi­se Ergeb­nis­se lie­fern. Elek­tro­ma­gne­ti­sche Fel­der, die an den Ober­flä­chen metal­li­scher Par­ti­kel auf­tre­ten, wer­den dabei so ver­stärkt, dass die Streu­ung ein­fal­len­der Licht­strah­len Ein­blicke in den che­mi­schen Auf­bau ein­zel­ner Mole­kü­le bieten.

Auf der Suche nach Wegen, die­ses Ver­fah­ren noch lei­stungs­fä­hi­ger zu machen, hat die For­scher­grup­pe, in der die Bay­reu­ther Che­mi­ker mit Wis­sen­schaft­lern spa­ni­scher Uni­ver­si­tä­ten und For­schungs­ein­rich­tun­gen zusam­men­ge­ar­bei­tet haben, ein unge­wöhn­li­ches film­ar­ti­ges Mate­ri­al her­ge­stellt. Dar­auf befin­den sich win­zi­ge Pyra­mi­den, die regel­mä­ßig – wie bei einem karier­ten Muster – ange­ord­net sind. Jede Pyra­mi­de besteht dabei aus einer Viel­zahl kugel­för­mi­ger Gold-Nano­par­ti­kel, hat Sei­ten­län­gen von 4,4 Mikro­me­tern und ist 3,0 Mikro­me­ter hoch. Die seit­li­chen Abstän­de zu den benach­bar­ten Pyra­mi­den betra­gen jeweils nur weni­ge Mikrometer.

Wie ver­tei­len sich die elek­tro­ma­gne­ti­schen Fel­der, die durch die Wech­sel­wir­kun­gen der Gold-Nano­par­ti­kel ent­ste­hen, auf der Ober­flä­che des Mate­ri­als? Um dies her­aus­zu­fin­den, wur­den die Pyra­mi­den und die Zwi­schen­räu­me mit 1‑naphthalenethiol, einer aro­ma­ti­schen Ver­bin­dung, beschich­tet. Das Ergeb­nis der spek­tro­sko­pi­schen Unter­su­chung: Die Feld­stär­ken sind auf den Sei­ten­flä­chen der Pyra­mi­den deut­lich höher als zwi­schen den Pyra­mi­den; die höch­sten Feld­stär­ken kon­zen­trie­ren sich auf den Pyra­mi­den­spit­zen. Die Ober­flä­che des Mate­ri­als ist also gekenn­zeich­net durch eine regel­mä­ßi­ge Anord­nung sehr ver­schie­de­ner Feld­stär­ken auf klein­stem Raum.

Die­se Ver­tei­lung der Feld­stär­ken ist eine her­vor­ra­gen­de Vor­aus­set­zung, um den che­mi­schen Auf­bau ein­zel­ner Mole­kü­le mit­hil­fe von SERS sicht­bar zu machen. Dazu müs­sen die Mole­kü­le in den schma­len Räu­men zwi­schen den Pyra­mi­den ein­ge­la­gert wer­den. „Die neue Ober­flä­che, die wir hier in Bay­reuth ent­wickelt haben, ist ein viel­ver­spre­chen­des Sub­strat, um hoch­prä­zi­se Infor­ma­tio­nen über die Struk­tu­ren ein­zel­ner Mole­kü­le zu gewin­nen“, erklärt Dr. Nico­las Pazos Peréz. „Auf die­se Wei­se wer­den wir die Lei­stungs­fä­hig­keit von SERS wei­ter stei­gern kön­nen, nach­dem wir im vori­gen Jahr nach­ge­wie­sen haben, wel­che grund­sätz­li­chen Vor­tei­le es mit sich bringt, wenn man spe­zi­el­le Anord­nun­gen von Gold-Nano­par­ti­keln verwendet.“

Trans­por­ta­ble SERS-Spek­tro­me­ter kön­nen gering­ste Koh­len­mon­oxid-Antei­le in der Luft auf­spü­ren – und mög­li­cher­wei­se auch wei­te­re Giftstoffe

Aus­ge­hend von die­sem Erfolg haben die spa­ni­schen Koope­ra­ti­ons­part­ner gete­stet, ob sich die neu­en Ober­flä­chen dafür eig­nen, Koh­len­mon­oxid (CO) in der umge­ben­den Luft auf­zu­spü­ren. Dafür wur­den die Gold-Nano­py­ra­mi­den mit einer Schicht aus Eisen-Por­phy­rin über­zo­gen. Die Mole­kü­le die­ser Schicht sind in der Lage, CO-Mole­kü­le in unmit­tel­ba­rer Nähe der Pyra­mi­den-Ober­flä­chen zu bin­den. Dadurch bil­den die Ober­flä­chen der regel­mä­ßig ange­ord­ne­ten, beschich­te­ten Pyra­mi­den einen Sen­sor. In Kom­bi­na­ti­on mit einem klei­nen und leicht zu trans­por­tie­ren­den SERS-Spek­tro­me­ter kann ein sol­cher Sen­sor genutzt wer­den, um gerin­ge CO-Kon­zen­tra­tio­nen in der umge­ben­den Luft auf­zu­spü­ren. Selbst CO-Kon­zen­tra­tio­nen von weni­ger als 40 ppm – also von weni­ger als 0,004 Pro­zent – wer­den ent­deckt. Der­art gerin­ge Men­gen lösen beim Men­schen zwar kei­ne Krank­heits­sym­pto­me aus, schä­di­gen auf Dau­er aber den­noch den Organismus.

Ein klei­nes SERS-Spek­tro­me­ter, in Ver­bin­dung mit den Ober­flä­chen aus Gold-Nano­py­ra­mi­den, kann daher ein wert­vol­ler Bei­trag zum Gesund­heits­schutz sein – bei­spiels­wei­se im Stra­ßen­bau oder auch in Woh­nun­gen mit Ver­bren­nungs­öfen. „Es ist gut mög­lich, dass mit einem sol­chen Spek­tro­me­ter und mit geeig­ne­ten Beschich­tun­gen der Gold-Nano­py­ra­mi­den auch noch ande­re Gift­gas­spu­ren in der Luft ent­deckt wer­den kön­nen“, meint Dr. Nico­las Pazos Peréz. Nicht zuletzt im Hin­blick auf sol­che Anwen­dungs­per­spek­ti­ven hat die Zeit­schrift „Ange­wand­te Che­mie Inter­na­tio­nal Edi­ti­on“ den For­schungs­bei­trag des Bay­reu­ther Teams und sei­ner Part­ner in Spa­ni­en als „Hot Paper“ ausgezeichnet.

Hin­ter­grund:

An der inter­na­tio­na­len For­schungs­grup­pe, die die­sen Bei­trag ver­öf­fent­licht hat, waren – zusam­men mit Prof. Dr. Andre­as Fery, Dr. Nico­las Pazos-Peréz und Moritz Teb­be M.Sc. am Lehr­stuhl Phy­si­ka­li­sche Che­mie II der Uni­ver­si­tät Bay­reuth – Wis­sen­schaft­ler der fol­gen­den spa­ni­schen Ein­rich­tun­gen betei­ligt: Uni­ver­si­tat Rovi­ra i Vir­gi­li, Tar­ra­go­na; Uni­ver­si­dad de Vigo; ICREA – Insti­tu­ció Cata­l­a­na de Recer­ca i Estu­dis Avan­çats, Barcelona.

Ver­öf­fent­li­chung:

Alba M, Pazos-Perez N, Vaz B, For­men­tin P, Teb­be M, Cor­rea-Duar­te MA, Gra­ne­ro P, Fer­ré-Bor­rull J, Alva­rez R, Pall­ares J, Fery A, de Lera AR, Mar­sal LF, Alva­rez-Pue­bla RA,
Macr­os­ca­le plas­mo­nic sub­stra­tes for high­ly sen­si­ti­ve sur­face-enhan­ced Raman scattering
in: Ange­wand­te Che­mie Inter­na­tio­nal Edi­ti­on, 2013 Jun 17;52(25):6459–63.
DOI: 10.1002/anie.201302285