Uni­ver­si­tät Bam­berg: For­scher unter­su­chen in neu­em Pro­mo­ti­ons­kol­leg, wo und wie Kin­der lernen

Symbolbild Bildung

Zwi­schen Schul­bank und Bolzplatz

Infor­ma­tik­un­ter­richt in der Schu­le erscheint vie­len Kin­dern und Jugend­li­chen als lang­wei­lig. Com­pu­ter­spie­le mit Freun­den macht ihnen deut­lich mehr Spaß. Das zeigt: Vie­le Schü­le­rin­nen und Schü­ler neh­men das, was sie sich in der Schu­le und außer­halb – zum Bei­spiel im Fuß­ball­ver­ein, in der Musik­schu­le, in der Fami­lie oder beim Spie­len – als Bil­dung aneig­nen, wenig oder gar nicht auf­ein­an­der bezo­gen wahr. Genau an die­sem Punkt setzt das neue Pro­mo­ti­ons­kol­leg „Bil­dung als Land­schaft“ an. Nach­wuchs­wis­sen­schaft­le­rin­nen und ‑wis­sen­schaft­ler wol­len dort erfor­schen, wie Kin­der und Jugend­li­che Lern­pro­zes­se wahr­neh­men. Gemein­sa­me Trä­ger des Pro­jekts sind die Fried­rich-Alex­an­der-Uni­ver­si­tät Erlan­gen-Nürn­berg (FAU), die Evan­ge­li­sche Hoch­schu­le Nürn­berg, die Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg und die Tech­ni­sche Hoch­schu­le Nürn­berg Georg Simon Ohm. För­de­rer ist die Hans-Böck­ler-Stif­tung. Am 11. Juli 2013 wur­de das koope­ra­ti­ve Pro­mo­ti­ons­kol­leg „Bil­dung als Land­schaft“ im Haus Eck­stein in Nürn­berg fei­er­lich eröffnet.

In der aktu­el­len Bil­dungs­de­bat­te – die der­zeit durch Skan­da­le und Absur­di­tä­ten wie etwa das Durch­fal­len einer gesam­ten Abitur­klas­se ange­heizt wird – steht meist die Schu­le im Mit­tel­punkt. Das Lern­po­ten­zi­al durch Peers, Jugend­ver­bän­de, offe­ne Jugend­ar­beit, Frei­wil­li­gen­en­ga­ge­ment, Ange­bo­te aus Kom­mu­nen und Kir­chen sowie die Bil­dungs­be­glei­tung durch die Jugend­hil­fe ist kaum ein The­ma. Dabei sind gera­de die­se Aspek­te von zen­tra­ler Bedeu­tung, wenn um den Bil­dungs­er­folg geht.

Des­halb neh­men die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler am neu eröff­ne­ten Pro­mo­ti­ons­kol­leg die Schnitt­stel­len zwi­schen for­ma­len und non-for­ma­len Bil­dungs­or­ten – also etwa Schu­le und Bolz­platz – sowie for­mel­lem und infor­mel­lem Ler­nen ins Visier. Bil­dungs­pro­zes­se stel­len sich aus der Sicht von Kin­dern und Jugend­li­chen als eine Art viel­fäl­ti­ger und viel­ge­stal­ti­ger Land­schaft dar, so die The­se der For­scher und For­sche­rin­nen im Pro­mo­ti­ons­kol­leg: „Kin­der und Jugend­li­che ler­nen an sehr unter­schied­li­chen Orten – ob im Ver­ein oder in der Jugend­grup­pe, ob mit Freun­den oder in der Schu­le“, sagt Grund­schul­päd­ago­gin Prof. Dr. Sabi­ne Mart­schin­ke, die das Kol­leg an der FAU betreut. „Doch der For­schung gelingt es bis­lang noch zu wenig, die­se unter­schied­li­chen Wege des Ler­nens auf­ein­an­der bezo­gen wahrzunehmen“.

Ziel des Kol­legs ist es nun, Lern­pro­zes­se aus der Per­spek­ti­ve von Kin­dern und Jugend­li­chen zu ver­ste­hen: Wie und wo ler­nen wir? Wie sind die Zusam­men­hän­ge zwi­schen einer bestimm­ten Situa­ti­on und dem Lern­ergeb­nis? Fest steht, dass die Kau­sa­li­tä­ten, die für for­mel­les Ler­nen gel­ten – nach dem Mot­to: „Ich ler­ne, ich weiß“ – beim infor­mel­len Ler­nen nicht not­wen­di­ger­wei­se zutref­fen. Des­we­gen müs­sen die Wis­sen­schaft­ler ganz unter­schied­li­che Sze­na­ri­en unter die Lupe neh­men. So lässt sich auch ermit­teln, wie Päd­ago­gin­nen und Päd­ago­gen bestimm­te Lern­si­tua­tio­nen ganz ziel­ge­rich­tet nut­zen kön­nen und damit bes­se­re Ergeb­nis­se erzie­len als allein im Schulumfeld.

Das Kol­leg betreu­en zehn Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren der vier Trä­ger, Spre­che­rin ist Prof. Dr. Annet­te Scheun­pflug von der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg. Mitt­ler­wei­le arbei­ten bereits 25 Dok­to­ran­din­nen und Dok­to­ran­den aus ganz Deutsch­land an der Umset­zung ihrer For­schungs­pro­jek­te. Das beglei­ten­de Lehr- und Stu­di­en­pro­gramm umfasst neben den Work­shops und For­schungs­werk­stät­ten pro Seme­ster auch drei öffent­li­che Gast­vor­trä­ge: Am 26. Juli 2013, um 15 Uhr, wird Eli­sa­beth Ries, Lei­te­rin des Bil­dungs­bü­ros der Stadt Nürn­berg, einen Vor­trag zum The­ma „Gestal­tung kom­mu­na­ler Bil­dungs­land­schaf­ten am Bei­spiel Nürn­berg“ an der FAU, Stand­ort Regens­bur­ger Stra­ße, halten.

Offi­zi­ell eröff­net wur­de das neue Pro­gramm am 11. Juli mit Gruß­wor­ten der vier Prä­si­den­ten der betei­lig­ten Hoch­schu­len sowie einem Fest­vor­trag von Prof. Dr. Tho­mas Rau­schen­bach, Vor­stand und Direk­tor des Deut­schen Jugend­in­sti­tuts e.V. in Mün­chen. Anläss­lich des Fest­akts prä­sen­tier­ten die Orga­ni­sa­to­ren auch Ergeb­nis­se eines Kunst­pro­jekts in Koope­ra­ti­on mit Schü­le­rin­nen und Schü­lern der Nürn­ber­ger Wil­helm-Löhe-Schu­le im Rah­men einer Begleit­aus­stel­lung, in der die Sicht von Kin­dern und Jugend­li­chen auf ihre eige­ne „Bil­dungs­land­schaft“ im Mit­tel­punkt steht.

Aus­führ­li­che Infor­ma­tio­nen zu den betei­lig­ten Per­so­nen, zum For­schungs- und Stu­di­en­pro­gramm des Kol­legs sowie zu den ein­zel­nen Pro­mo­ti­ons­pro­jek­ten und Gast­vor­trä­gen sind im Inter­net unter www​.bil​dungs​land​schaf​ter​for​schen​.de zu finden.