Baye­ri­scher Städ­te­tag 2013 in Bay­reuth: State­ment von Dr. Ulrich Maly

Maly: „Ohne Städ­te ist kein Staat zu machen“ – Leit­mo­tiv: „Da sein für alle“

„Der Satz von Bun­des­prä­si­dent Theo­dor Heuss hat nach 60 Jah­ren sei­nen Charme und sei­ne Gül­tig­keit bewahrt: ‚Ohne Städ­te ist kein Staat zu machen‘. Der BAYE­RI­SCHE STÄD­TE­TAG 2013 in Bay­reuth hat sich die­ses Zitat als Leit­mo­tiv gewählt, um im Vor­feld der Wah­len For­de­run­gen an Bund und Frei­staat zu for­mu­lie­ren,“ erklärt der Vor­sit­zen­de des Baye­ri­schen Städ­te­tags, Nürn­bergs Ober­bür­ger­mei­ster Dr. Ulrich Maly: „Das Posi­ti­ons­pa­pier bün­delt nicht nur kurz­fri­sti­ge For­de­run­gen mit dem Blick auf die Land­tags­wahl und die Bun­des­tags­wahl im Sep­tem­ber 2013, son­dern gibt Ori­en­tie­rung für die Arbeit der näch­sten Jah­re.“ Heuss kam im Juni 1953 zum Fazit: „Gemein­den sind wich­ti­ger als der Staat.“ Denn in den Gemein­den begeg­nen die Bür­ger ihrem Staat zual­ler­erst, hier erle­ben sie Demo­kra­tie und kön­nen mit­ge­stal­ten. Maly: „Die Städ­te wir­ken wie ein Labo­ra­to­ri­um der Demo­kra­tie: Hier zei­gen sich gesell­schaft­li­che Strö­mun­gen zuerst, hier wir­ken sich die Fol­gen von wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen am sicht­bar­sten aus, hier bün­deln sich wie unter einem Brenn­glas sozia­le Probleme.“

In der Wag­ner-Stadt Bay­reuth geht es im Wag­ner-Jahr nicht ohne Leit­mo­tiv. Maly: „,Da sein für alle‘ ist das Leit­mo­tiv für den BAYE­RI­SCHEN STÄD­TE­TAG 2013. Daseins­vor­sor­ge durch­zieht als Leit­mo­tiv die Erfolgs­ge­schich­te unse­rer Städ­te und Gemein­den. Die­ses Erfolgs­mo­dell der seit dem 19. Jahr­hun­dert gewach­se­nen kom­mu­na­len Sor­ge um das Dasein aller Men­schen wol­len Städ­te und Gemein­den wei­ter gestal­ten. Die schnelllebi­ge Dienst­lei­stungs­ge­sell­schaft benö­tigt gera­de in tur­bu­len­ten Zei­ten der Glo­ba­li­sie­rung den ruhen­den Pol der kom­mu­na­len Daseins­vor­sor­ge – sie gewährt allen Men­schen zuver­läs­sig, sicher und bezahl­bar eine Lebens­grund­la­ge.“ Die Städ­te wir­ken seit dem 19. Jahr­hun­dert wie Moto­ren für die Aus­prä­gung des moder­nen Staa­tes. Hier ent­wickel­ten sich inno­va­ti­ve Lösun­gen, um schwie­ri­ge sozia­le, gesell­schaft­li­che und wirt­schaft­li­che Pro­ble­me insti­tu­tio­nell in den Griff zu bekom­men. Die Städ­te haben eige­ne Stadt­wer­ke begrün­det. Mit einer effi­zi­en­ten Ver­wal­tung schul­tern die Kom­mu­nen bis heu­te mit gro­ßer Steue­rungs­kom­pe­tenz Auf­ga­ben der Daseins­vor­sor­ge: Was­ser­wer­ke, Kana­li­sa­ti­on, Klär­an­la­gen, Kran­ken­häu­ser, Strom- und Gas­ver­sor­gung, Abfall­ent­sor­gung, Tram und Bus – Lei­stun­gen von der Wie­ge bis zur Bah­re, vom Kreiß­saal bis zum städ­ti­schen Fried­hof. Die Städ­te geben Impul­se und set­zen bis heu­te Maß­stä­be, ganz beson­ders in der Bil­dung und im Sozia­len. Und: Die Städ­te schu­fen einst die Grund­la­gen für die Indu­stria­li­sie­rung im 19. Jahr­hun­dert und set­zen heu­te die Rah­men­be­din­gun­gen für wirt­schaft­li­che Modernisierungsschübe.

Maly: „Auch wenn uns ande­re Län­der um die hohe Qua­li­tät benei­den, ist die kom­mu­na­le Daseins­vor­sor­ge immer wie­der Angrif­fen aus­ge­setzt: Pri­va­te Kon­zer­ne wür­den sich ger­ne ein­zel­ne lukra­ti­ve Geschäfts­fel­der der Daseins­vor­sor­ge sichern.“ Ein zusätz­li­ches Pro­blem ergibt sich mit der Euro­päi­schen Uni­on: Das deut­sche Ver­ständ­nis von Daseins­vor­sor­ge lässt sich nicht mit den Rechts­auf­fas­sun­gen in allen Mit­glied­staa­ten in Ein­klang brin­gen. In der EU-Spra­che sind dies „Dienst­lei­stun­gen von all­ge­mei­nem wirt­schaft­li­chen Inter­es­se“. Maly: „Die Städ­te erwar­ten von Bund und Frei­staat Unter­stüt­zung, damit die kom­mu­na­le Daseins­vor­sor­ge wei­ter besteht und nicht durch euro­päi­sches Ver­ga­be­recht und Bei­hil­fe­recht aus­ge­höhlt wird.“

Der lan­ge Kampf um die EU-Kon­zes­si­ons­richt­li­nie war ein Lehr­stück. Im letz­ten Moment hat EU-Kom­mis­sar Michel Bar­nier ein­ge­lenkt und hat nach hef­ti­gen kom­mu­na­len Pro­te­sten den Bereich Trink­was­ser wie­der aus der Richt­li­nie her­aus­ge­nom­men. Maly: „Nun muss genau beob­ach­tet wer­den, wie sich die EU wei­ter posi­tio­niert. Es ist den Kom­mu­nen dar­um gegan­gen, den Kon­zer­nen kei­ne Hin­ter­tür zu öff­nen. Die EU-Kom­mis­si­on woll­te die Türe einen Spalt öff­nen, um mit der Was­ser­ver­sor­gung der Pri­va­ti­sie­rung eines ele­men­ta­ren Teils der kom­mu­na­len Daseins­vor­sor­ge den Weg zu ebnen. Wer die Tür auch nur einen Spalt offen lässt, ris­kiert, dass sie in der Zukunft weit auf­ge­sto­ßen wird. Die star­ke Alli­anz für den Erhalt der kom­mu­na­len Daseins­vor­sor­ge muss wach­sam blei­ben. Wir kämp­fen gemein­sam mit Bund und Land wei­ter. Wir pas­sen gemein­sam auf, damit die kom­mu­na­le Daseins­vor­sor­ge in bewähr­ten Hän­den der Kom­mu­nen bleibt und die Wett­be­werbs­ideo­lo­gie nicht die Ober­hand bekommt. Das Pro­fit­stre­ben von Kon­zer­nen darf nicht über den Inter­es­sen der Men­schen in Euro­pa ste­hen. Die kom­mu­na­le Daseins­vor­sor­ge ist dem Gemein­wohl ver­pflich­tet und ist demo­kra­tisch legitimiert.“