Fort­set­zungs­ro­man: “Mamas rosa Schlüp­fer” von Joa­chim Kort­ner, Teil 88

Mamas Rosa Schlüpfer

Mamas Rosa Schlüpfer

Der Matrat­zen­schleim

Die Susi war Mills Kat­ze. Eigent­lich gehör­te sie zum Lettau­hof, denn sie hielt zusam­men mit Janks Mohr­chen in Haus, Hof, Stall und Scheu­ne die Mäu­se und Rat­ten nie­der. In Wirk­lich­keit aber gehör­te sie nur sich selbst. Sie war neben dem geheim­nis­vol­len, geti­ger­ten Mohr­chen bloß eine Aller­welts­kat­ze. Rosa Nase. Übli­ches wei­ßes Fell, auf dem sich eini­ge dun­kel­graue Flecken abzeichneten.

Seit der Auf­bruchs­stim­mung hat­te sie ihre unter­schied­li­chen Schlaf­plät­ze gegen einen ein­zi­gen ein­ge­tauscht. Mill hat­te ihn ent­deckt, als ihn tief in der Nacht sei­ne prall gefüll­te Bla­se weck­te. Beim Strecken auf der Matrat­ze fühl­te er Sus­is war­mes Fell zu sei­nen Füßen. Sie hat­te sich unbe­merkt unter sei­ne Bett­decke ver­kro­chen. Er brauch­te die Zudecke nicht hoch­zu­he­ben. Es muss­te sei­ne Susi sein, denn Mohr­chens Fell war viel sei­di­ger. Vor­sich­tig taste­te er sich im Stu­ben­dun­kel aus dem Bett zum Pul­lei­mer und ver­such­te, sei­nen Strahl an des­sen Blech­wand zu len­ken. Das war nicht so laut, als wenn er ein­fach in das Ver­dün­nungs­was­ser schif­fen wür­de. Außer­dem spritz­te es nicht so.

Frü­her hat­te er in der Nacht immer hilf­los aber doch for­dernd gerufen:

„Mama, Pul­lu machen!“

Das hat­te er jetzt nicht mehr nötig. Immer­hin war er ja nun schon neun. Als er fer­tig war, lausch­te er den tie­fen und regel­mä­ßi­gen Atem­zü­gen von Mut­ter und Bru­der. Er taste­te sich zum Bett zurück. Vor­sich­tig schob er sei­ne Bei­ne in die war­me Schlaf­röh­re, bis er wie­der Sus­is Fell mit den Zehen­spit­zen spür­te. Kurz fühl­te er noch ihr Schnur­ren und schlief dann wei­ter. So ging es jetzt schon meh­re­re Nächte.

Als er auf­wach­te und sich streck­te, erschrak er. Mit den Füßen erta­ste­te er einen gro­ßen schlei­mi­gen Fleck auf dem Laken. Er zog die Bei­ne an und deck­te sein Bett am Fußen­de vor­sich­tig auf. Da lag sei­ne Susi auf der Sei­te. Vier blin­de Kätz­chen mit feucht­ver­kleb­tem Fell saug­ten sich gie­rig an den rosa Zit­zen ihres dar­ge­bo­te­nen Bau­ches satt.

„Seid­ma ganz still! Die kann man sogar schmatzn hörn.“

Hed­wig leg­te ihren Zei­ge­fin­ger auf die Lip­pen. Sie hiel­ten den Atem an, lausch­ten mit offe­nen Mün­dern und flü­ster­ten nach­ein­an­der „Ja“

Mills Mut­ter sag­te zwar „Das schö­ne Laken. Und durch bis auf die Matrat­ze isser auch noch, der Fleck“, kam aber schnell mit dem lee­ren Korb für die Holz­schei­te an und hob Susi im Laken zusam­men mit ihren Säug­lin­gen hinein.

„Kuck­ma, die lächlt.“
Mill schau­te ganz verklärt.

„Katzn könn nich lächln. Des sieht bloß so aus,“ wider­sprach ihm sein Bruder.

„Doch, die lächlt.“

Aus dem Roman “Mamas Rosa Schlüp­fer” von Joa­chim Kort­ner, Eber­mann­stadt.