Neu­es Maß zur Mes­sung wis­sen­schaft­li­chen Erfolgs: Der Carbon_h-factor

Eine neue For­mel zur Mes­sung und Vor­her­sa­ge von wis­sen­schaft­li­chem Erfolg hat Prof. Dr. Claus-Chri­sti­an Car­bon, Lehr­stuhl­in­ha­ber für All­ge­mei­ne Psy­cho­lo­gie und Metho­den­leh­re, an der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg, ent­wickelt. Sei­ne For­schungs­er­geb­nis­se wur­den am 14. Dezem­ber in Form eines For­schungs­ar­ti­kels in der Public Libra­ry of Sci­ence (PLoS ONE) veröffentlicht.

Unter ande­rem wur­de die Qua­li­tät eines Wis­sen­schaft­lers in der Ver­gan­gen­heit an die Anzahl der Publi­ka­tio­nen geknüpft oder auch an die Häu­fig­keit, mit der sei­ne Arbei­ten zitiert wurden.

Im Jahr 2005 ent­wickel­te der ame­ri­ka­ni­sche Phy­si­ker Jor­ge E. Hirsch den soge­nann­ten h‑Index, der die Anzahl (h) der Publi­ka­tio­nen eines Autors angibt, die jeweils min­de­stens h mal zitiert wor­den sind. Ein hoher h‑Index spricht dem zur Fol­ge für eine star­ke Durch­drin­gung der eige­nen Arti­kel in der Wis­sen­schafts­welt, wird also als hohe Repu­ta­ti­on eines Wis­sen­schaft­lers inter­pre­tiert. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat sich die­se For­mel als Stan­dard­maß­stab zur Beur­tei­lung wis­sen­schaft­li­chen Erfolgs etabliert.

Ein gro­ßes Pro­blem des Index besteht jedoch dar­in, dass der h‑Index mit fort­schrei­ten­dem For­schungs­al­ter selbst dann wach­sen kann, wenn ein Wis­sen­schaft­ler kaum oder gar nicht mehr publi­ziert – Car­bon kann zei­gen, dass der h‑Index sogar bei bereits gestor­be­nen Wis­sen­schaft­lern über die ersten Jah­re nach ihrem Tod wei­ter­hin nahe­zu line­ar ansteigt. Bei der Beur­tei­lung wis­sen­schaft­li­cher Repu­ta­ti­on von for­schungs­äl­te­ren Wis­sen­schaft­lern ent­steht dadurch eine syste­ma­ti­sche Ver­zer­rung, die sie gegen­über jün­ge­ren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen bevor­teilt. Dies ist vor allem dann pro­ble­ma­tisch, wenn jun­ge Wis­sen­schafts­kar­rie­ren eva­lu­iert wer­den sol­len wie z.B. im Fall von Neu­be­set­zun­gen oder Berufungen.

An die­sem Punkt setzt Car­bon an. In sei­nem aktu­el­len For­schungs­ar­ti­kel erwei­tert er die For­mel von Hirsch um die wich­ti­ge Dimen­si­on des For­schungs­al­ters. Im soge­nann­ten Car­bon_h-fac­tor wird der h‑Index an der Anzahl der for­schungs­ak­ti­ven Jah­re (Zeit­raum zwi­schen aktu­el­ler Mes­sung und erster zita­ti­ons­er­fass­ba­ren Publi­ka­ti­on) rela­ti­viert. Es resul­tiert ein Stei­gungs­fak­tor für den h‑Index, der angibt, mit wel­cher Geschwin­dig­keit sich der h‑Index ent­wickelt. Car­bon unter­such­te 120 Kar­rie­ren und fand eine nahe­zu linea­re Ent­wick­lungs­kur­ve für ins­ge­samt vier ver­schie­den Fach­be­rei­che, für die er unter­schied­li­che Per­for­manz-Niveaus berech­ne­te. Auf Basis die­ser Daten ist es mög­lich, inner­halb der Inter­pre­ta­ti­ons­mög­lich­kei­ten des h‑Index, Ver­glei­che auch zwi­schen Wis­sen­schaft­lern in unter­schied­li­chen Kar­rie­re­ab­schnit­ten und über unter­schied­li­che Wis­sen­schafts­ge­bie­te syste­ma­tisch durch­zu­füh­ren. Dies soll dazu bei­tra­gen, auch Kar­rie­ren im jun­gen For­schungs­al­ter adäquat ein­zu­schät­zen und ent­spre­chend zu fördern.