Nach­wuchs­brauer­in­nen in Oberfranken

„Wir brau­en Bier mit Herz und Hand“

Isabella Straub

Isa­bel­la Straub

Vier Frau­en im Bier­welt­re­kord­land Ober­fran­ken schicken sich an, das Ruder in ihrer jeweils elter­li­chen Braue­rei in die Hand zu neh­men. Dazu gehö­ren nicht nur eine Men­ge Mut und Fach­kom­pe­tenz, son­dern auch Durch­set­zungs­ver­mö­gen und Kreativität.

„Mei­ne High­lights sind die ver­schie­de­nen Spe­zi­al­bie­re wie Din­kel­wei­ße und Ern­te­bier“, sagt bei­spiels­wei­se Isa­bel­la Straub. Die 26jährige star­te­te im Dezem­ber 2010 zuhau­se in der elter­li­chen Braue­rei Drei Kro­nen in Mem­mels­dorf durch. Natür­lich lern­te sie schon als Kind das Leben in einer Braue­rei ken­nen, lieb­te es, „im Sud­haus Vor­der­wür­ze (Sud vor der alko­ho­li­schen Gärung) zu trin­ken oder dem Papa beim Tank­schlup­fen zuzu­schau­en“. Doch an eine Brau­er­leh­re dach­te sie erst nach ihrer Aus­bil­dung zur Restau­rant­fach­frau und häng­te noch eine Brau­er­leh­re und ein Doe­mens-Mei­ster­stu­di­um dran. Danach zog es die jun­ge Brauer­in in die Schweiz, bevor sie dann nach Hau­se zurückkehrte.

Das Pup­pen-Wirts­haus

Viel kla­rer war der Weg für Moni­ka und Gise­la Han­sen, die bei­den Töch­ter der Braue­rei Mei­nel in Hof: „Im Kin­des­al­ter spiel­ten wir Braue­rei und Bräu­st­überl, das Pup­pen­haus wur­de zur Wirt­stubn und die Eisen­bahn zum Bier­trans­por­ter“, beschreibt die 24jährige Gise­la ihre Kind­heit, „unse­re Spiel­ecke war das Sud­haus, für uns war immer klar, wenn wir groß sind, brau­en wir Bier!“ Und so absol­vier­ten bei­de Brau­er­leh­re und Doe­mens-Mei­ster­stu­di­um und ver­ein­bar­ten mit den Eltern einen glei­ten­den Übergang.

Bloß nicht in‘s Büro!

Für Yvonne Wern­lein, Toch­ter aus der Braue­rei Haber­stumpf in Treb­gast, dage­gen war nach ihrer Schul­zeit nur eines klar: „Ich woll­te nie­mals in einem Büro sit­zen!“ Der Vater war es schließ­lich, der vor­schlug, eine Brau­er­leh­re zu machen, um danach zu sehen, ob der Beruf etwas für sei­ne Toch­ter wäre. In der Leh­re war Yvonne dann so gut, dass sie gleich ein Sti­pen­di­um für die Mei­ster­schu­le bekam und wie schon ihr Vater zu Doe­mens nach Mün­chen ging. Zuvor konn­te sie ihre zwei Gesel­len­jah­re in der Badi­schen Staats­braue­rei Rot­haus ver­brin­gen, wo es ihr nicht zuletzt wegen des top­ak­tu­el­len tech­ni­schen Stan­dards gut gefal­len hat. Nach der Mei­ster­schu­le bau­te die damals 24jährige als Lei­te­rin den Bereich Qua­li­täts­si­che­rung bei der Kro­nen­braue­rei Offen­burg auf, wo sie unter ande­rem auch mit Bier-Misch­ge­trän­ken expe­ri­men­tier­te, die es heu­te unter dem Label „extra“ als LIME, GIN­GER und CHER­RY zu kau­fen gibt: „Die waren echt gut!“. Nach sechs Jah­ren in Baden zog es Yvonne Anfang 2011 dann eben­falls in die hei­mi­sche Braue­rei zurück.

Das Dop­pel­te Lottchen

Doch zurück ins 45 Kilo­me­ter ent­fern­te Hof. Dort haben Moni­ka und Gise­la in der Mei­nel Bräu schon vie­les ver­än­dert, um die 18.000-Hektoliter-Brauerei in die Zukunft zu füh­ren. Das „Dop­pel­te Lott­chen der Brau­er­sze­ne“, wie sich die bei­den ger­ne bezeich­nen, schuf zum Bei­spiel eine kom­plett neue Ein­tei­lung der Bie­re nach Geschmacks­rich­tun­gen. So kön­nen die Bier­freun­de nun unter ande­rem wäh­len, ob sie lie­ber frisch&knackig, treu&allerliebst oder auch fesch&fruchtig trin­ken wol­len. Dahin­ter ver­stecken sich dann Bie­re wie Gold Lager, Pils oder Wei­zen­bock. Haupt­ver­ant­wort­lich im Sud­haus steht übri­gens Moni­ka, wäh­rend ihre zwei Jah­re älte­re Schwe­ster sich mit vol­ler Ener­gie um die Bren­ne­rei und den Ver­kauf küm­mert. Mit dem Wei­zen­bock konn­te Moni­ka beim Euro­pean Beer Star 2010 eine Gold­me­dail­le und den Publi­kums­preis in Sil­ber abräu­men. Gise­la, zu deren Lieb­lings­be­schäf­ti­gung es gehört, das Bier ihrer Schwe­ster in Fäs­ser abzu­fül­len, sorg­te indes für die neue Web­site der Braue­rei und steht auch sonst für krea­ti­ve Ideen wie zum Bei­spiel das Bier­Baam­la, ein legen­dä­rer Advents­ka­len­der für Bier­freun­de. Für die Zukunft wün­schen sich die bei­den vor allem offe­ne­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­le zwi­schen den ober­frän­ki­schen Braue­rei­en, „damit wir ein­fach mehr zusam­men­ste­hen und gemein­sa­me Pro­jek­te wie Bier­wan­de­run­gen oder kuli­na­ri­sche Ange­bo­te noch bes­ser aus­bau­en können.“

Krea­tiv in der klei­nen Brauerei

Mit nur 400 Hek­to­li­tern Aus­stoß ist die Braue­rei Drei Kro­nen in Mem­mels­dorf selbst unter den Klei­nen klein; trotz­dem wag­te Isa­bel­la es, den vom Vater kre­ierten Bier­drei­klang auf­zu­bre­chen und neue Sor­ten zu ent­wickeln. Deut­lich wur­de das schon bei ihrem Mei­ster­sud, einem Mit­tel­al­ter­bier nach histo­ri­schem Rezept. Ihre neu­en Sor­ten kom­men bei den Gästen sehr gut an, auch wenn Isa­bel­la „jedes Mal sechs Wochen gespannt“ ist, ob es „auch wirk­lich so schmeckt, wie ich mir das vor­ge­stellt habe.“ Die neu­en Bie­re zeig­ten auch gleich den vie­len Stamm­gä­sten des Hau­ses, dass am Sud­haus ein neu­er Wind weht, der die Viel­falt des Hau­ses um wei­te­re Attrak­tio­nen berei­chert. Manch­mal gibt es noch ganz pro­fa­ne Schwie­rig­kei­ten, mit denen sich die 26jährige her­um­schla­gen muss, bei­spiels­wei­se „muss ich mir oft jeman­den holen, der mir mit den schwe­ren Fäs­sern hilft.“ Doch klei­ne Grö­ße kann in jeder Hin­sicht auch eine Stär­ke sein, nicht zuletzt in einem Fami­li­en­be­trieb; denn neben Isa­bel­la küm­mern sich auch Bru­der Lorenz (als Koch) und Schwe­ster Lisan­na (als Hotel­kauf­frau) um die Gäste der Fein­schmecker­braue­rei. Die­se Kon­stel­la­ti­on ist für Isa­bel­la ein Garant für die gute Ent­wick­lung in dem klei­nen Ort an der Bam­ber­ger Peri­phe­rie: „Unse­re Braue­rei wür­de schon seit 30 Jah­ren nicht mehr exi­stie­ren, wenn mei­ne Eltern nicht ver­klei­nert und kon­se­quent auf den Gast­hof gesetzt hät­ten. Wer kei­nen Gast­hof dabei hat, tut sich wegen des nied­ri­gen Bier­preis­ni­veaus schwer. So wird das Braue­rei­ster­ben wei­ter­ge­hen. Ich hof­fe, dass sich das irgend­wann ein­pen­delt, bevor uns ein ande­res Land bei der höch­sten Braue­rei­dich­te über­holt, denn dann ist es zu spät!“

Zukunft nur mit Gaststätte

Das ist auch der Grund, war­um Yvonne Wern­lein in Treb­gast alles dar­an setzt, eine eige­ne Braue­rei­gast­stät­te auf­zu­bau­en und zusätz­lich einen Bier­gar­ten zu betrei­ben: „Das ist für mich die ein­zi­ge Mög­lich­keit, in die Zukunft zu gehen.“ Mit 1.200 Hek­to­li­tern Bier­aus­stoß zählt auch die Braue­rei Haber­stumpf zu den Klein­sten der Klei­nen. Spe­zia­li­tä­ten sind unter ande­rem das von Vater Hans erfun­de­ne Zwick´l, eine Art Bier-Feder­wei­ßer, und vier BIO-Bie­re, die erst unter Yvonnes Mit­wir­kung ent­stan­den sind. Über­haupt steht hier zwi­schen Kulm­bach und Bay­reuth die Zusam­men­ar­beit von Vater und Toch­ter im Vor­der­grund: „Mein Vater freut sich, dass ich teil­neh­me und nicht ein­fach nur da bin und arbei­te. Gemein­sam sind wir eine Braue­rei und machen das, was wir gelernt haben: Sehr gutes Bier mit Cha­rak­ter!“ Eine gro­ße Befürch­tung der 30jährigen hat sich glück­li­cher­wei­se nicht erfüllt: „Ich hat­te immer Angst, dass mei­nem Freund mein Bier nicht schmeckt…“ Doch ein klei­ner Wer­muts­trop­fen liegt in die­sen Wor­ten, denn ihr Freund lebt momen­tan noch im Schwarz­wald. „Hof­fent­lich kann ich ihn bald zu mir nach Treb­gast holen!“ Da hof­fen wir doch alle mit – schließ­lich soll ja auch für die näch­ste Brau­er-Gene­ra­ti­on vor­ge­sorgt werden…

Text / Foto: Mar­kus Raupach

Mehr Infos im Internet:

Braue­rei Drei Kro­nen Mem­mels­dorf: www​.drei​-kro​nen​.de
Braue­rei Haber­stumpf Treb­gast: www​.braue​rei​-haber​stumpf​.de
Mei­nel Bräu Hof: www​.mei​nel​-braeu​.de