25 Jah­re Inter­kul­tu­rel­le Ger­ma­ni­stik an der Uni­ver­si­tät Bayreuth

Kom­mu­ni­ka­ti­ve Brücken zwi­schen den Kulturen

Festredner Prof. Dr. Adjaï Paulin Oloukpona-Yinnon mit Dr. Gerd Ulrich Bauer (li.) und Prof. Dr. Bernd Müller-Jacquier (re.)

Fest­red­ner Prof. Dr. Adjaï Pau­lin Olouk­po­na-Yin­non mit Dr. Gerd Ulrich Bau­er (li.) und Prof. Dr. Bernd Mül­ler-Jac­quier (re.)

Vor 25 Jah­ren fiel an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth der Start­schuss für ein Stu­di­en­fach, das es 1986 an ande­ren Hoch­schu­len in Deutsch­land noch nicht gab: die „Inter­kul­tu­rel­le Ger­ma­ni­stik“. Schon bald nach sei­ner Ein­füh­rung erwies sich der Stu­di­en­gang als weg­wei­send ange­sichts der Tat­sa­che, dass Kul­tur­be­geg­nun­gen und inter­kul­tu­rel­le Pro­zes­se in den Gei­stes­wis­sen­schaf­ten immer mehr an Bedeu­tung gewin­nen. Heu­te, am 18. Juni, fei­er­ten Dozen­ten, Stu­die­ren­de, Absol­ven­ten und Freun­de des Faches das Jubi­lä­um – zunächst mit Vor­trä­gen im Hör­saal, anschlie­ßend mit einem „Markt der Kulturen“.

Die Ver­an­stal­tung galt nicht allein dem Rück­blick auf eine erfolg­rei­che Ent­wick­lung des Faches. Im Fest­vor­trag von Adjaï Pau­lin Olouk­po­na-Yin­non, der als Pro­fes­sor für Ger­ma­ni­stik an der Uni­ver­si­tät Lomé (Togo) tätig ist und das „Alex­an­der von Hum­boldt Net­work in Afri­ca“ lei­tet, ging es um das wis­sen­schaft­li­che Poten­zi­al der Ger­ma­ni­stik, das künf­tig noch inten­si­ver ein­ge­setzt wer­den soll­te, um Spra­che, Lite­ra­tur und Kul­tur auf metho­disch reflek­tier­te Wei­se in Bezie­hung zu setzen.

Kom­pe­ten­zen der inter­kul­tu­rel­len Germanistik

Prof. Dr. Bernd Mül­ler-Jac­quier, der in Bay­reuth seit 2001 die Pro­fes­sur für inter­kul­tu­rel­le Ger­ma­ni­stik inne­hat, war zusam­men mit Prof. Dr. Alo­is Wier­la­cher einer der bei­den Initia­to­ren, die den neu­en Stu­di­en­gang 1986 aus der Tau­fe hoben. In sei­nem Ein­füh­rungs­vor­trag beton­te er, was die Beson­der­heit des Faches aus­macht: Die inter­kul­tu­rel­le Ger­ma­ni­stik betrach­tet die deut­sche Spra­che, Lite­ra­tur und Kul­tur unter dem Aspekt ihrer Fremd­heit für Men­schen mit ande­ren sprach­li­chen und kul­tu­rel­len Vor­aus­set­zun­gen. Sie erforscht, wel­che Wir­kun­gen von die­ser Fremd­heit aus­ge­hen. Auf die­ser Grund­la­ge lei­stet sie wesent­li­che Bei­trä­ge zum wis­sen­schaft­li­chen Ver­ständ­nis von Pro­zes­sen, die dadurch aus­ge­löst wer­den, dass unter­schied­li­che kul­tu­rel­le Erfah­rungs- und Erwar­tungs­ho­ri­zon­te auf­ein­an­der­tref­fen. Mül­ler-Jac­quier mach­te in die­sem Zusam­men­hang deut­lich, dass der Anspruch und das Kom­pe­tenz­feld der inter­kul­tu­rel­len Ger­ma­ni­stik ent­schie­den wei­ter rei­chen als das Fach „Deutsch als Fremd­spra­che“, das sich auf Metho­den und Tech­ni­ken der Sprach­ver­mitt­lung konzentriert.

Ein Bay­reu­ther Master­pro­gramm mit hoher Attraktivität

Der Stu­di­en­gang „Inter­kul­tu­rel­le Ger­ma­ni­stik“ gehört heu­te zu den belieb­te­sten Master­pro­gram­men der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Auf­grund sei­ner inter­na­tio­na­len Aus­rich­tung und zahl­rei­cher Hoch­schul­part­ner­schaf­ten besitzt er eine hohe Attrak­ti­vi­tät für Stu­die­ren­de aus dem In- und Aus­land. In den letz­ten Jah­ren wur­den inte­grier­te Pro­gram­me mit der Uni­ver­si­tät Utrecht und mit der Mos­kau­er Städ­ti­schen Päd­ago­gi­schen Uni­ver­si­tät auf den Weg gebracht. Die Stu­die­ren­den haben damit die Mög­lich­keit, sowohl von der Uni­ver­si­tät Bay­reuth als auch von der Part­ner­hoch­schu­le einen Master-Abschluss zu erhalten.

sabig – ein Forum für inter­na­tio­na­le Vernetzung

Die Jubi­lä­ums­fei­er war ver­knüpft mit dem dies­jäh­ri­gen Alum­ni-Tref­fen der Inter­kul­tu­rel­len Ger­ma­ni­stik, das sich mitt­ler­wei­le zu einer festen Tra­di­ti­on ent­wickelt hat. Auch dies­mal fan­den daher zahl­rei­che Absol­ven­ten den Weg an ihre frü­he­re „Alma Mater“. Dr. Gerd-Ulrich Bau­er, lang­jäh­ri­ger Bay­reu­ther Dozent für Inter­kul­tu­rel­le Ger­ma­ni­stik, stell­te den Arbeits­kreis „sabig“ vor. Die Abkür­zung steht für „Stu­die­ren­de und Alum­ni der Bay­reu­ther Inter­kul­tu­rel­len Ger­ma­ni­stik“ und bringt damit das zen­tra­le Anlie­gen die­ses Forums zum Aus­druck: näm­lich Kon­tak­te zwi­schen Bay­reu­ther Stu­die­ren­den und berufs­tä­ti­gen Absol­ven­ten in allen Kon­ti­nen­ten zu för­dern und so ein welt­wei­tes, ste­tig wach­sen­des Netz­werk zu knüp­fen. Ob es um den Aus­tausch von fach- und berufs­spe­zi­fi­schen Infor­ma­tio­nen, die Unter­stüt­zung beim Berufs­ein­stieg, die Ver­mitt­lung von Prak­ti­ka oder ein­fach nur um die Pfle­ge von Freund­schaf­ten geht: sabig hat sich – wie Bau­er her­vor­hob – in jeder Hin­sicht bewährt und eröff­net bereits den neu ankom­men­den Master-Stu­die­ren­den die Chan­ce zur Mitarbeit.

Ger­ma­ni­stik als inte­grie­ren­de Wissenschaft

„Ger­ma­ni­stik und inte­gra­ti­ves Den­ken“ war der Titel des Fest­vor­trags von Prof. Dr. Adjaï Pau­lin Olouk­po­na-Yin­non. Seit er 1987 erst­mals als Hum­boldt-Sti­pen­di­at an die Uni­ver­si­tät Bay­reuth kam, ist er ihr eng ver­bun­den, zumal er auch wäh­rend der Arbeit an sei­ner Habi­li­ta­ti­on hier betreut wur­de. Die Alex­an­der von Hum­boldt-Stif­tung zeich­ne­te ihn vor zwei Jah­ren mit dem Hum­boldt-Alum­ni-Preis für inno­va­ti­ve Netz­werk­in­itia­ti­ven aus. In der Inter­na­tio­na­len Ver­ei­ni­gung für Ger­ma­ni­stik (IVG) ver­tritt er Afri­ka süd­lich der Saha­ra. Olouk­po­na-Yin­non beton­te, dass es eine beson­de­re Lei­stung der inter­kul­tu­rel­len Ger­ma­ni­stik sei, Spra­che, Lite­ra­tur und Kul­tur als Gegen­stän­de der wis­sen­schaft­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung zusam­men­zu­füh­ren. Das Fach för­de­re die Refle­xi­on über zen­tra­le Begrif­fe wie Hei­mat oder Fremd­heit. Sei­ne inte­gra­ti­ve Kraft ermu­ti­ge die Sprach- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaft dazu, sich von tra­dier­ten Unter­schei­dun­gen zu lösen. Wenn bei­spiels­wei­se Schrift­stel­ler mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, die in deut­scher Spra­che ver­öf­fent­li­chen, immer noch als eine spe­zi­el­le Kate­go­rie von Künst­lern behan­delt wer­den, dann behin­de­re die­se Ab- und Aus­gren­zung die Ein­sicht in inter­kul­tu­rel­le Pro­zes­se, an denen heu­ti­ge Autoren auch unab­hän­gig von ihrer per­sön­li­chen Her­kunft teilhaben.

Eine neue Alum­ni-Stu­die aus Bayreuth

Das Jubi­lä­um war ein will­kom­me­ner Anlass, eine Alum­ni-Stu­die der Inter­kul­tu­rel­len Ger­ma­ni­stik vor­zu­stel­len, die vor kur­zem erschie­nen ist und den Weg der Bay­reu­ther Absol­ven­ten in die Erwerbs­tä­tig­keit umfas­send unter­sucht. Die Autorin Miri­am Bauch ist eben­falls eine Alum­na des Bay­reu­ther Stu­di­en­gangs, seit 2007 lei­tet sie das Frau­en­bü­ro der Uni­ver­si­tät. Ihre Recher­chen haben erge­ben, dass 82 % der ehe­ma­li­gen Stu­die­ren­den über eine Tätig­keit im Bereich der Bil­dung in das Berufs­le­ben ein­ge­stie­gen sind. 13 % haben eine beruf­li­che Tätig­keit in Unter­neh­men gefun­den. Dar­in drückt sich die Tat­sa­che aus, dass eine wach­sen­de Zahl von Fir­men auf wis­sen­schaft­lich aus­ge­bil­de­te Fach­kräf­te zurück­greift, um mit den inter­kul­tu­rel­len Aspek­ten einer glo­ba­len Geschäfts­po­li­tik pro­fes­sio­nell umge­hen zu können.

Die Stu­die ent­hält zahl­rei­che Ideen und Anre­gun­gen für die wei­te­re Alum­ni-For­schung. Sie ist auf den Inter­net-Sei­ten des Insti­tuts für inter­na­tio­na­le Kom­mu­ni­ka­ti­on und aus­wär­ti­ge Kul­tur­ar­beit – kurz: IIK Bay­reuth – ver­öf­fent­licht (sie­he: www​.iik​-bay​reuth​.de). Das Insti­tut ver­an­stal­tet in jedem Jahr gemein­sam mit der Uni­ver­si­tät Bay­reuth die „Som­mer­uni­ver­si­tät für Inter­kul­tu­rel­le Deutsch-Stu­di­en“, die auch im August und Sep­tem­ber 2011 Stu­die­ren­de aus allen Kon­ti­nen­ten nach Bay­reuth locken wird.

Ein „Markt der Kul­tu­ren“ mit Tom­bo­la run­de­te die Jubi­lä­ums­fei­er ab: Die Bay­reu­ther Stu­die­ren­den der Inter­kul­tu­rel­len Ger­ma­ni­stik hat­ten kuli­na­ri­sche Spe­zia­li­tä­ten aus ihren Hei­mat­län­dern zube­rei­tet, und so ende­te die Ver­an­stal­tung in einem leb­haf­ten Erfah­rungs- und Erin­ne­rungs­aus­tausch von Stu­die­ren­den und Ehemaligen.